Aalener Nachrichten

Klage gegen Royal

Missbrauch­svorwürfe in den USA gegen Prinz Andrew

- Von Sebastian Borger

- Paukenschl­ag zum Jahrestag: Zwei Jahre nach dem Tod des Sexualverb­rechers Jeffrey Epstein in einer New Yorker Gefängnisz­elle hat eines seiner prominente­sten Opfer Zivilklage gegen Epsteins Freund Prinz Andrew (Foto: dpa) eingereich­t. „Ich ziehe Prinz Andrew für seine Taten zur Rechenscha­ft“, teilte Virginia Giuffre mit. „Für die Reichen und Mächtigen gibt es keine Ausnahme.“Der Neunte der britischen Thronfolge soll die damals 17Jährige vor 20 Jahren sexuell mißbraucht haben.

Dem Lieblingss­ohn von Königin Elizabeth II. hängen die Vorgänge um die Jahrhunder­twende seit mehr als einem Jahrzehnt nach. Damals hatte ihn eine frühere Flamme, die mondäne Ghislaine Maxwell, bei ihrem damaligen Lover, dem millionens­chweren Finanzjong­leur Jeffrey Epstein, eingeführt. Dieser versammelt­e mit Vorliebe Prominente in seinem Umkreis, darunter auch die Ex-Präsidente­n Bill Clinton und Donald Trump, und umgarnte sie mit kostenlose­r Gastfreund­schaft auf seinen diversen Anwesen in Manhattan, Florida und in der Karibik.

Dass dort junge Mädchen und Frauen ein und aus gingen, will der Prinz nie bemerkt haben. Die Zeugenauss­agen der Opfer sprechen eine andere Sprache: Dutzende wurden den Ermittlung­en der Polizei zufolge zum Geschlecht­sverkehr gezwungen und zu „Sex-Sklavinnen“abgerichte­t. Der deshalb bereits 2008 zu einer kurzfristi­gen Freiheitss­trafe verurteilt­e Epstein wurde 2019 erneut verhaftet und starb kurz darauf, am 10. August, 66-jährig in einer Gefängnisz­elle. Das Todesermit­tlungsverf­ahren sprach von Selbstmord, die Umstände blieben dubios, in jedem Fall für die Gefängnisb­ehörden peinlich.

Vielleicht ist dies der Grund, warum Ghislaine Maxwell in ihrer eigenen, mittlerwei­le 13 Monate dauernden Untersuchu­ngshaft lückenlos überwacht wird. Der jüngsten Tochter des legendären Medienzare­n Robert Maxwell wirft die New Yorker Staatsanwä­ltin die systematis­che Abrichtung junger Frauen, „Verführung Minderjähr­iger“sowie Meineid vor. Die sechs Anklagepun­kte beziehen sich auf die Jahre 1994 bis 1997 und könnten 35 Jahre Strafhaft zur Folge haben – es sei denn, Maxwell legt den Strafverfo­lgern ihre Kenntnisse über Epsteins Machenscha­ften offen. Die Beschuldig­te beteuert ihre eigene Unschuld, der Prozess soll im November beginnen.

Maxwell spielt auch in den vermeintli­chen Kontakten zwischen Giuffre und dem Prinzen eine entscheide­nde Rolle. Denn das unbedarfte Mädchen gab eigenen Angaben zufolge mehrmals Maxwells Drängen nach und hatte mit dem „stark schwitzend­en“Prinzen, damals 41, Geschlecht­sverkehr. Sowohl Andrew selbst wie Maxwell haben dies stets bestritten. In einem katastroph­alen längeren Interview mit der BBC beteuerte der Herzog von York 2019, er habe „keinerlei Erinnerung an ein Treffen mit dieser Lady“. Ein Foto, das die beiden gemeinsam zeigt, bezeichnet­e er als Fälschung. Und als Indiz für seine Wahrhaftig­keit führte der ehemalige Hubschraub­erpilot an, er habe damals keine Schweißabs­onderung gehabt, „weil ich im Falklandkr­ieg beschossen worden war“. Solche und ähnliche Aussagen führten zu einem Sturm öffentlich­er Entrüstung. Thronfolge­r Charles, Andrews älterer Bruder, ordnete deshalb dessen Rückzug von allen öffentlich­en Funktionen an.

In der britischen Öffentlich­keit wird Andrew zunehmend bestenfall­s als etwas dümmliche Lachfigur, schlimmste­nfalls als sinistrer Genießer royaler Privilegie­n wahrgenomm­en. Sogar seine Freunde würden einräumen, berichtete die SocietyJou­rnalistin Vassi Chamberlai­n vergangene­n Sommer in der „Times“, der Prinz sei zur fraglichen Zeit „unentwegt auf Sex aus“gewesen: „Sein Ruf als unbesonnen­er, arroganter Trottel kommt nicht von ungefähr.“

Freilich stellen eine starke Libido und übermäßige Selbstverl­iebtheit keine Straftatbe­stände dar. Giuffres Anwälte haben ihre Klage deshalb auf der Grundlage eines erst 2019 erlassenen Gesetzes zum Opferschut­z von Kindern und Jugendlich­en formuliert. Dessen Wirksamkei­t läuft im Fall des Epstein-Opfers am kommenden Samstag ab. Ziel der Klage dürfte eine Geldzahlun­g sein, wie sie die Mutter von drei Kindern, heute 38, auch schon von Maxwell sowie aus Epsteins Nachlass erhalten hat. In Medienberi­chten war von mehreren Millionen Dollar die Rede.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ??
FOTO: IMAGO IMAGES
 ?? FOTO: JEFFERSON SIEGEL/IMAGO IMAGES ?? Sie klagt den zweitältes­ten Sohn von Königin Elizabeth II. an: Virginia Giuffre bei einem öffentlich­en Auftritt 2019 in New York.
FOTO: JEFFERSON SIEGEL/IMAGO IMAGES Sie klagt den zweitältes­ten Sohn von Königin Elizabeth II. an: Virginia Giuffre bei einem öffentlich­en Auftritt 2019 in New York.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany