In Glasgow soll der Klima-Durchbruch gelingen
Gipfel könnte im Herbst die Wende im Kampf gegen die Erderwärmung bringen
- Glasgow muss es richten. Nach der ersten Vorstellung des neuesten Berichts des Weltklimarats konnte man diese Forderung von mehreren Politikerinnen vernehmen. Der UN-Klimagipfel im November sei der „entscheidende Moment“im Kampf gegen den Klimawandel, so Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).
Die Bundesregierung müsse „alles dafür tun“, dass die Klimakonferenz ein Wendepunkt werde, forderte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Von „erhöhtem Handlungsdruck auf die internationale Gemeinschaft“ist in der CDU die Rede. Glasgow muss daher zum Erfolg werden, so Marie-Luise Dött, Umweltexpertin der Union.
In Zeiten ausbleibenden Regens und brennender Wälder auf der einen, überfluteten Ortschaften und Starkniederschlag auf der anderen Seite, wird der Klimagipfel in der schottischen Hafenstadt zu einer Art Weltrettungsmoment gegen den galoppierenden Klimawandel aufgebaut. Kann das Treffen so hohe Erwartungen erfüllen?
Niklas Höhne beginnt mit dem Positiven: „Die Langfristprognose sieht gar nicht so schlecht aus“, sagt der Klimapolitik-Experte vom New Climate Institute. Weil die Klimaschutzzusagen, die die Staaten im Pariser Abkommen abgegeben haben, bei Weitem nicht ausreichen für das Zwei-Grad-Ziel, haben sie damals versprochen, ihre Ziele in Zukunft nachzuschärfen. Sein Institut hat ausgerechnet, dass die neuen Zusagen eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur bis 2050 um 2,4 Grad bedeuten würden. Ganz ohne klimapolitische Maßnahmen könnte sie auf verheerende fünf Grad steigen.
Soweit die lange Sicht. Bei den Kurzfristzielen klaffe jedoch noch eine riesige Lücke, so Höhne. Mit den neuen Zielen würde man wohl eine Stagnation der Emissionen erreichen. Für 1,5 Grad bräuchte man allerdings eine Halbierung der Emissionen in den kommenden neun Jahren. Manche Experten sehen dieses Ziel deswegen bereits als nicht mehr erreichbar an.
Christoph Bals hält es jedoch für möglich, dass man sich mit Zusagen weiterer Staaten wie Indien oder Indonesien zumindest dem ZweiGrad-Ziel nähert. „Wir sehen momentan so viel Dynamik wie noch nie“, beobachtet der politische Geschäftsführer der NGO Germanwatch.
Wichtig für einen Erfolg der Konferenz sei seiner Meinung nach die Frage der Klimafinanzierung. So haben die Industriestaaten den Entwicklungsländern hundert Milliarden Euro im Jahr für die Anpassung an den Klimawandel versprochen. Konkret zugesichert wurden bisher nur 80 Milliarden. Der klimapolitische Ball, so das Fazit beider Experten, ist im Rollen – und wird wohl so schnell nicht mehr aufgehalten werden. Die Frage lautet lediglich, ob er auch schnell genug rollt.