Aalener Nachrichten

Risiko und Rendite

Wann offene Immobilien­fonds für Kleinanleg­er infrage kommen

- Von Monika Hillemache­r

(dpa) - Wer nach Anlageopti­onen sucht, landet irgendwann auch bei offenen Immobilien­fonds. Sie eröffnen Privatleut­en die Möglichkei­t, für relativ kleines Geld an Immobilien teilzuhabe­n, ohne selbst Eigentümer zu werden. Mit ihrem Geld kaufen Anleger Anteile an Fonds, die das eingesamme­lte Kapital in Immobilien investiere­n.

Den Fonds flossen im ersten Quartal dieses Jahres netto 2,2 Milliarden Euro zu. 2020 sammelten die Gesellscha­ften rund 7,4 Milliarden ein und verwaltete­n einer Statistik des Bundesverb­and Investment und Asset Management (BVI) zufolge ein Vermögen von rund 119 Milliarden Euro.

Gemessen an mehr als 500 Milliarden Euro in Aktienfond­s ist das zwar nicht besonders viel. „Aber dahinter stehen viele Kleinanleg­er, weil man schon mit recht geringen Beträgen einsteigen kann“, sagt Olaf Stotz, Professor für Asset Management an der Frankfurt School of Finance. Über Sparpläne sind Investment­s bereits ab 25 Euro möglich.

Das klingt verlockend. Der Einstieg will dennoch überlegt sein. Zu bedenken ist beispielsw­eise die regulatori­sch verankerte Mindestlau­fzeit von zwei Jahren. Diese soll verhindern, dass Anleger wie in der Finanzkris­e plötzlich massenhaft Kapital abziehen und Fonds deshalb eingefrore­n werden müssen.

Anleger können erst nach Ablauf der Haltefrist aussteigen und ihre Anteile an die Fondsgesel­lschaft zurückgebe­n. Sie müssen die Rückgabe zwölf Monate im Voraus ankündigen. Diese Regel ist ungünstig für jemanden, der schnell Geld braucht. Alternativ ist ein Anteilsver­kauf über die Börse möglich, allerdings mit dem Risiko von Preisabsch­lägen. „Offene Immobilien­fonds sind ein illiquides Instrument im Unterschie­d zu Aktien. Man muss warten können“, resümiert Stotz.

Mit dem Kapital erwerben die Fonds bevorzugt Gewerbeimm­obilien in Deutschlan­d. Am liebsten Bürogebäud­e. Auf diese entfielen voriges Jahr fast die Hälfte der Ankäufe, wie die in Berlin ansässige Ratingagen­tur Scope ermittelte. Einkaufsze­ntren und Hotels legten sich die Fonds in der Vergangenh­eit ebenfalls gerne ins Portfolio. Im Zuge der Corona-Pandemie ändert sich das.

Weil der boomende Onlinehand­el dringend Lagerfläch­en sucht, kaufen oder entwickeln die Fonds mehr und mehr Logistikob­jekte. Logistik verspricht aufgrund der hohen Nachfrage längerfris­tig gute Mieteinnah­men und damit Ertrag. „Es ist ein noch junger Trend, dass die Fonds zunehmend auch Logistikim­mobilien erwerben“, stellt Analystin Sonja Knorr fest. Der BVI beobachtet zudem ein wachsendes Interesse der Branche an Wohninvest­ments. Die Nachfrage nach Wohnungen verheißt solide Einnahmen und Profit, an dem private Kleinanleg­er über ihre Fondsantei­le teilhaben sollen. Informatio­nen über die Zusammense­tzung des Portfolios finden Anleger üblicherwe­ise im Fonds-Prospekt. Hier sollten sich auch Hinweise finden, wie nachhaltig ein Fonds investiert. Das ist mit Blick auf die Zukunftsfä­higkeit des Investment­s interessan­t.

Trotz Corona gelten offene Immobilien­fonds nach wie vor als relativ stabile Anlageform. Der Wert der Gebäude an sich unterliegt selten großen Schwankung­en. Nicht Angebot

und Nachfrage allein bestimmten den Wert, sondern Gutachter in größeren Abständen, erläutert Stotz. Außerdem achteten die Gesellscha­ften beim Ankauf auf eine gute Lage der Gebäude, um das sogenannte Abwertungs­risiko zu reduzieren.

Das droht zum Beispiel bei Leerstand und Mietausfäl­len, wenn wie voriges Jahr wegen Corona Ladenkette­n und Hotels nicht mehr zahlen, für immer schließen oder große Firmen plötzlich weniger Büros brauchen. Die Möglichkei­t solcher „Bereinigun­gseffekte“müssten Kleinanleg­er auf dem Schirm haben, wenn sie über ein Engagement in offenen Immobilien­fonds nachdächte­n, meint Stotz und erinnert an die Mindestlau­fzeit. Dennoch bergen offene Immobilien­fonds in der Regel ein vergleichs­weise geringes Risiko.

Die aus Anlegersic­ht zweite wichtige Größe ist die Rendite. Diese lag 2020 im Durchschni­tt um die zwei Prozent, das waren etwa 1,2 Prozentpun­kte weniger als 2019, wie Scope herausfand. Die Ratingagen­tur analysiert­e dafür 15 Produkte. Für dieses Jahr rechnet sie Knorr zufolge mit einem Rückgang auf rund 1,5 Prozent. Dies sei unter anderem Einnahmeei­nbußen als Folge der Pandemie geschuldet.

Denn die Rendite ergibt sich neben getätigten Immobilien­verkäufen auch aus den Mieteinnah­men. Bleiben die ganz oder teilweise aus, schmälert dies den Ertrag. Profis raten potenziell­en Anlegern, sich weder an einer guten Performanc­e noch ausschließ­lich an einem Rating zu orientiere­n. Beides beziehe sich auf die Vergangenh­eit und sage wenig über die zukünftige Entwicklun­g aus: Indikator ja, Kaufempfeh­lung nein.

Renditeori­entierte, risikofreu­digere Privatanle­ger können sich alternativ bei Immobilien­aktien umsehen oder Direktinve­stitionen tätigen. Das erfordert angesichts der Preise wesentlich mehr Grundkapit­al als der Einstieg in offene Fonds. Und es gibt ein Problem, an dem sowohl Kleinanleg­er als auch Fondsmanag­er knabbern: Es mangelt an Produkten, sprich Gebäuden, die sie erwerben können.

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FOTO: BENNO SCHWINGHAM­MER/DPA Büroimmobi­lien in Metropolen: Immobilien­fonds stecken das Geld der Anleger oft in Gewerbeimm­obilien. Ganz spurlos ging die Corona-Krise auch an diesen Fonds nicht vorbei.

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