Kopf durchlüften in sardischer Idylle
Axel Nagel hat in Sorso in Nord-Sardinien seine neuen Stücke für die CD „Casa Ananda“eingespielt
- Nach „360 Grad“(2004), „Außenansicht“(2011) und „Außerhalb von Fahrzeugen“(2018) hat der Schwäbisch Gmünder Musiker Axel Nagel mit „Casa Ananda“sein drittes Album veröffentlicht. Der Gewinner des Deutschen Rockpreises 2019 in der Kategorie Singer/Songwriter hat sich dafür zwei Monate lang in ein Haus in Nord-Sardinien zurückgezogen. Unser Redakteur Ansgar König hat mit Nagel nach der CD-Präsentation am Samstag im Garten der Aalener Villa Stützel gesprochen.
Herr Nagel, Ihre neue CD wurde in Sorso auf Sardinien, in Schwäbisch Gmünd, Immenstaad und Steibis aufgenommen. Wie kam’s?
Schon vor zwei Jahren habe ich den Entschluss gefasst, mich mal für zwei Monate ganz zurückzuziehen. Ein Freund bot mir das Haus quasi als „Artist in residence“an. Es hatte sogar Wlan, damit ich meine Schüler unterrichten konnte. Ich habe also das Auto voller Instrumente gepackt und bin von Februar bis April auf Sardinien gewesen – alleine. Sorso ist nicht gerade eine Touristenstadt. Endlich habe ich mich mal ganz der Musik gewidmet, so war komprimiertes Arbeiten möglich.
2004 schrieben Sie noch auf Englisch, jetzt folgt die dritte CD in deutscher Sprache. Fühlen Sie sich in der Muttersprache wohler?
Es ist mittlerweile ein großer Spaß für mich, auf Deutsch zu texten, eine eigene Bildsprache zu entwickeln, neue Worte zu erfinden. Die ersten Versuche mit deutschen Texten waren schon schwierig, es soll ja nicht zu kitschig klingen. Aber das war nur bei der ersten CD, mittlerweile fühle ich mich wohl. Texten ist genau so schön, wie Musik zu entwickeln.
Sie singen von „Geschichten, die mich finden“und „Ihr seid der Rhythmus meiner Welt“. Wie entstehen Stücke?
Viele Ideen hatte ich auf dem Handy gespeichert. Die Texte habe ich mir grob notiert und dann auf unzähligen Wanderungen auf Sardinien weiter entwickelt. Sieben der zwölf Stücke habe ich komplett in Sorso eingespielt, mit dem Kontrabass, diesem „Schiff aus Holz“, mit Gitarre, Mandoline, Dobro oder Theremin.
2019 haben Sie den Deutschen Rockpreis erhalten. Hat sich das Leben als freier Musiker dadurch verändert? Wie sind Sie durch die Corona-Zeit gekommen?
Ich habe von dem Preis mental am meisten profitiert. Es ist schon eine Bestätigung, wenn eine neutrale Jury, die mich nicht kennt, mir einen solchen Preis verleiht. Und ja, es ist jetzt auch einfacher, an Auftritte zu kommen. Nach 23 Jahren bin ich bei Opportunity ausgestiegen und trage jetzt für alles, was ich auf der Bühne mache, selbst Verantwortung. Das ist genau das, was ich will. Inhaltlich hatte Corona keinen Einfluss auf die CD, die wäre ohne die Pandemie genauso entstanden.
Sie treten als Solist auf, nutzen aber Technik wie etwa Loops, um die zahlreichen Instrumente und den Gesang übereinander zu setzen. Wie lange braucht’s, bis so etwas live funktioniert?
Am 21. Juni waren die letzten Aufnahmen, am 22. Juni habe ich alle Instrumente bei uns im Schlafzimmer aufgebaut und begonnen, alles für die Bühne umzusetzen und zu probieren – sechs Wochen lang zwei bis vier Stunden täglich. Und doch treffe ich dann auf der Bühne wieder neue Entscheidungen. Sonst wär’s ja nicht live und lebendig.