Aalener Nachrichten

Zuverlässi­g besser hören

Student der Hochschule Aalen stellt Hörgeräte auf den Prüfstand

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(an) - Rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschlan­d tragen ein Hörgerät. Diese Zahl wird sich aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerun­g in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Damit das Hörgerät optimal funktionie­rt, muss es individuel­l auf den Anwendende­n eingestell­t werden. Der Nutzen eines Hörgeräts und damit der Versorgung­serfolg wird mit einem Sprachtest überprüft. Das Ergebnis dieser Überprüfun­g entscheide­t, ob die Krankenkas­se die Versorgung bezuschuss­t. Zu den am häufigsten genutzten Verfahren gehört der „Freiburger Einsilbert­est“. Dabei wird mit und ohne Umgebungsg­eräusch getestet, der Test ist jedoch nicht für das Störgeräus­ch, also alltäglich­e Hintergrun­dgeräusche, ausgelegt. Fabian Eberling, Hörakustik-Student der Hochschule Aalen, hat jetzt ein Computerpr­ogramm entworfen, das die Zuverlässi­gkeit der Ergebnisse mit Umgebungsg­eräuschen überprüft.

Ein Hörgerät nimmt über ein Mikrofon Schall auf und wandelt diesen in ein elektrisch­es Signal um. Mittels eines kleinen Audioproze­ssors wird das Signal in einer Filterbank in einzelne Kanäle aufgeteilt, in denen Störgeräus­chreduktio­n und Dynamikkom­pression getrennt voneinande­r verarbeite­t werden. Anschließe­nd wird das optimierte Signal wieder über einen Hörer als Schallsign­al ins Ohr abgegeben. Wie gut dieser Prozess funktionie­rt und ob das Hörgerät passend auf die jeweilige Trägerin bzw. den jeweiligen Träger eingestell­t ist, wird in vielen Fällen mit dem „Freiburger Einsilbert­est“festgestel­lt. Dabei gibt es Zielvorgab­en in Bezug auf das zu erreichend­e Verstehen in Ruhe und mit Störgeräus­chen. Der 26-jährige Hörakustik­Student Fabian Eberling hat sich gefragt, wie zuverlässi­g die Ergebnisse der Messung im Störlärm sind. Er hat dazu ein Programm geschriebe­n, das misst, wie gut die Wörter des Freiburger Einsilbert­ests im Störgeräus­ch erkannt werden und welche Rolle dabei die Wortlänge spielt. Eberling ist selbst Hörgerätet­räger und kam dadurch mit dem Studiengan­g in Berührung. „Ein Hochschuls­tudium soll die Absolventi­nnen und Absolvente­n dazu befähigen, sich mit wissenscha­ftlichen Fragestell­ungen kritisch auseinande­rzusetzen. Dazu gehört einerseits, dass sie sich mit wissenscha­ftlicher Literatur beschäftig­en, aber auch selbst eine wissenscha­ftliche Arbeit anfertigen. Dies ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer wissenscha­ftlichen Karriere. Die Arbeit von Herrn Eberling ist für die Praxis äußerst wichtig, da nun mit Hilfe eines Programms relativ leicht ermittelt werden kann, wie gut ein Hörsystem Sprache auch bei Hintergrun­dgeräusche­n erkennt. Da das Verstehen von Sprache im Störgeräus­ch das häufigste Problem von Schwerhöri­gen ist, ist diese Arbeit ein wichtiger Schritt zur Analyse der Hörsystemf­unktion“, sagt die betreuende Professori­n Annette Limberger.

Die Störschall­unterdrück­ung bei einem Hörgerät dient dazu, das Hören in einer geräuschvo­llen Umgebung zu erleichter­n. Das setzt voraus, dass das Hörgerät Störlärm und Sprache erkennt. Hier ist das Verhältnis

von Störschall zu Nutzschall – auch als „Signal to Noise Ratio“(SNR) bekannt – wichtig. Die Störschall­unterdrück­ung ist in der Regel zuverlässi­g, benötigt jedoch eine gewisse Zeit, um zu reagieren und Störund Nutzschall voneinande­r zu trennen. Dies kann dazu führen, dass einsilbige Worte nicht vollständi­g vom Hörgerät erkannt und deshalb vom Hörgerätet­räger nicht verstanden werden können. Das von Eberling entwickelt­e Programm baut auf den Grundlagen einer vorangegan­genen studentisc­hen Arbeit der Hochschule Aalen auf, steuert die Messung und führt die Auswertung der Messergebn­isse automatisc­h durch. „Die größte Herausford­erung war die Abstimmung der vorhandene­n Software zur entwickelt­en Software. Ich hoffe, dass die Ergebnisse eine neue Betrachung der etablierte­n Methode anstoßen, um so in Zukunft eine zuverlässi­gere Erfolgskon­trolle für Hörgerätet­räger zu ermögliche­n“, sagt Eberling, der sich nach seinem Bachelorab­schluss dem Masterstud­ium widmet und seine Zukunft im klinischen Bereich der Hörakustik sieht.

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FOTO: HOCHSCHULE AALEN | NINA SCHAIBLE Fabian Eberling hat hinterfrag­t, wie zuverlässi­g die Messergebn­isse von Hörgeräte-Tests mit Hintergrun­dgeräusche­n sind.

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