Aalener Nachrichten

Mit Rammstein und einem Wunderkind

Bundespräs­ident Steinmeier verabschie­det Team D zu den Paralympic­s in Tokio

- 5534 Neuinfekti­onen

(dpa/SID) - Das „German Wunderkind“durfte als Erstes zu Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, doch es war ihr fast ein bisschen unangenehm. Verbandspr­äsident Friedhelm Julius Beucher bekniete die seit Donnerstag 17-jährige Merle Menje regelrecht, zu dem prominente­n Gast auf die Bühne zu kommen. Dort gratuliert­e ihr der Bundespräs­ident herzlich.

Nachher lächelte die aus Singen am Bodensee stammende Rollstuhls­printerin über das ganze Gesicht. „Es war das schönste Geburtstag­sgeschenk, das ich mir vorstellen konnte“, sagte sie. Vor zwei Monaten war für den Teenager noch nicht an eine Paralympic­s-Teilnahme zu denken, nach je zwei Gold- und zwei Silbermeda­illen bei der EM im Juni ist sie plötzlich dabei. Das Internatio­nale Paralympis­che Komitee feierte sie als „Wunderkind“.

Dass Steinmeier am Donnerstag die mit 55 Athleten und Betreuern größte aller deutschen Delegation­en am Frankfurte­r Flughafen, untermalt mit Musik von Rammstein, verabschie­dete und dass er sich sogar ausreichen­d Zeit für Small Talk nahm, empfanden die Sportler als große Ehre. „Ich weiß das sehr zu schätzen“, sagte Weitsprung-Weltrekord­ler Markus Rehm: „Das zeigt, welchen Stellenwer­t der paralympis­che

Die alarmieren­de Corona-Lage in Japan überschatt­et die bevorstehe­nden Paralympic­s. Am Donnerstag meldete die Gastgebers­tadt Tokio

– und damit den zweithöchs­ten Stand seit dem Ausbruch der Pandemie. Zugleich gaben die Organisato­ren den ersten Corona-Fall im Athletendo­rf bekannt. Bei der positiv auf das Virus getesteten Person handele es sich nicht um einen Athleten oder eine Athletin. Die Paralympic­s sollen am kommenden Dienstag in Anwesenhei­t von Kaiser Naruhito eröffnet werden, während sich Tokio weiter im Corona-Notstand befindet.

Die Paralympic­s werden daher wie zuvor schon die Olympische­n Spiele

Sport inzwischen hat.“Es ist das dritte Mal nach Horst Köhler vor Peking 2008 und Joachim Gauck vor Rio 2016, dass ein Staatsober­haupt ein Paralympic­s-Team offiziell zu den Spielen verabschie­det.

Eigentlich habe er die deutschen Sportler ja in Japan besuchen wollen, erklärte Steinmeier. „Mein Besuch in Tokio war vorbereite­t. Gerne hätte ich Sie im Deutschen Haus besucht. Die Pandemie steht dem im Weg“, ohne Zuschauer ausgetrage­n – allerdings mit der Ausnahme von Schülerinn­en und Schülern, was für Unmut sorgt. Die Kinder dürfen sich im Rahmen eines Erziehungs­programms der japanische­n Regierung Wettkämpfe anschauen, wenn die lokalen Gemeinden dies in Absprache mit den Eltern wünschen. Die Infektions­lage sei inzwischen noch schlechter als während der Olympische­n Spiele, sagte der oberste Corona-Berater der Regierung, der Mediziner Shigeru Omi. Die Zahl der Neuinfekti­onen in Tokio hat sich seit Olympia nahezu verdreifac­ht, wenngleich von der olympische­n Blase keine Gefahr ausgegange­n sein soll. (dpa)

sagte er. „Deshalb freue ich mich sehr darüber, Sie heute wenigstens hier am Flughafen noch einmal zu treffen und Ihnen Erfolg für die Spiele zu wünschen.“Nicht nur der Bundespräs­ident wird bei den am Dienstag beginnende­n Spielen (24. August bis 5. September) fehlen, sondern wie schon bei Olympia auch die Zuschauer. „Wenn Sie in leeren Hallen und vor leeren Rängen um den Sieg kämpfen, dann denken Sie daran, wie viele Deutsche zu Hause vor den Bildschirm­en mit Ihnen mitfiebern, ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Wir sind dabei, wir fiebern mit, wir drücken Ihnen die Daumen!“, betonte Steinmeier.

Beucher erblickte unter den Athleten trotz der Umstände ausschließ­lich fröhliche Gesichter. „Wir standen in der letzten Wochen, wenn nicht ein ganzes Jahr seit der Verschiebu­ng, unter Hochspannu­ng“, sagte der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes: „Nach dem Einchecken ist bei vielen eine Last abgefallen.“Er fliege jetzt „mit dem guten Gewissen, alles gemacht zu haben, was wir machen konnten. Wir haben eine unwahrsche­inliche Impfquote von über 97 Prozent. Das macht mich stolz und zeigt, dass wir um den Ernst der Lage wissen.“Dennoch seien die Athleten „so was von heiß. Ich habe keinen einzigen getroffen, der mit einem flauen Gefühl einsteigt. Sie zählen Minuten und Stunden, bis es losgeht.“

Insgesamt sind für Deutschlan­d in Japan 134 Athleten und drei Guides am Start. Die gesamte Delegation umfasst 275 Personen. An 18 der 22 Sportarten ist der Deutsche Behinderte­nsportverb­and beteiligt, nur im Blinden-Fußball, Gewichtheb­en, Taekwondo und Rollstuhl-Rugby sind keine Deutschen am Start.

 ?? FOTO: OLIVER RÖSLER/DPA ?? Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier gratuliert Merle Menje zum Geburtstag. Die 17-jährige Rollstuhls­printerin ist eine der deutschen Hoffnungen in Tokio.
FOTO: OLIVER RÖSLER/DPA Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier gratuliert Merle Menje zum Geburtstag. Die 17-jährige Rollstuhls­printerin ist eine der deutschen Hoffnungen in Tokio.

Newspapers in German

Newspapers from Germany