Mit Rammstein und einem Wunderkind
Bundespräsident Steinmeier verabschiedet Team D zu den Paralympics in Tokio
(dpa/SID) - Das „German Wunderkind“durfte als Erstes zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, doch es war ihr fast ein bisschen unangenehm. Verbandspräsident Friedhelm Julius Beucher bekniete die seit Donnerstag 17-jährige Merle Menje regelrecht, zu dem prominenten Gast auf die Bühne zu kommen. Dort gratulierte ihr der Bundespräsident herzlich.
Nachher lächelte die aus Singen am Bodensee stammende Rollstuhlsprinterin über das ganze Gesicht. „Es war das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich mir vorstellen konnte“, sagte sie. Vor zwei Monaten war für den Teenager noch nicht an eine Paralympics-Teilnahme zu denken, nach je zwei Gold- und zwei Silbermedaillen bei der EM im Juni ist sie plötzlich dabei. Das Internationale Paralympische Komitee feierte sie als „Wunderkind“.
Dass Steinmeier am Donnerstag die mit 55 Athleten und Betreuern größte aller deutschen Delegationen am Frankfurter Flughafen, untermalt mit Musik von Rammstein, verabschiedete und dass er sich sogar ausreichend Zeit für Small Talk nahm, empfanden die Sportler als große Ehre. „Ich weiß das sehr zu schätzen“, sagte Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm: „Das zeigt, welchen Stellenwert der paralympische
Die alarmierende Corona-Lage in Japan überschattet die bevorstehenden Paralympics. Am Donnerstag meldete die Gastgeberstadt Tokio
– und damit den zweithöchsten Stand seit dem Ausbruch der Pandemie. Zugleich gaben die Organisatoren den ersten Corona-Fall im Athletendorf bekannt. Bei der positiv auf das Virus getesteten Person handele es sich nicht um einen Athleten oder eine Athletin. Die Paralympics sollen am kommenden Dienstag in Anwesenheit von Kaiser Naruhito eröffnet werden, während sich Tokio weiter im Corona-Notstand befindet.
Die Paralympics werden daher wie zuvor schon die Olympischen Spiele
Sport inzwischen hat.“Es ist das dritte Mal nach Horst Köhler vor Peking 2008 und Joachim Gauck vor Rio 2016, dass ein Staatsoberhaupt ein Paralympics-Team offiziell zu den Spielen verabschiedet.
Eigentlich habe er die deutschen Sportler ja in Japan besuchen wollen, erklärte Steinmeier. „Mein Besuch in Tokio war vorbereitet. Gerne hätte ich Sie im Deutschen Haus besucht. Die Pandemie steht dem im Weg“, ohne Zuschauer ausgetragen – allerdings mit der Ausnahme von Schülerinnen und Schülern, was für Unmut sorgt. Die Kinder dürfen sich im Rahmen eines Erziehungsprogramms der japanischen Regierung Wettkämpfe anschauen, wenn die lokalen Gemeinden dies in Absprache mit den Eltern wünschen. Die Infektionslage sei inzwischen noch schlechter als während der Olympischen Spiele, sagte der oberste Corona-Berater der Regierung, der Mediziner Shigeru Omi. Die Zahl der Neuinfektionen in Tokio hat sich seit Olympia nahezu verdreifacht, wenngleich von der olympischen Blase keine Gefahr ausgegangen sein soll. (dpa)
sagte er. „Deshalb freue ich mich sehr darüber, Sie heute wenigstens hier am Flughafen noch einmal zu treffen und Ihnen Erfolg für die Spiele zu wünschen.“Nicht nur der Bundespräsident wird bei den am Dienstag beginnenden Spielen (24. August bis 5. September) fehlen, sondern wie schon bei Olympia auch die Zuschauer. „Wenn Sie in leeren Hallen und vor leeren Rängen um den Sieg kämpfen, dann denken Sie daran, wie viele Deutsche zu Hause vor den Bildschirmen mit Ihnen mitfiebern, ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Wir sind dabei, wir fiebern mit, wir drücken Ihnen die Daumen!“, betonte Steinmeier.
Beucher erblickte unter den Athleten trotz der Umstände ausschließlich fröhliche Gesichter. „Wir standen in der letzten Wochen, wenn nicht ein ganzes Jahr seit der Verschiebung, unter Hochspannung“, sagte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes: „Nach dem Einchecken ist bei vielen eine Last abgefallen.“Er fliege jetzt „mit dem guten Gewissen, alles gemacht zu haben, was wir machen konnten. Wir haben eine unwahrscheinliche Impfquote von über 97 Prozent. Das macht mich stolz und zeigt, dass wir um den Ernst der Lage wissen.“Dennoch seien die Athleten „so was von heiß. Ich habe keinen einzigen getroffen, der mit einem flauen Gefühl einsteigt. Sie zählen Minuten und Stunden, bis es losgeht.“
Insgesamt sind für Deutschland in Japan 134 Athleten und drei Guides am Start. Die gesamte Delegation umfasst 275 Personen. An 18 der 22 Sportarten ist der Deutsche Behindertensportverband beteiligt, nur im Blinden-Fußball, Gewichtheben, Taekwondo und Rollstuhl-Rugby sind keine Deutschen am Start.