Probleme mit der Technik? Diese Bastler helfen
Welche Ziele das Repair Café hat und warum es keine Konkurrenz zu Handwerk und Handel sein will
- Erstaunlich, was sich alles reparieren lässt. Alle Arten von Küchenmaschinen zum Beispiel. Oder Staubsauger. Etwa wenn sich das Kabel nicht mehr ganz aufwickelt. Ein Klassiker.
So wie bei Speedy, ein grasgrünes Modell eines deutschen Markenherstellers für den Singlehaushalt. Speedy hat treue Dienste geleistet. Fast 25 Jahre. Soll man ihn einfach entsorgen? Bloß weil das Kabel klemmt?
Wer keine Geduld hat oder kein Werkzeug, würde jetzt vielleicht einen neuen Staubsauger kaufen. Oder er geht ins Repair Café im Ellwanger Combonihaus. Jeden zweiten Samstag im Monat erledigen die Techniker dort Reparaturarbeiten aller Art. Für eine Spende. Die ist nämlich erwünscht nach getaner Arbeit.
Nach neun Monaten Zwangspause hatte das Repair Café jetzt im August wieder geöffnet – „endlich“, sagt Gabriele Lange. Sie ist die Vorsitzende des 2015 von Inge Rieger gegründeten Vereins. Die Ellwanger Modeunternehmerin hatte bei einer Reise nach Amsterdam erstmals erfahren, dass es so etwas gibt. Mit Freunden und Bekannten hat sie dann in Ellwangen ein Repair Café aufgebaut.
Im Februar 2020 hat Inge Rieger den Vorsitz an Gabi Lange abgegeben – kurz vor dem ersten Lockdown, bei dem auch das Repair Café schließen musste. Von Juli bis Oktober 2020 war es wieder geöffnet. Und seitdem war es zu.
Fünf „Aktive“arbeiten an diesem Augustsamstag ehrenamtlich im Repair Café. Darunter ein Fahrradtechniker, der auch Heckenscheren und Kettensägen wieder hinbekommt. „Da ist er richtig fit“, schwärmt Gabi Lange. Ein weiterer Aktiver hat die Prüfberechtigung für elektrische Geräte. Auch eine Frau ist dabei. Sie kann sogar Uhren reparieren.
Die Frau, die sich selbst als „professionelle Geräteöffnerin“bezeichnet, will namentlich aber nicht genannt werden. Wenn die Männer nicht weiterwissen, wenden sie sich an sie. Mit ihrem „Obstmesser“mache sie „den Buben“dann die Maschine auf, erzählt sie.
Insgesamt sind die Techniker zu acht. Und fast alle sind berufstätig, wie Gabi Lange sagt. Sie selbst zählt zu den Näherinnen im Repair Café. Sie kürzen Hosen oder nähen sie enger. Sie stopfen Mottenlöcher in Pullovern oder schließen aufgegangene Nähte. Wenn es mal schwieriger wird, können die Näherinnen bis heute auf Schneidermeisterin Inge Rieger zählen.
Zum Team zählen auch die Damen, die Kaffee und Kuchen verkaufen. Und natürlich die Mitarbeiterinnen am Empfang. Wer eine Reparatur hat, muss sich anmelden und einen Laufzettel ausfüllen – inklusive Problembeschreibung. Staubsauger Speedy ist Nummer 17 an diesem Tag. Viele Reparaturen werden nicht mehr dazu kommen. „Es ist relativ ruhig“, sagt Gabi Lange. Urlaubszeit.
Im hinteren Raum sind an einem großen Tisch die Aktiven zugange. Beugen sich über kaputte Kaffeemaschinen, Ventilatoren, Haarföne. Sie verschweißen auch schon mal mit einem 3-D-Stift ein Brillengestell, das zu Bruch gegangen ist. „Wir reparieren nur Kleinigkeiten“, sagt Gabi Lange. Also keine Waschmaschinen und Fernseher.
Das Repair Café will keine Konkurrenz zum örtlichen Handel oder zu hiesigen Handwerksbetrieben sein. Im Gegenteil. Es würde gerne mit Handwerkern zusammenarbeiten. Gabi Lange hat Kontakt zu einem Schreiner aufgebaut, der einer Dame einen Stuhl repariert hat. Vielleicht wird ja mehr daraus, eine feste Kooperation.
Für all die Kleinigkeiten hätten Handwerker doch auch gar keine Zeit, meint Gabi Lange. Zumal es im Repair Café um mehr gehe – nämlich dem Gast zu zeigen, wie er das Problem selbst beheben könne.
Gabi Lange fände es toll, wenn junge Menschen „Feuer fangen“würden. Also hat sie Kontakt zu einer Ellwanger Schule und zur Lehrwerkstatt der EnBW ODR aufgenommen. Außerdem zum Seniorenrat. Auch Seniorinnen könnten ihre Fähigkeiten und ihr Wissen im Repair Café weitergeben, sagt sie.
Ressourcen sparen, nachhaltig leben, junge Menschen für den Umweltschutz gewinnen: Das sind die Ziele der Repair Cafés, die inzwischen weit verbreitet sind. „Reparatur ist eine Kulturtechnik, die in den Konsumgesellschaften derzeit wiederentdeckt wird.“So steht es auf der Homepage der „Anstiftung“, der Dachorganisation der Repair Cafés.
Das Ellwanger Repair Café ist aber noch mehr. Es ist ein sozialer Treffpunkt. Die Besucher kommen aus allen Gesellschaftsschichten, wie Gabi Lange sagt. An diesem heißen Augustsamstag freilich sind die Seniorinnen und Senioren in der Mehrheit. Manche treffen sich hier einfach nur zum Kaffeeplausch.
Und die Erfolgsquote? Sie ist beachtlich. Gabi Lange hat die Zahlen vom Oktobertermin – dem letzten vor der neunmonatigen Zwangspause – im Kopf. Damals wurden 36 defekte Geräte gebracht. Nur fünf konnten nicht repariert werden. „Wenn der Motor durchgebrannt ist, dann geht halt nichts mehr.“
Der kleine grüne Staubsauger Speedy war übrigens „zum Reparieren sehr dankbar“. Björn Tschache erläutert die Ursache für das verklemmte Kabel: Es hat sich eine Schlaufe gebildet. Tschache hat am Staubsauger drei Schrauben geöffnet, von denen eine unter einer Dichtung versteckt war. Dann hat er das verklemmte Kabel ab- und wieder aufgewickelt – „fertig“.
Und wie kam der junge Mann zum Repair Café? Durch seine Mutter, eine der Näherinnen. Sie hat ihren Sohn gefragt, ob er nicht Lust hat. Der Produktmanager bei einem großen Ellwanger Fahrradhersteller ist nämlich ein „unverbesserlicher“Bastler. „Ich kann es einfach nicht sehen, wenn etwas weggeworfen wird, aber es funktioniert noch“.
Das Repair Café ist jeden zweiten
Samstag im Monat geöffnet. Das nächste Mal am 12. September. Wer möchte, kommt einfach vorbei – ob mit oder ohne technisches Problem.
Am Tag der Vereine an diesem Samstag, 21. August, beteiligt sich das Repair Café mit einer Ausstellung in der ehemaligen „Buchbar“in der Marienstraße.