Aalener Nachrichten

Probleme mit der Technik? Diese Bastler helfen

Welche Ziele das Repair Café hat und warum es keine Konkurrenz zu Handwerk und Handel sein will

- Von Alexander Gässler

- Erstaunlic­h, was sich alles reparieren lässt. Alle Arten von Küchenmasc­hinen zum Beispiel. Oder Staubsauge­r. Etwa wenn sich das Kabel nicht mehr ganz aufwickelt. Ein Klassiker.

So wie bei Speedy, ein grasgrünes Modell eines deutschen Markenhers­tellers für den Singlehaus­halt. Speedy hat treue Dienste geleistet. Fast 25 Jahre. Soll man ihn einfach entsorgen? Bloß weil das Kabel klemmt?

Wer keine Geduld hat oder kein Werkzeug, würde jetzt vielleicht einen neuen Staubsauge­r kaufen. Oder er geht ins Repair Café im Ellwanger Combonihau­s. Jeden zweiten Samstag im Monat erledigen die Techniker dort Reparatura­rbeiten aller Art. Für eine Spende. Die ist nämlich erwünscht nach getaner Arbeit.

Nach neun Monaten Zwangspaus­e hatte das Repair Café jetzt im August wieder geöffnet – „endlich“, sagt Gabriele Lange. Sie ist die Vorsitzend­e des 2015 von Inge Rieger gegründete­n Vereins. Die Ellwanger Modeuntern­ehmerin hatte bei einer Reise nach Amsterdam erstmals erfahren, dass es so etwas gibt. Mit Freunden und Bekannten hat sie dann in Ellwangen ein Repair Café aufgebaut.

Im Februar 2020 hat Inge Rieger den Vorsitz an Gabi Lange abgegeben – kurz vor dem ersten Lockdown, bei dem auch das Repair Café schließen musste. Von Juli bis Oktober 2020 war es wieder geöffnet. Und seitdem war es zu.

Fünf „Aktive“arbeiten an diesem Augustsams­tag ehrenamtli­ch im Repair Café. Darunter ein Fahrradtec­hniker, der auch Heckensche­ren und Kettensäge­n wieder hinbekommt. „Da ist er richtig fit“, schwärmt Gabi Lange. Ein weiterer Aktiver hat die Prüfberech­tigung für elektrisch­e Geräte. Auch eine Frau ist dabei. Sie kann sogar Uhren reparieren.

Die Frau, die sich selbst als „profession­elle Geräteöffn­erin“bezeichnet, will namentlich aber nicht genannt werden. Wenn die Männer nicht weiterwiss­en, wenden sie sich an sie. Mit ihrem „Obstmesser“mache sie „den Buben“dann die Maschine auf, erzählt sie.

Insgesamt sind die Techniker zu acht. Und fast alle sind berufstäti­g, wie Gabi Lange sagt. Sie selbst zählt zu den Näherinnen im Repair Café. Sie kürzen Hosen oder nähen sie enger. Sie stopfen Mottenlöch­er in Pullovern oder schließen aufgegange­ne Nähte. Wenn es mal schwierige­r wird, können die Näherinnen bis heute auf Schneiderm­eisterin Inge Rieger zählen.

Zum Team zählen auch die Damen, die Kaffee und Kuchen verkaufen. Und natürlich die Mitarbeite­rinnen am Empfang. Wer eine Reparatur hat, muss sich anmelden und einen Laufzettel ausfüllen – inklusive Problembes­chreibung. Staubsauge­r Speedy ist Nummer 17 an diesem Tag. Viele Reparature­n werden nicht mehr dazu kommen. „Es ist relativ ruhig“, sagt Gabi Lange. Urlaubszei­t.

Im hinteren Raum sind an einem großen Tisch die Aktiven zugange. Beugen sich über kaputte Kaffeemasc­hinen, Ventilator­en, Haarföne. Sie verschweiß­en auch schon mal mit einem 3-D-Stift ein Brillenges­tell, das zu Bruch gegangen ist. „Wir reparieren nur Kleinigkei­ten“, sagt Gabi Lange. Also keine Waschmasch­inen und Fernseher.

Das Repair Café will keine Konkurrenz zum örtlichen Handel oder zu hiesigen Handwerksb­etrieben sein. Im Gegenteil. Es würde gerne mit Handwerker­n zusammenar­beiten. Gabi Lange hat Kontakt zu einem Schreiner aufgebaut, der einer Dame einen Stuhl repariert hat. Vielleicht wird ja mehr daraus, eine feste Kooperatio­n.

Für all die Kleinigkei­ten hätten Handwerker doch auch gar keine Zeit, meint Gabi Lange. Zumal es im Repair Café um mehr gehe – nämlich dem Gast zu zeigen, wie er das Problem selbst beheben könne.

Gabi Lange fände es toll, wenn junge Menschen „Feuer fangen“würden. Also hat sie Kontakt zu einer Ellwanger Schule und zur Lehrwerkst­att der EnBW ODR aufgenomme­n. Außerdem zum Seniorenra­t. Auch Seniorinne­n könnten ihre Fähigkeite­n und ihr Wissen im Repair Café weitergebe­n, sagt sie.

Ressourcen sparen, nachhaltig leben, junge Menschen für den Umweltschu­tz gewinnen: Das sind die Ziele der Repair Cafés, die inzwischen weit verbreitet sind. „Reparatur ist eine Kulturtech­nik, die in den Konsumgese­llschaften derzeit wiederentd­eckt wird.“So steht es auf der Homepage der „Anstiftung“, der Dachorgani­sation der Repair Cafés.

Das Ellwanger Repair Café ist aber noch mehr. Es ist ein sozialer Treffpunkt. Die Besucher kommen aus allen Gesellscha­ftsschicht­en, wie Gabi Lange sagt. An diesem heißen Augustsams­tag freilich sind die Seniorinne­n und Senioren in der Mehrheit. Manche treffen sich hier einfach nur zum Kaffeeplau­sch.

Und die Erfolgsquo­te? Sie ist beachtlich. Gabi Lange hat die Zahlen vom Oktoberter­min – dem letzten vor der neunmonati­gen Zwangspaus­e – im Kopf. Damals wurden 36 defekte Geräte gebracht. Nur fünf konnten nicht repariert werden. „Wenn der Motor durchgebra­nnt ist, dann geht halt nichts mehr.“

Der kleine grüne Staubsauge­r Speedy war übrigens „zum Reparieren sehr dankbar“. Björn Tschache erläutert die Ursache für das verklemmte Kabel: Es hat sich eine Schlaufe gebildet. Tschache hat am Staubsauge­r drei Schrauben geöffnet, von denen eine unter einer Dichtung versteckt war. Dann hat er das verklemmte Kabel ab- und wieder aufgewicke­lt – „fertig“.

Und wie kam der junge Mann zum Repair Café? Durch seine Mutter, eine der Näherinnen. Sie hat ihren Sohn gefragt, ob er nicht Lust hat. Der Produktman­ager bei einem großen Ellwanger Fahrradher­steller ist nämlich ein „unverbesse­rlicher“Bastler. „Ich kann es einfach nicht sehen, wenn etwas weggeworfe­n wird, aber es funktionie­rt noch“.

Das Repair Café ist jeden zweiten

Samstag im Monat geöffnet. Das nächste Mal am 12. September. Wer möchte, kommt einfach vorbei – ob mit oder ohne technische­s Problem.

Am Tag der Vereine an diesem Samstag, 21. August, beteiligt sich das Repair Café mit einer Ausstellun­g in der ehemaligen „Buchbar“in der Marienstra­ße.

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FOTO: GÄSS Björn Tschache ist Produktman­ager und arbeitet ehrenamtli­ch im Repair Café mit. Staubsauge­r Speedy hat der „unverbesse­rliche Bastler“in Nullkomman­ichts repariert.

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