Kreisräte testen den ÖPNV
Manuel Reiger und Bennet Müller machen den Selbstversuch mit Bus uns Bahn
AALEN (an) - Der Kreistag des Ostalbkreises hatte im November 2019 beschlossen, den öffentlichen Personennahverkehr im Kreis neu zu regeln und mit der OstalbMobil GmbH einen Verkehrs-Vollverbund zu schaffen. „Lassen Sie uns den ÖPNV neu denken“, forderte Landrat a. D. Klaus Pavel die Kreisräte damals auf. Ziel war es, den ÖPNV effizienter zu gestalten, besser zu vertakten, die Strukturen zu vereinfachen und die Bürgerschaft durch einfachere und günstigere Tarife auf dem Weg zu einer vermehrten Nutzung mitzunehmen. Die OstalbMobil GmbH hat ihre Arbeit am 1. Januar 2020 aufgenommen.
„Ein guter ÖPNV ist uns ein Herzensanliegen – und zwar insbesondere im ländlichen Raum“, sagen die beiden Kreisräte Manuel Reiger (FDP) und Bennet Müller (Bündnis 90/Die Grünen) unisono. Beide haben die große ÖPNV-Reform im Ostalbkreis 2019 unterstützt und vertreten ihre Parteien in der Gesellschafterversammlung der OstalbMobil GmbH. Wie ist die Umsetzung angelaufen? Konnten erste Ziele bereits erreicht werden? Wo ist noch Luft nach oben? Mit diesen Fragen machten die Kreisräte kürzlich den Selbstversuch und fuhren von Aalen aus mit dem ÖPNV durch den östlichen Landkreis, wo die Linien als erstes reformiert werden sollen.
„Beim Start mit dem Bus von Aalen nach Bopfingen hat sich gezeigt, dass die Fahrplanauskunft und der Ticket-Kauf über die Handy-App der Deutschen Bahn gut funktioniert“, sagt Müller und zeigt sich insofern zufrieden, weil auch keine weitere Extra-App für den ÖPNV im Ostalbkreis notwendig ist. „Eine Fahrkarte kann aber auch vor Ort im Bus oder bei den Servicestellen der OstalbMobil gekauft werden. Der TicketKauf mit der App war vor wenigen Jahren noch nicht möglich und ist eine Verbesserung. Auch meine Bahncard wurde überall problemlos akzeptiert.“
„In Bopfingen mussten wir uns zwar etwas beeilen, unseren Anschluss-Bus nach Neresheim zu erreichen, wir haben auf unserer Tour aber festgestellt, dass die Linien gut abgestimmt sind“, stellt Reiger positiv fest. Auch für den weiteren Anschluss von Neresheim zurück nach Aalen könne man dies so festhalten. „Ich glaube wir können nach unserer kurzen Reise sagen, dass die Taktung des ÖPNV gerade während des Ferienfahrplans deutlich verbesserungsfähig ist“, sind sich die beiden Kreisräte einig. Die Verbindung AalenBopfingen sei auch wegen des zusätzlichen Zugverkehrs noch in Ordnung. Weiter im ländlichen Raum werde es aber schwieriger, von A nach B zu kommen. Der Bus von Bopfingen nach Neresheim fährt zum Beispiel nur alle vier Stunden. Der Bus von Neresheim nach Aalen etwa alle zwei Stunden. Das gleiche gelte auch für die Verbindung zum Beispiel von Bopfingen über Unterschneidheim nach Ellwangen.
Eine Fahrt von Aalen nach Bopfingen kostet dabei 5,90 Euro, die Fahrt von Bopfingen nach Neresheim 4,70 Euro. Bevor man über Geld sprechen könne, müsse man aber das Angebot verbessern. „Für mich hat sich auf unserer Tour herausgestellt, dass mit guter Planung und viel Zeit fast jeder Ort im östlichen Ostalbkreis mit dem ÖPNV erreicht werden kann. Leider gibt es zu wenige Verbindungen und die, die es gibt, dauern zu lange, um dem Individualverkehr im ländlichen Raum wirklich vernünftig Konkurrenz zu machen“resümiert Reiger. „Gerade die Strecke zwischen Neresheim und Aalen wollen wir uns nach dem Scheitern der Regiobuslinie nochmal genauer anschauen. Hier hat sich während unserer Tour gezeigt, dass es eine relevante Nachfrage gibt.“
„Über 90 Zonen gibt es aktuell im Ostalbkreis – ein echter Flickenteppich“sagt Müller, „in Stuttgart gibt es mittlerweile nur noch eine Zone. Das macht den ÖPNV kundenfreundlicher und günstiger“. Auch hier hat der Kreis bereits erste Weichen gestellt. 2022 soll es eine größere Reform geben, um dieses Netz zu vereinfachen. „Diese Reform unterstützen wir eindeutig“, sagt Reiger, „sie macht den Kauf eines Tickets einfacher und günstiger“. Zur Kundenfreundlichkeit gehöre auch, dass der Vollverbund und die Möglichkeiten, die er mitbringe, bei der Bevölkerung noch bekannter werde.
Wenn man ÖPNV wirklich neu denken und substanziell etwas verbessern möchte, dann wird man Mobilitäts-Hubs schaffen müssen, an denen sich die relevanten Bus- und Bahnlinien vernetzen oder der Umstieg vom Individualverkehr auf Bus oder Bahn vereinfacht wird. In der Ostalb-Metropole Aalen gebe es schon gute Ansätze, in den kleineren Mittelzentren besteht aber noch deutlich Verbesserungspotenzial.
Die OstalbMobil GmbH erfüllt noch nicht alle Erwartungen an ein neues ganzheitliches Vollverbundnetz im Ostalbkreis, so ein erstes Fazit. Fortschritte seien aber schon gemacht worden. Man werde die Reform im Kreistag und in der Gesellschafterversammlung weiter eng begleiten und die gewonnenen Eindrücke, Vorstellungen und Vorschläge mit einbringen.
„Leider gibt es zu wenige Verbindungen und die, die es gibt, dauern zu lange, um dem Individualverkehr im ländlichen Raum wirklich vernünftig Konkurrenz zu machen.“Kreisrat Manuel Reiger