„Ich erwarte, dass es vernünftig so weiter geht“
Sommergespräch: Was der Fraktionsvorsitzende der AfD, Frank Gläser, von Frederick Brütting erwartet
- Ein „alter Hase“des Aalener Gemeinderats ist Frank Gläser noch nicht. Doch bereits zum dritten Mal ist der Fraktionsvorsitzende der AfD zum Sommergespräch in den Redaktionsräumen der „Aalener Nachrichten“zu Gast. Seit 2019 ist die Partei mit drei Sitzen im Aalener Gemeinderat vertreten.
Dieser bekommt zum 1. Oktober einen neuen Chef. Auf Thilo Rentschler folgt Frederick Brütting, beide von der SPD. Eine kurze Bilanz zum scheidenden OB? „Ich habe von den acht Jahren seiner Amtszeit ja nur zwei mitbekommen und würde mich jetzt immer noch als Anfänger bezeichnen, der immer wieder vorgemacht bekommt, was die Menschen, die dort seit 15 oder 20 Jahren sitzen, für einen großen Erfahrungsschatz haben“, sagt Frank Gläser. Er habe Thilo Rentschler als Menschen erlebt, der in der Lage war, eine Situation schnell zu erfassen und zu überreißen. Allerdings habe man in der Vergangenheit die materiellen Möglichkeiten der Stadt sehr ausgereizt, was Gläser aber nicht alleine Thilo Rentschler ankreiden möchte.
So wäre seine Fraktion beispielsweise dafür gewesen, das geplante Kombibad zurück zu stellen. „Wir hatten mit dem Hirschbachbad ein funktionierendes Bad. Man hätte die Maßnahme aufschieben können, um notfalls einen Puffer zu haben“, so Gläser. Denn man müsse davon ausgehen, dass die Einnahmen sinken und die Ausgaben steigen werden.
„Ein bisschen mit Bauchschmerzen“habe seine Fraktion auch dem geplanten Sobek-Steg, der das Stadtoval mit der Innenstadt verbinden soll, zugestimmt. „Der Steg ist eine tolle Sache. Die Frage ist, ob man ihn sich leisten kann. Erst waren wir bei fünf, jetzt sind wir bei acht Millionen. Aber die Stadt muss hier auch Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit aufweisen. Allen Investoren wurde er versprochen; man hat damit geplant“, begründet Gläser die Entscheidung seiner Fraktion.
Auf die Zukunft mit Frederick Brütting „warte man nicht ohne Spannung“, sagt Frank Gläser. Seine Fraktion habe mit Thilo Rentschler gut leben gelernt, der ein Bürgermeister aller Aalener gewesen sei und sicher keine offenen Baustellen hinterlasse. Jetzt müsse man abwarten. „Ich erwarte aber keine großen Veränderungen, sondern dass es vernünftig so weitergeht“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Gläser kennt Frederick Brütting bisher nur aus dem Kreistag, wie er sagt. Man habe zwar Differenzen, wenn es um das Thema CO2 und den daraus abgeleiteten Konsequenzen gehe, sei sich aber in Vielem auch einig.
„Wir brauchen eine baldige Normalisierung und eine Planbarkeit unseres Lebens (...)“, sagt Frank Gläser.
Thilo Rentschler zieht sich nach nur einer Amtsperiode zurück, seinem Vorgänger ging es ähnlich. Muss sich an der Zusammenarbeit des Gemeinderats mit dem Oberbürgermeister etwas ändern? „Oberbürgermeister von Aalen ist eigentlich kein unattraktiver Posten. Da fragt man sich schon, warum sich so wenig ernstzunehmende Kandidaten beworben haben“, gibt Gläser zu bedenken. Aalen und der Gemeinderat hätten den schlechten Ruf, sehr streitbar zu sein. „Auch bis ins Persönliche. In eine Streitkultur sollte man eigentlich die Achtung vor dem Anderen einschließen“, sagt Frank Gläser. Es werde in jedem Fall nicht leicht für Frederick Brütting.
Ein großes Thema, das auch den neuen OB und den Aalener Gemeinderat beschäftigen wird, ist die Corona-Pandemie. „Wir brauchen eine baldige Normalisierung und eine Planbarkeit unseres Lebens sowie wieder Vertrauen zu unseren Institutionen“, sagt Frank Gläser. Die Innenstädte hätten lange, auch schon vor der Pandemie, unter dem OnlineHandel gelitten. Man müsse sich langfristig Gedanken machen, wie man eine höhere Attraktivität der Städte schaffen könne. „Ich habe in Texas gesehen, dass es dort Skaterbahnen und Swimmingpools für Kinder in den Einkaufszentren gibt. Das klingt vielleicht erstmal verrückt, aber wir müssen uns wirklich Gedanken machen, was wir für die Innenstädte tun können“, sagt Gläser. Mit freiem Parken sei es hier nicht getan. „Ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass dieses Freiparken für die Stadtwerke innerhalb von drei Monaten einen Einnahmeverlust von 45 000 Euro bedeutet“, so Gläser.
Gläser gibt auch zu bedenken, dass die Pandemie keine völlig intakte Wirtschaft auf der Ostalb getroffen habe. „Vor Corona waren schon 47 Betriebe in der Region in Kurzarbeit. Wir waren schon ein wenig am Abstieg. Corona war hier nur der Brandbeschleuniger“. Man werde das Tal voraussichtlich 2021 durchschritten haben, aber als Nächstes eine gewaltige Inflation bekommen.
Deshalb müsse die Stadt sparen, sagt Gläser. „Wenn ich Brütting wäre, würde ich erstmal einen Kassensturz machen. Wir sollten keine neuen Ausgaben machen, bevor wir neue Horizonte sehen“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Und wo kann man seiner Meinung nach sparen? „Man kann sich zum Beispiel fragen, ob man ein Radwegeprogramm für zwei Millionen pro Jahr braucht. Ich bin selbst chronischer Radfahrer und freue mich über Radwege. Aber ist eine Zählstelle am Kocherradweg 16 000 Euro wert?“, sagt Gläser. Um „normale Familien“zu unterstützen, müsse man sich beispielsweise bemühen, vernünftigen Wohnraum zu schaffen, sagt Gläser. „Die Menschen können das nur noch bezahlen, weil das Geld billig ist“, sagt der AfD-Politiker. Man müsse die Stadt auch nach außen wachsen lassen. „Auf Dauer wird es nicht anders gehen. Co2-ist nicht der Angelpunkt der Erdatmosphäre. Wir müssen preiswert und ökologisch vernünftig bauen, die Gesetze des Landes einhalten, dürfen aber keine zusätzlichen Hürden einbauen“, so Gläser.
Man plane eine Energiewende aus dem Nichts. „Das würde funktionieren, wenn das die ganze Welt koordiniert macht. Aber wir machen das doch alleine. Deutschland schließt 14 von 74 Kohlekraftwerken und allein in Indien und China machen 600 neue auf“, so Gläser.
Auch die geplanten Lüftungsanlagen für Schulen, die die Grünen kürzlich gefordert haben, sieht Gläser kritisch. „Man sollte hier nicht übers Ziel hinausschießen. Wir sollten alles tun, um Schulschließungen zu vermeiden. Aber das wird nicht an der Lüftung festgemacht. Ich wäre auch für die Luftreiniger, wenn sicher wäre, dass dann Schulen nicht mehr geschlossen werden müssten“, so Gläser. Zudem seien Schüler und Lehrer keine wesentlichen Streuquellen für Infekte. „Der entscheidende Beweis für Luftreiniger steht noch aus. Wir sollten nicht auf Verdacht Hunderttausende Euros investieren. Ein paar zusätzliche Luftreiniger hingegen kann man gut mittragen. Mit einem Kompromiss kann ich hier gut leben“, sagt Gläser.
„Der entscheidende Beweis für Luftreiniger steht noch aus“, sagt Frank Gläser.