Radfahren bildet
Südschwarzwald-Radweg, Schluss-Etappe 5 – Ankunft im Himmelreich
Wein statt●Wasser – so könnte das Motto dieser fünften und letzten Etappe des Südschwarzwald-Radwegs lauten. Denn Gutach und Rhein liegen hinter uns, das idyllische Markgräflerland mit seinen Rebhängen und Winzerdörfern sowie Freiburg als krönender Abschluss vor uns. An Abwechslung mangelt es also wahrlich nicht auf diesem zu Recht qualifizierten Rundweg. Schwarzwaldhöhen, Flussauen, Schluchten, Gipfel, Städte, beschauliche Dörfer und blühende Landschaften – alles inklusive.
Nun gilt es also, Teile des Markgräflerlands zu durchqueren, das sich nahe des badischen Rheinufers etwa 60 Kilometer lang von Süden nach Norden erstreckt. Vom Klima begünstigt und von der Sonne verwöhnt, so steht’s in den Werbeprospekten für Gutedel und Spätburgunder aus diesem Landstrich geschrieben. Auch heute meint es die Sonne gut mit dem Wein – und den Radlern. Fast zu gut. Um in einem der hübschen Winzerdörfer oder mitten in den Weinbergen eine kurze Pause einzulegen, ist das Wetter ideal.
Aber es ist viel zu heiß, um sich tagsüber zu einer der überall angebotenen Weinverkostungen verlocken zu lassen. Das Probieren der guten Tropfen muss leider auf den Abend verschoben werden. Obwohl die Versuchung schon arg groß ist. So bekannte Orte wie Auggen mit der Auggener-Schäf-Kellerei liegen an der Strecke. Und dann taucht auch noch das Bioweingut Mießbach in Ebringen auf. Der Opa hat dort regelmäßig Spätburgunder bestellt und an Weihnachten der Familie kredenzt. Bislang hatten wir allerdings keine Ahnung, woher genau dieser Wein stammte. Tja, radeln bildet.
Deshalb ist auch ein Stopp im Römerpark zu Heitersheim Pflicht, in dem das Museum „Villa Urbana“steht. An dieser Stelle befand sich zu römischer Zeit der herrschaftliche Wohnsitz eines Gutsherrn. Seinerzeit wurden solche Anwesen allgemein Villa urbana genannt. Jene in Heitersheim umfasste einen luxuriösen Wohnbereich im mediterranen Stil und einen Wirtschaftsbereich für Landwirtschaft und Handwerk. Die Ausmaße des 5,5 Hektar großen Anwesens sind heute im Römerpark gekennzeichnet. Dort, wo das römische Hauptwohnhaus stand, wurde das heutige Römermuseum erbaut. In diesem Museum sind rekonstruierte Teile des Wohnhauses und viele Ausgrabungsfunde zu besichtigen.
Direkt neben dem Römermuseum befindet sich die Villa artis. Sie wurde einem der römischen Landwirtschaftsgebäude, dem Kornspeicher, nachempfunden. Der Neubau steht heute fast an dem ursprünglichen Standort des römischen Speichers. Mittels Texttafeln und Videopräsentationen
wird das Leben der Römer für den Besucher leicht nachvollziehbar gemacht. Und in Nicht-Corona-Zeiten gibt es auch Führungen. Aber leider herrschen solche Zeiten noch nicht und außerdem ist Montag, das Museum geschlossen. So bleibt uns nur der neugierige Blick durch die großen Fenster auf Mauerreste und Ausstellungsstücke.
Der SüdschwarzwaldRadweg führt weiter mitten durch die Weinberge bis nach Bad Krotzingen, das den heilkräftigen MineralThermalquellen mit sehr hohem Kohlesäuregehalt seinen Titel als Kurort verdankt. Uns aber steht an diesem Sommertag nicht der Sinn nach heißem Wasser, sondern nach innerer Kühlung, zum Beispiel mit einer Saftschorle. Dafür müssen wir aber noch knapp 20 Kilometer strampeln, zunächst durch eine liebliche Weingegend, dann schließlich durch die Vororte Freiburgs bis hinein ins Zentrum der Universitätsstadt im Breisgau. Das geschieht trotz Einfallstraßen mit relativ hoher Verkehrsdichte sehr angenehm. Denn Freiburg ist eine Fahrradstadt, die neben den Spuren für Autos und Busse breite Fahrradstraßen ausgewiesen hat. Und rund um die Altstadt gibt es genügend Möglichkeiten, sein Zweirad sicher abzustellen, ganz zu schweigen von dem bewachten Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof. Dermaßen entspannt lässt es sich in den engen Gassen der Stadt gut bummeln. Wer mag, bucht im Vorfeld eine kleine Stadtführung und besichtigt unter anderem mit fachkundiger Begleitung das berühmte Münster, den geschichtsträchtigen Basler Hof, die große Universität und das alte Rathaus.
Zeit für die Stadtbesichtigung ist an diesem Tag genug, zumal es jetzt nur noch ein Katzensprung bis Kirchzarten ist. Ja, richtig gelesen, Kirchzarten, nicht Hinterzarten. Denn – und das ist das Beste überhaupt – den letzten Abschnitt des Südschwarzwald-Radwegs mit über 500 Höhenmetern übernimmt die Höllentalbahn, die uns witzigerweise von Himmelreich nahe Kirchzarten ohne irgendwelche Anstrengung bis zum Ausgangs- und Endpunkt Hinterzarten bringt.