Vorsicht beim Test auf Asbest
Bis zu einem Drittel aller alten Gebäude haben ein Problem mit den Mineralfasern – Für Laien kann es gesundheitlich bedenklich sein, die Belastung auf eigene Faust testen zu lassen
Ich muss dringend einen PVCBoden auf Asbest untersuchen lassen, finde aber derzeit keinen Gutachter. Meint ihr, ich kann die Proben auch selbst nehmen und in ein Labor schicken?“Uwe Münzenberg vom Berufsverband Deutscher Baubiologen hat diese Frage kürzlich in einer seiner FacebookGruppe zum Thema Asbest gelesen. Die anderen Nutzer im Forum rieten dringend davon ab. Immerhin kann Asbest schwere bis tödliche Lungenkrankheiten hervorrufen, wenn die Mineralfasern in größeren Mengen freigesetzt werden. Trotzdem werden solche Asbest-Tests für Privatleute im Internet angeboten. Das sagen Experten dazu.
Wo in Gebäuden findet man heute noch Asbest?
Asbest sind Mineralfasern, die zwischen den 1950er- und 1990er-Jahren in verschiedenen Baumaterialien wie Fliesenklebern, Putzen, Kitten und Spachtelmassen sowie Eternitplatten, PVC-Böden und Dämmelementen eingesetzt wurden. Nach Schätzungen des Gesamtverbands Schadstoffsanierung ist in bis zu einem Drittel aller vor 1993 errichteten Gebäude Asbest verbaut. „Asbest funktioniert als Brandhemmer, wurde deshalb beispielsweise für Brandschutztüren oder in der Außenfassade verwendet. Es verleiht Materialien aber auch Festigkeit, weshalb man damit auch dünn verputzen oder Fliesen kleben kann“, sagt Sandra Giern, Geschäftsführerin des Gesamtverbandes Schadstoffsanierung.
Warum wurde Asbest 1993 in Deutschland verboten?
Werden die Mineralfasern, die übrigens auch ganz normal in der Luft vorkommen, in größeren Mengen eingeatmet, setzen sie sich in der Lunge fest und können schwere bis tödliche Lungenkrankheiten verursachen. Das kann beispielsweise passieren, wenn man ein Haus aus den entsprechenden Baujahren saniert und dabei bohrt, schleift oder Wände abreißt. Solange Asbest jedoch unangetastet bleibt, geht davon in der Regel auch keine Gefahr aus.
Wie funktionieren die Asbest-Tests für zu Hause?
Die Anbieter wie Stella Lab, Ivario oder CRB Analyse Service werben damit, dass man die angeforderten Tests auch ohne Vorkenntnisse nutzen kann. Hegt man den Verdacht, dass sich in einem bestimmten Material im Gebäude Asbest befindet, kann ein passendes Test-Kit bestellt werden. Eine Staubprobe wird dann beispielsweise mithilfe eines Klebestreifens ans Labor geschickt, von Bodenbelägen oder Leichtbauplatten gibt man kleine Materialproben in die Post. Nach wenigen Tagen bekommt man dann mitgeteilt, ob sich Asbest in den Proben befunden hat oder nicht. Die Kosten liegen je nach Art des zu testenden Materials bei etwa 50 bis 150 Euro.
Ist es für Laien nicht gefährlich, eine Probe womöglich asbesthaltigen Materials zu entnehmen?
„Die Leute werden dazu ermutigt, ohne jegliche Fachkenntnisse kleine Proben vom Wandputz, vom Fliesenkleber oder vom Fensterkitt herauszukratzen. Damit bringen sie sich aber in Gefahr“, sagt Heiko Hofmann, Sicherheitsingenieur an der Universität Konstanz. Denn werden die Proben unprofessionell entnommen, können dabei relativ leicht Asbestfasern freigesetzt werden. Fachleute von Prüfinstituten oder Bausachverständige trügen aus diesem Grund Schutzanzüge und -masken und hätten Absauggeräte dabei. „Man darf auch nicht vergessen, dass Asbest nicht nur in dem Moment freigesetzt werden kann, in dem ich die Probe entnehme, sondern sich danach auch noch eine ganze Weile in der Raumluft hält“, sagt Sandra
Giern vom Gesamtverband Schadstoffsanierung.
Also lässt man besser die Finger von solchen Tests?
„Nein, es gibt durchaus Bereiche, wo das auch ein Laie machen kann, wenn Baujahr und Material einen Verdacht ergeben“, findet Uwe Münzenberg vom Berufsverband Deutscher Baubiologen. Als Beispiel nennt er das Einschicken von einem Stück PVC-Bodens. „Wenn man da was mit dem Cutter-Messer herausschneidet, wird kein Asbest freigesetzt.“Zur Sicherheit könne man das Material vorher noch mit spülmittelhaltigem Wasser befeuchten, um eine Freisetzung von Fasern in die Raumluft zu verhindern. Auch im Außenbereich, etwa vor dem Abbruch einer Garage mit Eternitplatten, könnte man Sandra Giern vom Gesamtverband Schadstoffsanierung
zufolge selbst Proben entnehmen, um diese auf Asbest untersuchen zu lassen. „Da habe ich ja nachher nicht im Haus eine aufgebohrte Stelle, aus der womöglich Asbest freigesetzt wird.“Die Anbieter der Asbest-Tests wie Ivario erklären, dass den Test-Kits Anleitungen zu Sicherheitsanweisungen bei der Probenentnahme beiliegen. „Und wir bieten allen unseren Kunden die Möglichkeit, unsere Experten zu kontaktieren und eine ausführliche Beratung zur Probenahme in dem individuellen Fall zu erhalten“, sagt Ove Ohlen von Ivario.
Was fängt man mit den Ergebnissen eines solchen Asbest-Testes an?
Das ist für Sicherheitsingenieur Heiko Hofmann von der Universität Konstanz ein weiteres Problem, welches er mit den Internet-Tests hat. „Egal ob das Ergebnis negativ oder positiv ist: Es gilt immer nur für den Bereich, in dem man die Probe gezogen hat. Wurde Asbest gefunden, muss ein Experte ran, um sich ein genaueres Bild zu machen. Wurde nichts nachgewiesen, kann trotzdem noch Asbest im Haus sein.“Damit die Probe aussagekräftig ist, empfiehlt der Tüv Süd, welcher ebenfalls Asbest-Tests anbietet, vor der Entnahme einen Experten zu kontaktieren. Im Falle eines positiven Tests rät der Anbieter Ivario seinen Kunden, sich an Spezialisten im Bereich Sanierung zu wenden und keinesfalls selbst mit asbestbelasteten Materialien zu arbeiten.
Und was kostet es, wenn Profis eine Asbestprüfung machen?
Bausachverständige berechnen für ihre Arbeit zwischen 90 und 120 Euro in der Stunde. Auch sie nehmen gegebenenfalls Proben von asbestverdächtigem Material und schicken es in Labore ein, wo es mithilfe von Raster-Elektronenmikroskopen untersucht wird.
Müssen Privatleute vor dem Beginn von Sanierungsarbeiten Asbest-Prüfungen machen?
Nein. Die Leitlinie für Asbesterkundung beinhaltet Empfehlungen und keine gesetzlichen Verpflichtungen für Privatleute. Theoretisch kann man also ohne Prüfung sanieren und das Material normal entsorgen. Mit Rücksicht auf die eigene Gesundheit sind entsprechende Prüfungen aber natürlich sinnvoll. Auch aus Umweltschutzgründen: Denn asbesthaltiges Material muss als Sondermüll in Asbest-Annahmestellen entsorgt werden.
Und was ist mit Handwerksbetrieben?
Die Berufsgenossenschaft Bau beobachtet, dass viele Handwerker Asbest für ein Problem der Vergangenheit halten, weil es bereits 1993 in Deutschland verboten wurde. Da es aber noch weit verbreitet ist, hat ein Arbeitgeber laut der Gefahrenstoffverordnung die Pflicht festzustellen, ob asbesthaltige Materialien vorhanden sind, so der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der Handwerksbetrieb kann den Auftraggeber fragen, ist aber im Zweifelsfall oder bei Unsicherheiten selbst dazu verpflichtet, Materialproben untersuchen zu lassen. Setzen Handwerker bei ihrer Arbeit Asbest frei, weil sie keine Proben genommen haben, müssen sie in der Regel für die aufwendige und teure Sanierung aufkommen.