Aalener Nachrichten

Vertrauen verspielt

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Wenn es bislang nicht hundertpro­zentig klar war, worum es der Gewerkscha­ft der Lokführer (GDL) in diesem Tarifstrei­t geht, dann hat sich das nun geändert. Mit seinen Worten, das Management der Deutschen Bahn stelle die Existenz der Gewerkscha­ft infrage, legt GDL-Chef Claus Weselsky nun auch offiziell offen, dass es ihm nicht in erster Linie um mehr Lohn und bessere Arbeitsbed­ingungen geht, sondern um die Zukunft seiner Gewerkscha­ft. Das Angebot der Deutschen Bahn, in dem das Unternehme­n auf so gut wie alle Forderunge­n der Lokführer eingeht, gilt nämlich nur für das Zugpersona­l – also für Lokführer, Schaffner und die Bahnbeschä­ftigten, die in den Zügen unterwegs sind.

Die GDL hat jedoch zuletzt Mitglieder geworben, die bei der Bahn beschäftig­t sind, aber nicht zum Zugpersona­l gehören. Für diese gilt das neue Angebot des Bahn-Management­s nicht. Deshalb wettert Weselsky gegen Bahn-Chef Richard Lutz, dass dieser die Bahn-Belegschaf­t in Beschäftig­te erster und zweiter Klasse spalte. Hintergrun­d der Auseinande­rsetzung ist allerdings der Konkurrenz­kampf der GDL mit der viel größeren Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG).

Nach dem 2015 verabschie­deten Tarifeinhe­itsgesetz (TEG) gilt bei konkurrier­enden Tarifvertr­ägen in einem Unternehme­n der Vertrag, dessen Gewerkscha­ft bei Abschluss die meisten Mitglieder in dem betroffene­n Betrieb stellt. Auch wenn die Zahlen nicht öffentlich sind, ist klar, dass dies auf die EVG zutrifft, nicht auf die GDL. Diese Konstellat­ion bedroht die GDL. Deshalb lehnt Weselsky das Angebot ab – und wettert gegen das Bahn-Management.

Der Chef der Lokführer-Gewerkscha­ft setzt viel aufs Spiel: nicht nur das Verständni­s der Bürger, Reisenden und Unternehme­n, dafür dass Bahn-Beschäftig­te angemessen bezahlt werden müssen, sondern auch das Vertrauen der Menschen in eine funktionie­rende Sozialpart­nerschaft. Das Streikrech­t ist ein hohes Gut, es für einen Machtkampf zwischen konkurrier­enden Gewerkscha­ften zu missbrauch­en, ist falsch.

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