Hoffnung in Sachen Corona
Kassenärztechef glaubt an Pandemie-Ende im Frühjahr
(dpa) - Viele Menschen fragen sich, ob die Corona-Pandemie irgendwann vorbei sein wird. Nun wagte ein Experte, der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), eine optimistische Prognose. „Ich gehe davon aus, dass im Frühjahr 2022 Schluss sein wird mit Corona“, sagte Andreas Gassen der „Rheinischen Post“. „Bis dahin wird die Impfquote noch einmal etwas höher liegen, vor allem nimmt aber auch die Zahl der Genesenen mit Antikörpern zu.“Einschränkungen seinen dann wohl „gänzlich unnötig“.
Am Donnerstag machte auch Florian Hoffmann, Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Hoffnung in Sachen Impfstoff. „Wir gehen fest davon aus, dass es ab kommendem Jahr Impfstoffe für alle Altersklassen geben wird“, sagte er.
(dpa) – Wie geht es weiter mit der Corona- Pandemie? CharitéVirologe Christian Drosten plädiert mit Blick auf Herbst und Winter für eine Anpassung der Prognosen an die Realität – sonst stünden sie auf dünnem Eis. Kommt das große Aufatmen im Frühjahr, wie derzeit manche sagen?
Im Herbst würden die Infektionszahlen noch einmal steigen, prognostizierte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, am Donnerstag. Die Zahl schwerer Erkrankungen werde allerdings deutlich unter der des vergangenen Winters bleiben. „Ich gehe davon aus, dass im Frühjahr 2022 Schluss sein wird mit Corona.“Doch lässt sich das tatsächlich schon sagen?
In seiner jüngsten Einschätzung im Juli war das Robert-Koch-Institut (RKI) noch optimistisch, dass bei Erreichen bestimmter Impfquoten eine vierte Welle vermieden werden könne. Nach der damals entworfenen Modellierung müssen mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Senioren ab 60 Jahren vollständig geimpft sein, damit eine ausgeprägte neue Welle mit vollen Intensivstationen im Herbst und Winter unwahrscheinlich wird. Das RKI-Papier beruhte allerdings auf damals noch unvollständigen Informationen zur Delta-Variante. Inzwischen liegen verlässliche Daten über die nachweislich erhöhte Übertragung und auch die ansteigende Hospitalisierungsrate
vor. Vor allem aber machte das RKI in dem Modell Annahmen über das Fortschreiten der Impfquote in Deutschland, die schon jetzt nicht mehr zutreffen.
Man müsse die RKI-Analyse nun aktualisieren, sagte Drosten. „Man sollte sich nicht täuschen und durch zu wenig Vorsicht in eine Situation hineinlaufen, die man sich nicht wünscht und die untragbar ist: dass es weitere Lockdowns gibt und die Schulen wieder schließen müssen.“
Aufgrund von Delta könne niemand mehr mit voller Gewissheit sagen, dass selbst bei Erreichen bestimmter Impfquoten eine vierte Welle vermieden werden könne, ergänzte Drosten. Sars-CoV-2 habe sich nun schon mehrmals anders verhalten als zunächst von einem
Coronavirus erwartet. „Alpha und Delta waren absolute Überraschungen.“Mit so massiven Steigerungen der Übertragungsrate habe kein Virologe gerechnet.
„Man kann sich da schon rausimpfen“, sagte Drosten am Donnerstag im Deutschlandfunk. Bisher blieben die deutschen Quoten aber zum Beispiel im Vergleich zu England deutlich zurück. 61 Prozent vollständig Geimpfte reichten überhaupt nicht. „Mit dieser Quote können wir nicht in den Herbst gehen“, sagte Drosten dem Sender.
Für ihn gibt es noch einen wenig beachteten weiteren Faktor bei der Beurteilung des kommenden Pandemieverlaufs: Die Viruslast im Hals von Geimpften bei einer Ansteckung steigt wieder, wenn die Impfung einige Monate her ist. Entsprechend steige mit zunehmendem Abstand zur Impfung das Risiko, dass Geimpfte das Virus an andere weitergeben. Letztlich werde sich unter anderem aus diesem Grund jeder Mensch infizieren.
Stand jetzt sei davon auszugehen, dass es noch einige Jahre lang ein starkes Infektionsgeschehen unter Erwachsenen geben werde, prognostizierte Drosten. Für Geimpfte ohne Risikofaktoren sei das nicht weiter schlimm, weil die Erkrankung bei ihnen dann einer Erkältung ähnele. „Es ist von einem weitgehenden Schutz auch gegen Long Covid durch die Impfung auszugehen“, sagte Drosten. Nicht zu Risikogruppen zählende Kinder würden durch die Infektion selten überhaupt krank.
Der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Florian Hoffmann, rechnet bereits Ende 2021 mit einem Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren. Diese Gruppe werde voraussichtlich eine reduzierte Impfstoffdosis bekommen, sagte der Kinderarzt. „Wir gehen fest davon aus, dass es ab kommendem Jahr Impfstoffe für alle Altersklassen geben wird, sogar zugelassen bis hin zu Neugeborenen.“Die Ständige Impfkommission macht dazu keine Prognosen. Noch gebe es keine neue Studienergebnisse der Hersteller, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens. Er wolle nicht spekulieren.