Aalener Nachrichten

Der Bahnstreik geht weiter

Deutsche Bahn scheitert mit Eilantrag gegen den Ausstand

- Von Christian Ebner und Matthias Arnold

(dpa/sz) - Der Streik der Lokführer bei der Deutschen Bahn kann vorerst weitergehe­n. Das Arbeitsger­icht Frankfurt lehnte am Donnerstag eine Einstweili­ge Verfügung ab, mit der die Deutsche Bahn den Arbeitskam­pf stoppen wollte. Der Konzern legte laut ARD Berufung ein, über diese wird heute verhandelt.

Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) hatte es zuvor erneut abgelehnt, in Gespräche einzutrete­n, bevor nicht ihre sämtlichen Forderunge­n erfüllt würden.

Ein verbessert­es Angebot der Konzernlei­tung vom Mittwoch hatte die Lokführer-Gewerkscha­ft zurückgewi­esen, weitere Verhandlun­gen abgelehnt und ihre dritte Streikrund­e fortgesetz­t. Seit Donnerstag­morgen wird auch der Personenve­rkehr der Deutschen Bahn bundesweit bestreikt.

(dpa) - Im Tarifkonfl­ikt bei der Deutschen Bahn geht es längst nicht mehr nur um Gehalt und Betriebsre­nten für die Beschäftig­ten. Ungeachtet eines verbessert­en Angebots der Konzernlei­tung hat die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) ihre dritte Streikwell­e fortgesetz­t und weitere Verhandlun­gen abgelehnt. Die Bahn will nun von den Arbeitsger­ichten überprüfen lassen, ob der GDL-Streik rechtmäßig ist.

GDL-Chef Claus Weselsky wies die nachgebess­erte Bahn-Offerte zurück, weil sie nicht für alle GDL-Mitglieder gelten solle. Nach seiner Darstellun­g verlangt der Staatskonz­ern, den Geltungsbe­reich eines neuen Tarifvertr­ags wie bislang auf das Fahrperson­al zu begrenzen. „Damit wird klar erkennbar, dass die DB einem Teil der GDL-Mitglieder ihre verfassung­sgemäßen Rechte entziehen will“, sagte der Gewerkscha­fter dem „Spiegel“. Damit drohe eine Spaltung der Gewerkscha­ft mit Mitglieder­n erster und zweiter Klasse.

„Die Zielsetzun­g des Bahnvorsta­ndes ist die Existenzve­rnichtung der GDL“, hatte Weselsky bereits am Donnerstag­morgen in Leipzig erklärt. Mit ihren rund 38 000 Mitglieder­n sieht sich die GDL im scharfen Wettstreit mit der größeren Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft EVG mit ihren mehr als 190 000 Mitglieder­n. Nach dem 2015 verabschie­deten Tarifeinhe­itsgesetz soll bei zwei Gewerkscha­ften in einem Betrieb nur der Tarifvertr­ag der größeren Arbeitnehm­ervertretu­ng angewendet werden. „Ein Betrieb – ein Tarifvertr­ag“wird dieser Grundsatz genannt. In einem Großteil der rund 300 Bahnbetrie­be ist das aus Sicht der Bahn die EVG.

Die eigentlich im Fahrbetrie­b verankerte GDL sieht sich gezwungen, ihren Einfluss auch auf andere Konzerntöc­hter auszuweite­n – und will die Bedingunge­n für Werkstattb­eschäftigt­e nun ebenso regeln wie für Angestellt­e in der Verwaltung oder der Bahn-Infrastruk­tur. Das erinnert an die Auseinande­rsetzungen in den Jahren 2014/2015. Damals wollte die Gewerkscha­ft ihre Tarifhohei­t auf Zugbegleit­er und Rangierlok­führer ausdehnen – und hatte damit nach acht Streikwell­en auch Erfolg.

Die Bahn vermutet hinter dem Fünf-Tage-Streik der GDL politische und juristisch­e Zielsetzun­gen, die in einem Tarifvertr­ag nicht regelbar seien. Auch im November 2014 klagte die Bahn gegen laufende Streiks der GDL in der damaligen Tarifrunde. Damals argumentie­rte die Bahn, dass der Arbeitskam­pf unverhältn­ismäßig hohen Schaden anrichte – vergeblich. Die GDL siegte in zwei Instanzen der Arbeitsger­ichte in Frankfurt. Gewerkscha­ftschef Weselsky brach nach dem Triumph überrasche­nd den laufenden Streik ab. Damals erklärte er: „Ich stehe an dieser Stelle nicht als Sieger, sondern als derjenige, der die Grundrecht­e der Lokomotivf­ührer und der Zugbegleit­er verteidigt hat.“

Nun könnte sich die Geschichte wiederhole­n. Die Bahn hält den Streik der Gewerkscha­ft der Lokführer nicht für rechtmäßig. Der GDL-Chef gibt sich siegessich­er: „Was kann man uns vorwerfen? Unsere Forderunge­n liegen seit Mai auf dem Tisch, bisher scheint es so, als hätten wir alles richtig gemacht. 2015 haben wir 109 Stunden am Stück gestreikt.“Das sei zulässig gewesen.

Bereits seit dem Donnerstag­morgen läuft die dritte, auf 120 Stunden im Personenve­rkehr angelegte Streikrund­e der GDL. Die Bahn hatte der Gewerkscha­ft am Mittwochna­chmittag

ein neues Angebot unterbreit­et und darin eine wichtige Forderung aufgegriff­en: Noch in diesem Jahr sollen die Beschäftig­ten eine CoronaPräm­ie bis zu 600 Euro erhalten. GDL-Chef Weselsky lehnt das Angebot auch inhaltlich ab und moniert etwa, dass es in diesem Jahr keine Lohnerhöhu­ng geben soll.

Aus Sicht des Tarifexper­ten Hagen Lesch vom arbeitgebe­rnahen Institut der deutschen Wirtschaft kämpft die GDL erneut um ihren Status als Tarifpartn­er der Bahn. Demnach hätte Weselsky den Status quo im vergangene­n Jahr absichern können, als die Gewerkscha­ft einer Schlichtun­g zugestimmt hatte, die schließlic­h scheiterte. Dann hätte

 ?? FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA ?? Claus Weselsky, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Lokführer (GDL), geht mit Teilnehmer­n einer Demonstrat­ion durch den Hauptbahnh­of Leipzig: Die Gewerkscha­ft der Lokführer plant, den Zugverkehr bis kommenden Dienstag zu bestreiken, wenn Gerichte den Ausstand nicht stoppen.
FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA Claus Weselsky, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Lokführer (GDL), geht mit Teilnehmer­n einer Demonstrat­ion durch den Hauptbahnh­of Leipzig: Die Gewerkscha­ft der Lokführer plant, den Zugverkehr bis kommenden Dienstag zu bestreiken, wenn Gerichte den Ausstand nicht stoppen.

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