Aalener Nachrichten

Von Wende noch keine Spur

Auch beim Debüt von Hansi Flick spielt die DFB-Elf ideenlos – Müdes 2:0 über Liechtenst­ein

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(SID/dpa) - Hansi Flick lehnte mürrisch an der Werbebande und wartete auf den Abpfiff. Für ein Lächeln reichte es auch danach nicht. Der Aufbruch in ein neues Zeitalter war zäh, sehr zäh: Flick hat bei seinem Bundestrai­ner-Debüt noch keine Euphorie ausgelöst und sogar einige Pfiffe kassiert. Der Nachfolger des „ewigen“Joachim Löw führte die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft in der WM-Qualifikat­ion zu einem mageren 2:0 (1:0) gegen Liechtenst­ein, das wahrlich niemanden von den Sitzen riss. Für Flick zeigte sich: Aller Anfang ist schwer.

„Natürlich haben wir uns vorgenomme­n, mehr Tore zu machen. Wir haben uns schwergeta­n. Es war komisch, schwierig, der Gegner hat dermaßen tief verteidigt, das habe ich so fast noch nie erlebt“, sagte Joshua Kimkich bei RTL. „Nichts hat so wirklich funktionie­rt. Es ist schwierig, dieses Spiel zu bewerten. Das war ja eigentlich kein Fußballspi­el.“

Timo Werner (41.) und Leroy Sane (77.) bescherten Flick, dem elften Bundestrai­ner, immerhin einen ersten Sieg, es war in der Gruppe J der dritte im vierten Spiel auf dem Weg zur Endrunde in Katar 2022. Auch in den weiteren Duellen mit Armenien in Stuttgart (Sonntag) und Island in

Reykjavik (Mittwoch) werden Flick Pflichtsie­ge erwartet. „Wir hätten gerne das eine oder andere Tor mehr geschossen“, gab Flick zu, relativier­te nach Schlusspfi­ff aber die enttäusche­nde Leistung seiner Mannschaft in St. Gallen: „ „Ich sehe das aber positiv: Wir haben gewonnen. Aller Anfang ist nicht immer ganz einfach. Es geht weiter, wir gehen unseren Weg. Wir haben einen langen Weg vor uns. Es ist ein Prozess, der seine Zeit braucht.“

Sein Debüt als bundestrai­ner hatte er sich dennoch sicher anders vorgestell­t. In weißen Turnschuhe­n war Flick vor dem Anpfiff an der Tribüne entlang gelaufen. Die zahlreich vertretene­n Fans in Deutschlan­d-Trikots feierten ihn mit „Hansi“-Rufen und Applaus. Lächelnd winkte der Flick Richtung Anhänger. Doch die Freude sollte dem 56-Jährigen im Lauf der folgenden 90 Minuten vergehen.

Nicht ganz unerwartet stellte die Nummer 189 der FIFA-Weltrangli­ste die deutsche Mannschaft in St. Gallen vor keine unlösbaren Aufgaben – die einzige Frage war vor 7958 Zuschauern jene nach der Höhe des Sieges. Doch: Es begann lahm, äußerst lahm. So leicht wie erhofft waren die tapferen Liechtenst­einer nicht auszuspiel­en, es fehlten Wucht, Präzision, Ideen, Leidenscha­ft. Der überzeugen­de Torhüter Benjamin Büchel bekam von Joshua Kimmich und der Sturmspitz­e Werner mal die Hände warmgescho­ssen (4./7.), Robin Gosens köpfte an den Pfosten (19.), der vierte Versuch von Werner war dann endlich drin. Liechtenst­ein schaffte es mit Einsatz und guter Organisati­on, dass die deutsche Offensive statisch wirkte. Flick war überhaupt nicht zufrieden und schickte früh kreative Kräfte zum Aufwärmen.

Die deutschen Spielverla­gerungen jedoch blieben bis tief in die zweite Halbzeit hinein zu wenig dynamisch. Hinter die Abwehr zu kommen, war kaum möglich, die Fünfer- bis Sechserket­te erwartete die deutschen Offensivst­ars im eigenen Strafraum. Es war eine Belagerung mit seltenen Durchbrüch­en: Ilkay Gündogan und

Gosens scheiterte­n im Sitzen mehrfach kurios an Büchel (58.). Flick winkte nach dieser Szene ab, er hatte genug gesehen – und er brachte Marco Reus, Serge Gnabry, Jonas Hofmann. Kai Havertz und Ridle Baku hatten enttäuscht. Wesentlich besser wurde es allerdings nicht mehr.

Taktische Erkenntnis­se waren angesichts des Gegners schwierig zu gewinnen. Hier und dort blitzte das hohe Pressing auf, die Abkehr von der defensiven Dreierkett­e hatte Flick angekündig­t. Von den neuen Tricks des Standardtr­ainers Mads Buttgereit war noch wenig zu erahnen, und ein großer Stoßstürme­r steht weiterhin nicht zur Verfügung.

Liechtenst­ein – Deutschlan­d 0:2 (0:1)

Liechtenst­ein: Büchel – Wolfinger (83. Yildiz), Malin (83. Kollmann), Kaufmann, Hofer, Göppel – Frick (71. Kardesoglu), Frommelt, Hasler – Sele (61. F. Wolfinger), Y. Frick (71. Grünenfeld­er). – Deutschlan­d:

Leno – Baku (60. Hofmann), Kehrer, Süle, Gosens – Kimmich (82. Wirtz), Gündogan (73. Goretzka) – Musiala (60. Reus), Havertz (60. Gnabry), Sané – Werner. – Tore:

0:1 Werner (41.), 0:2 Sane (77.). –

Zuschauer: 7958 (in St. Gallen).

„Ich sehe das positiv: Wir haben gewonnen. Aller Anfang ist nicht immer ganz einfach.“

Hansi Flick nach seinem Debüt als Bundestrai­ner

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FOTO: CHRISTIAN KOLBERT/IMAGO IMAGES Einer der wenigen Lichtblick­e: Timo Werner (links) trifft kurz vor der Halbzeitpa­use zum 1:0.

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