Nicht eine Schwäche
Roglic dominiert die Vuelta – Zeitfahrsieg als Zugabe
Primoz Roglic stand leise lächelnd im Schatten des mächtigen Kreuzes am Castro de Herville, und die machtlose Konkurrenz verneigte sich vor dem stillen Mentalitätsmonster. Den Frust über das bittere Sturz-Aus bei der Tour de France hat Sloweniens Radstar in Olympiagold und die erneut gnadenlose Dominanz bei der Vuelta verwandelt – eine beeindruckende Willensleistung.
„Ich bin sehr zufrieden“, sagte Roglic am Samstag im Ziel der letzten schweren Bergetappe der 76. Spanien-Rundfahrt. Er freue sich nun auf die finalen Kilometer zum dritten Vuelta-Triumph in Serie, schob er noch kurz nach – ein großer Redner wird der 31-Jährige also nicht mehr. Muss er aber auch nicht, solange er solche Taten sprechen lässt.
Während der drei Wochen dieser ausnehmend schweren Vuelta hat Roglic im schon angestammten Roten Trikot keine signifikante Schwäche gezeigt. Die Angriffe der prominenten Konkurrenten um Giro-Sieger Egan Bernal parierte er stoisch, attackierte dosiert, aber wirksam.
Quasi uneinholbare 2:38 Minuten Vorsprung nahm er daher ins abschließende Zeitfahren am späten Sonntagabend mit – seiner Olympiasieger-Disziplin. Dort feierte er in beeindruckender Manier seinen vierten Tagessieg und überholte kurz vor dem Ziel sogar den zwei Minuten vor ihm gestarteten Spanier Enric Mas (Movistar), immerhin Zweiter der Gesamtwertung. Seine übrigen Rivalen hatten da schon längst achselzuckend kapituliert. „Ganz ehrlich – ich schaue gar nicht mehr auf Primoz“, sagte der drittplatzierte Australier Jack Haig, „er scheint unschlagbar zu sein.“Der bis zuletzt ärgste Rivale, eben Enric Mas, meinte: „Er hat bewiesen, wie stark er ist. Da kann man letztlich nicht mehr machen als zu gratulieren.“
Kennen Sie das olypische Motto? Natürlich werden nun viele rufen: „Dabei sein ist alles!“Doch stimmt das nicht so ganz, auch wenn es landauf und landab als eben solches gebraucht wird. Dabei gibt es für die Spiele der Neuzeit durchaus eine offizielle Devise, die schon seit 1894 lautet: „Citius, altius, fortius“– aus dem Lateinischen übersetzt etwa „Schneller, höher, stärker“, wobei fortius auch als „tapferer“oder „mutiger“stehen kann. Wo wir beim Leistungsgedanken wären, der die Olympischen Spiele von jeher prägt. Die schnellsten Läufer, Werfer, Springer sind die Helden, und Zuschauer und Geschichtsbücher kennen hinterher ohnehin oft nur die Namen der drei Treppchen-Sportler und manchmal die der groß Gescheiterten.
Und nein, an dieser Stelle gibt es keine auch nur halbwegs amüsante Überleitung zum Medaillenspiegel und den Ergebnissen der paralympischen Athleten, dafür ist dieses Thema zu vielschichtig. Es soll aber auch nicht allein die Mär der – unbestritten – tollen Botschaft erklingen, auf die es ausschließlich ankomme. Natürlich zeigen die Spiele eindrucksvoll, zu welchen Höchstleistungen Menschen mit Behinderung fähig sind, schieben das gesellschaftliche Thema Inklusion an – und dennoch muss die Betrachtung gerade daher über diesen Aspekt hinausgehen. Denn längst hat sich der Para-Sport in vielen Bereichen zu einem hochprofessionell ausgeübten Leistungssport entwickelt – von dessen Spitze sich die deutschen Kandidaten aber
Womit wir bei einem anderen prekären Thema wären. Denn Ziele formulieren können nur jene Länder,