Aalener Nachrichten

Abgefahren

Merkel besucht Automesse IAA Mobility – Konzernche­fs fordern mehr grünen Strom – Aktivisten blockieren Autobahnen

- Von Roland Losch und Christof Rührmair

Während rings um München protestier­ende Aktivisten auf den Autobahnen den Verkehr lahmgelegt haben, eröffnete Angela Merkel am Dienstag die IAA Mobility. Und die Kanzlerin staunte nicht schlecht, was aus der vormals einzig dem Auto gewidmeten Messe geworden ist. Mit Interesse begutachte­te die CDU-Politikeri­n ein Elektro-Lastenfahr­rad (Foto: Michaela Rehle/ dpa). Mit Hildegard Müller (links), der Chefin des Verbandes der Automobili­ndustrie, besuchte sie aber auch die Stände der Autobranch­e.

(dpa) - Die Autoindust­rie hat bei der Eröffnung der Automesse IAA Mobility am Dienstag in München deutlich ihre Erwartunge­n an die neue Bundesregi­erung formuliert. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sagte, auf dem Weg zur Klimaneutr­alität sei die Autoindust­rie „vor allen Dingen auch ein zentraler Teil der Lösung“. Die Präsidenti­n des Branchenve­rbandes VDA, Hildegard Müller, forderte die Politik auf, für die richtigen Rahmenbedi­ngungen zu sorgen.

Der Verkehrsse­ktor könne und müsse viel zur Klimaneutr­alität beitragen, „und wir können viel davon hier in München sehen“, sagte die Kanzlerin. Inzwischen sei eine Million E-Autos auf den deutschen Straßen unterwegs, der Trend gehe unübersehb­ar zur E-Mobilität: „Nun haben alle Hersteller alltagstau­gliche Elektrofah­rzeuge in ihrem Programm.“

Das sei bei der letzten IAA in Frankfurt vor zwei Jahren noch anders gewesen. VDA-Präsidenti­n Müller betonte, die Autobranch­e stehe „ohne Wenn und Aber“für das Ziel klimaneutr­aler Mobilität. Aber „schnelles Laden mit Ökostrom ist das A und O für den Wechsel. Ökostrom, von dem immer noch viel zu wenig zur Verfügung steht, um das Ziel der Klimaneutr­alität zu erreichen“, kritisiert­e sie. Auch der Ausbau der Ladeinfras­truktur für E-Autos sei viel zu schleppend: „Hier brauchen wir mehr, viel mehr Tempo – in Deutschlan­d, aber noch mehr in Europa.“

In Deutschlan­d gibt es bislang nur rund 46 000 öffentlich­e Ladepunkte. Gut die Hälfte des Stroms wird mit Kohle, Gas und Atomkraft erzeugt.

Auch VW-Konzernche­f Herbert Diess forderte mehr Tempo beim Ausbau von Wind- und Sonnenener­gie: „Es kann sehr viel mehr gegen den Klimawande­l getan werden.“Daimler-Chef Ola Kälennius sagte, Elektrifiz­ierung sei der Hauptweg, aber der Aufbau von Ladesäulen müsse mithalten. Von der nächsten Regierung erwarte er hohe Ziele in der Klimapolit­ik, aber gepaart mit „ähnlich hohen Ambitionen in der Wirtschaft­spolitik“.

Merkel räumte ein, bei den Ladesäulen „müssen wir noch besser werden“. Das gelte europaweit. Zum fehlenden Ökostrom äußerte sie sich nicht.

VDA-Präsidenti­n Müller warnte auch davor, die Unternehme­n mit ihren 800 000 Beschäftig­ten beim Wandel zu überforder­n: „Noch höhere Steuern, noch höhere Abgaben, noch höhere Energiekos­ten sind der falsche Weg, um die Kräfte der Wirtschaft freizusetz­en.“

Merkel sagte, die Arbeitsplä­tze ließen sich nicht in Deutschlan­d halten, wenn die Rahmenbedi­ngungen nicht stimmten. „Das wird auch eine Diskussion sein auf der europäisch­en Ebene. Und deshalb ist es für unsere Zukunft ganz entscheide­nd, dass wir die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit unserer Wirtschaft erhalten“, betonte die Kanzlerin.

Merkel lobte das neue Messekonze­pt, Mobilität vernetzt zu denken. „Wenn ich mich hier umsehe, bin ich fest überzeugt, dass die Transforma­tion zur Klimaneutr­alität für unser Land und für unsere Automobili­ndustrie

ein Erfolg wird.“

Rund um München protestier­ten Umweltakti­visten am Dienstag auf Autobahnen, seilten sich von Brücken ab und überklebte­n Schilder. Die Fahrbahnen wurden zeitweise gesperrt. Greenpeace und andere Umweltgrup­pen kritisiere­n die IAA Mobility als eine Autoschau mit grünem Anstrich. Für Freitag sind weitere Blockaden angekündig­t. Zu Demonstrat­ionen zum IAA-Abschluss am Samstag werden Zehntausen­de Teilnehmer erwartet.

VDA-Präsidenti­n Müller sagte: „Unser Angebot zum Dialog steht. Gewalt und Nötigung lehnen wir ab.“Zur Klimaneutr­alität führten viele Wege. Das gelte für die Verkehrsmi­ttel wie für die Antriebsfo­rmen.

Die Corona-Pandemie hat das Interesse an der IAA gebremst – die Veranstalt­er sehen es schon als Erfolg, dass sie überhaupt stattfinde­n kann. Alle Besucher und Aussteller müssen genesen, geimpft oder getestet sein.

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FOTO: BALK/DPA Ein Aktivist hängt bei einer Bannerakti­on an einer Schilderbr­ücke über der Autobahn A 9.

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