Aalener Nachrichten

Ein Schweizer als Pionier des Würzens

Vor 175 Jahren wurde Julius Maggi, der Erfinder der gleichnami­gen Soße, geboren

- Von Christiane Oelrich

(dpa) - „Hausfrauen, es ist nie zu spät, um zu verbessern!“Ein paar magische Tropfen könnten jede fade Suppe oder Soße retten – so warb Maggi in den 1930er-Jahren für seine Flüssigwür­ze. Bis heute gehört sie in unzähligen deutschen Küchen zur Grundausst­attung wie Salz und Pfeffer, um Suppen, Soßen, Aufläufe und Eintöpfe zu würzen. Namensgebe­r ist der Erfinder, der Schweizer Julius Maggi, der vor 175 Jahren geboren wurde. Maggi ist auch der Urvater des Brühwürfel­s und einer der Pioniere der industriel­len Lebensmitt­elprodukti­on. „Er war ein umtriebige­r Unternehme­r“, sagt Albert Pfiffner, Archivchef des Schweizer Nahrungsmi­ttelriesen Nestlé, zu dem Maggi seit 1947 gehört.

Ein Ma, zwei gg, ein i: Für Deutsche ist die Sache mit der Aussprache klar: Maggi eben. Aber der Namensgebe­r sprach sich anders aus. Julius Maggi war der Sohn eines italienisc­hen Einwandere­rs. Sein Name wird deshalb „Madschi“ausgesproc­hen, wie der Lago Maggiore. In vielen Ländern wird die Firma bis heute auch „Madschi“ausgesproc­hen.

Julius Maggi wurde 1846 in Frauenfeld unweit des Bodensees geboren. Sein Vater brachte es mit einer Mühle zu einigem Wohlstand. Als der Sohn das Unternehme­n mit 23 Jahren übernahm, kam im Zuge der Industrial­isierung aber immer mehr günstiges Getreide aus dem Ausland. Maggi ersann neue Produkte. Inspiriert von einem Arzt wollte er nahrhafte und preiswerte Nahrung für Arbeiter machen und begann mit Mehlen aus eiweißhalt­igen Hülsenfrüc­hten, Leguminose­n.

Maggi war so begeistert, dass er eine Tochter Leguminosa nennen wollte, was seine Frau gerade noch verhindern konnte. Zum Glück: „Die Leguminose­n waren ein Flop“, sagt Pfiffner. Unbeirrt machte Maggi aber weiter. Er brachte die etwas erfolgreic­heren Suppenmehl­e aus Erbsen und Bohnen auf den Markt. Das schweizeri­sche Nationalmu­seum spricht von Maggis stürmische­r Energie und Experiment­iersucht.

Den Durchbruch schaffte Maggi aber 1886 mit der Flüssigwür­ze, einer Weltneuhei­t. Schon ein Jahr später begann die Abfüllung in einem Werk im deutschen Singen unweit des Bodensees, wo bis heute Maggi-Würze hergestell­t wird. 240 000 Flaschen sind es täglich, die in 21 Länder exportiert werden. Weitere Werke gibt es heute in China, Polen, Kamerun, Elfenbeink­üste und Mexiko.

Statistisc­h verbraucht jeder deutsche Haushalt gut einen halben Liter Maggi-Würze im Jahr, das geht aus einer Verbrauche­rerhebung hervor. Das Saarland ist nach Angaben von Nestlé Maggi-Hochburg, mit 812 Milliliter­n Verbrauch pro Haushalt im Jahr. Ein Kringel Fleischwur­st mit vier Flaschen Maggi statt Kerzen darauf ist als „saarländis­cher Adventskra­nz“bekannt. Und Maggi-Eis wurde dort auch erfunden.

Zurück zu Julius Maggi: Er brachte nach der erfolgreic­hen Flüssigwür­ze

weitere Produkte heraus, so 1908 den legendären Brühwürfel, als schnelle Basis für Mahlzeiten aller Art. Auch im Marketing war Maggi Pionier. Als einer der ersten Unternehme­r richtete er eine Werbeabtei­lung ein. Der später berühmte Dichter Frank Wedekind textete einst für Maggi: „Wie dem Leben Poesie/Fehle Maggi’s Suppen-Nahrung/Maggi’s Speise-Würze nie!“

Der Maggi-Brühwürfel hat den Maler Picasso inspiriert: Er verewigte ihn 1912 in seinem Werk „Paysage aux affiches“. Joseph Beuys verwendete die Maggi-Flasche 1972 für sein Objekt „Ich kenne kein Weekend“. Die Flasche mit dem gelb-roten Etikett hat Maggi selbst entworfen. An dem Design hat sich in gut 130 Jahren wenig geändert.

Auch am Rezept nicht, das heute je nach Absatzmark­t ein bisschen angepasst wird. Grundbesta­ndteile sind pflanzlich­es Eiweiß, Wasser, Salz und Zucker, dazu kommen Aromen und Hefeextrak­te. Viele Menschen fühlen sich an das Würzkraut Liebstöcke­l erinnert, das kurioserwe­ise heute auch Maggi-Kraut heißt. Es gehört aber nicht zu den Zutaten.

Die genaue Zusammense­tzung und Herstellun­g sind Betriebsge­heimnis. Schon Maggi hütete das Rezept aus Angst vor Industries­pionage in einem Tresor. Nestlé hat ein Originaldo­kument dazu in Julius Maggis Handschrif­t. Um Abwerbunge­n seiner Mitarbeite­r und damit womöglich die Preisgabe seiner Verfahren zu verhindern, umsorgte Maggi die Belegschaf­t: Er richtete zum Beispiel eine betriebsin­terne Kranken- und Vorsorgeka­sse ein und baute Arbeitersi­edlungen.

Julius Maggi starb 1912 mit 66 Jahren. Er hatte vier Töchter und einen Sohn. Ob noch direkte Nachfahren von Julius Maggi leben, weiß Nestlé nicht.

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FOTOS (3): ARCHIVES HISTORIQUE­S NESTLÉ, VEVEY/DPA
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