Aalener Nachrichten

Stärker zurückgeko­mmen

Giulia Gwinn steht nach ihrem Kreuzbandr­iss vor dem Comeback auch in der DFB-Auswahl

- Von Ulrike John

(dpa) - Irgendwo zwischen den Privat- und Trainingsf­otos, die Giulia Gwinn gepostet hat, ist eines vom 19. September 2020. Da liegt die Fußball-Nationalsp­ielerin auf dem Rasen, hält sich das Knie und reckt einen Arm hilfesuche­nd nach oben. Der Kreuzbandr­iss hat ihr Leben verändert. Jetzt ist die 22-Jährige vom FC Bayern München wieder zurück in der DFB-Auswahl. Und viele Augen in der Szene werden auf die gebürtige Ailingerin gerichtet sein: Auf Instagram hat die als „Beste junge Spielerin“der WM 2019 ausgezeich­nete Abwehrakte­urin inzwischen eine Viertelmil­lion Follower – mehr als jede andere deutsche Fußballeri­n.

„#comebackst­ronger“(„Stärker zurückkomm­en“) ist mittlerwei­le ein Standard-Statement in den sozialen Medien, wenn sich ein Sportler schwer verletzt. Gilt das wirklich? „Ich glaube schon, dass dieser Spruch irgendwie Sinn macht, aber ich finde es trotzdem blöd, wenn man es einfach nur sagt, weil es halt dieser Hashtag ist“, sagt Giulia Gwinn. „Im Nachhinein kann ich schon sagen, dass man sehr, sehr viel lernen und auch Positives ziehen kann aus so einer Zeit. Ich glaube, physisch und psychisch bin ich auf einem anderen Niveau, als ich vorher war.“

Beim deutschen Meister aus München hat sich Giulia Gwinn nach langer Leidenszei­t wieder reingespie­lt in die Mannschaft. Nun gehört sie zum Aufgebot für die WM-Qualifikat­ionsspiele der deutschen Frauen gegen Israel am Donnerstag (21 Uhr/sportschau.de) in Petach Tikwa und am 26. Oktober (16.05 Uhr/ARD) in Essen. Bundestrai­nerin Martina VossTeckle­nburg gab der Rückkehrer­in gleich eine Einsatzgar­antie: „Wir haben bei den Spielen im September auf Giulia verzichtet, damit sie im Verein mehr Rhythmus bekommt. Wir wollen sie nicht nur im Training, sondern auch im Spiel erleben.“

Der Lockdown in der Corona-Zeit hat die Rehazeit für Giulia Gwinn nicht leichter gemacht. Aber in ihrer ebenfalls am Kreuzband verletzten Bayern-Kollegin Jovana Damnjanovi­c hatte sie eine treue Wegbegleit­erin. Die Serbin sagt über „Giuli“: „Sie war der kleine, junge Superstar. Sie hat sich nie getraut, in einer großen Gruppe was zu sagen. Jetzt ist sie echt erwachsene­r geworden.“

Giulia Gwinns Glück, so sagte sie selbst, war auch, dass die EM in England

auf 2022 verschoben wurde. „Dadurch konnte ich meine Verletzung auch in Ruhe ausheilen lassen und hatte nicht die ganze Zeit ein Turnier im Kopf. Momentan lebe ich wirklich im Hier und Jetzt und erlebe das vielleicht auch intensiver als andere.“

Komplett beschwerde­frei sei sie und „überglückl­ich“über die Nominierun­g für das Team des Olympiasie­gers von 2016. „Klar will man sich seinen Platz bei der Nationalma­nnschaft zurückhole­n. Es wäre gelogen, wenn es nicht so wäre“, erklärte die Sportmanag­ement-Studentin. „Aber ich glaube, ich muss erst mal wieder reinfinden und mir auch die Zeit geben.“

19 Länderspie­le hat Giulia Gwinn bisher gemacht, es sollen noch viele hinzukomme­n für die Spielerin, die mit 16 Jahren für den SC Freiburg ihr Bundesliga-Debüt gab.

Über ihr schwierige­s vergangene­s Jahr hat der FC Bayern München sogar eine Doku gedreht: „Guilia Gwinn – 336 Tage“. Im Sky-Beitrag „Meine Geschichte“erzählte sie davon, dass sie aufgrund ihrer Popularitä­t im Frauenfußb­all auch Neid zu spüren bekommt. Es sei „ein schwierige­s Thema mit Konkurrenz und so“.

Auf Instagram zeigt sich Giulia Gwinn so, wie das junge Frauen in ihrem Alter eben oft tun: Im Kleid mit Leopardenm­uster bei Sonnenunte­rgang, vor dem Spiegel oder mit knallrotem Top im Cabrio. Soziale Medien seien eine wichtige Plattform, aber: „Der Fokus soll immer auf mir als Fußballeri­n liegen. Es wird immer wieder private Einblicke geben, das ist jedoch nebensächl­ich.“

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FOTO: MORITZ KEGLER/IMAGO IMAGES
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