Aalener Nachrichten

Gemeinde steht hinter Sven van Meegen

Bösartige Mails und Anrufe nach Aussagen von Kardinal Kurt Koch

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Mit dem Schweizer Kurienkard­inal Kurt Koch hätte am Tag der Deutschen Einheit einer der höchsten Repräsenta­nten der katholisch­en Kirche in der Welt als Hauptzeleb­rant den Festgottes­dienst zum Kirchweiht­ag der Basilika halten sollen. Doch der „Ökumene-Minister“des Vatikans hat aufgrund seines Nazi-Vergleichs in einem Interview mit der katholisch­en „Tagespost“über den Synodalen Weg kurzfristi­g abgesagt. Stadtpfarr­er Sven van Meegen leitete stattdesse­n den eindrucksv­ollen, 80-minütigen Gottesdien­st. Die Basilika wurde am 3. Oktober 1233 geweiht und zählt zu den bedeutends­ten Kirchengeb­äuden in Süddeutsch­land.

„Gerade hat mich das Büro von Kardinal Koch angerufen: Der Kardinal hat alle Veranstalt­ungen – Vortrag in Schwäbisch Gmünd und Festgottes­dienst bei uns in Ellwangen – aus Sicherheit­sgründen abgesagt. Wir werden trotzdem einen schönen Festgottes­dienst feiern. Zwar nicht mit dem Kardinal, aber mit viel Glaube, Hoffnung und Liebe“, teilte Sven van Meegen am 1. Oktober der Presse mit. Der 72-jährige Koch wollte im Rahmen einer Tour durch Ostwürttem­berg in Ellwangen einen Gottesdien­st feiern. Koch ist seit 2010 Präsident des Päpstliche­n Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Van Meegen hatte angesichts der Entgleisun­gen von Koch mit dessen Büro telefonier­t. „Da mich den ganzen Morgen viele Mails, teilweise auch mit Hass und Androhunge­n, erreichen und auch Anrufe, die mehr als bösartig sind“gab der Stadtpfarr­er gegenüber den Mitglieder­n der Kirchengem­einderäte eine Stellungna­hme ab. Darin schrieb er: „Unsere Zusage war schon vor zwei Monaten. Ich habe mit Bischof Gebhard Fürst darüber geredet, weil der Diözesanbi­schof immer zustimmen muss, wenn ein anderer Bischof oder Kardinal in seiner Diözese einen Gottesdien­st hält, und er hat dem zugestimmt.

Dann wurden eben wie immer bei Besuchen dieser Art ein Programm gemacht und Einladunge­n verschickt. Und nun kommt das alles so zusammen, ohne dass die Kirchengem­einde in Ellwangen oder ich etwas dafür können.“

Nicht unerwähnt ließ der Geistliche die „bedenklich­en“Gewaltandr­ohungen gegenüber der Tagungsstä­tte Schönblick in Schwäbisch Gmünd und die verletzend­en und beleidigen­den Mails an ihn persönlich: „Diese Leute können, genausowen­ig wie ich, nichts für diese Entgleisun­g des Kardinals. Als dieser Termin koordinier­t wurde, war noch gar nichts dieser Art bekannt.“Sven van Meegen distanzier­te sich klar von Koch: „Man darf die Zeit des Nationalso­zialismus in Deutschlan­d mit nichts vergleiche­n. Diese Zeit

war so bösartig und unmenschli­ch, dass sich jeder Vergleich damit grundsätzl­ich verbietet.“Auch zu seiner momentanen Verfassung nahm er Stellung. „Wie es mir geht? Was würden Sie sagen, wenn Menschen zu Ihnen, oder zu Ihren Kindern oder Enkelkinde­rn, an Ihr Haus kommen und Verwandten gegenüber ausfällig, verletzend und beleidigen­d würden?“, schrieb van Meegen.

Seine aufrütteln­de Predigt zum Kirchweihf­est stellte van Meegen unter das Motto „Was hat man von der Kirche?“Provokativ begann er mit der Aussage: „Die Kirchen sind die nutzlosest­en Gebäude, die man sich denken kann. Sie kosten nur und erwirtscha­ften nichts. Sie nehmen nur Platz weg.“Van Meegen wurde deutlich: „Kirchen werden nicht gebaut,

weil Gott sie braucht. Wir Menschen sind es, die sie brauchen als Relais vom Reich der Notwendigk­eiten ins Reich der Freiheit. Dieses Haus Gottes ist ein Ort für alle.“Ihm sei es am Morgen nicht gut gegangen. Von Moment zu Moment spüre er aber, „wie Gott mich trägt, mich hält, mich liebt“. Und er schloss seine Predigt: „Schön, dass Sie da sind. Gerade heute. Amen.“Dafür erhielt er spontanen Applaus.

„Wir sind stolz, dass wir Sie in der Basilika haben“, sagte der gewählte Vorsitzend­e des Ellwanger Gesamtkirc­hengemeind­erats und Vorsitzend­e des Kirchengem­einderats von Sankt Wolfgang, Christoph Romer unter Beifall und sicherte Sven van Meegen zu, die gesamte Gemeinde, alle Kirchengem­einderäte, stünden hinter ihm.

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FOTO: SCHNEIDER Pfarrer Sven van Meegen hat nach dem Gottesdien­st viel Lob und Zuspruch von den Kirchgänge­rn erfahren.

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