Insekten-Mehl kommt nicht in die Tüte
Der Aalener Fabian Greif appelliert in einem Brief an 40 Bäckereien, keine Grillen oder Käfer zu verarbeiten
- Dass laut EU Hausgrillen, Mehlwürmer, Wanderheuschrecken und Getreideschimmelkäfer in Lebensmitteln wie Mehl, Nudeln oder Brot landen dürfen, stößt vielen Verbrauchern sauer auf. Auch dem Aalener Fabian Greif ist das ein Graus. Mit einem Schreiben hat sich der Aalener jetzt an rund 40 Bäckereien in der Region Ostwürttemberg gewandt, um auf die Thematik aufmerksam zu machen. In seinem Brief appelliert der 30-Jährige, weiterhin auf ungezieferfreie Ware zu achten oder die Verbraucher zu informieren, wenn sie Insekten in ihren Backwaren verarbeiten.
Fabian Greif ist die EU-Durchführungsverordnung ein Dorn im Auge. Wenn Menschen in Asien eine gegrillte Grille essen wollen, sei das das Eine, wenn aber solche Insekten in Form vom pulverisiertem Chitin in Lebensmittel gemischt werden, sei das das Andere. Es könne nicht sein, dass künftig ein Produkt auf der Vorderseite als vegan angepriesen werde, und nur auf der Rückseite im Kleingedruckten die enthaltenen Inhaltsstoffe auf der Zutatenliste genannt werden müssten. Menschen, die auf Fleisch oder gänzlich auf tierische Produkte verzichten möchten oder Allergiker, die auf Chitin reagieren, hätten ein Recht darauf, dass Insekten-Lebensmittel als solche klar gekennzeichnet sind.
Der 30-Jährige ist weder Veganer noch Allergiker. Er finde die „heimliche“Beimischung von Insekten einfach nur ekelhaft, sagt er. Auch im Namen seiner Freunde und Bekannten hat er ein Schreiben verfasst, das er vergangene Woche an rund 40 Bäckereien in der Region Ostwürttemberg versandt hat. Auch „Global Player“wie Aldi Süd oder die SB-Bäckerei Backwerk waren unter den Adressaten.
„Ich hätte auch Chipshersteller anschreiben können“, sagt Fabian Greif, dem es wichtig ist, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Doch seiner Ansicht nach seien gerade die Bäcker und Konditoren diejenigen, die vor Ort sind und zu denen der Bürger einen Bezug habe. Überdies hätten diese seiner Ansicht nach noch eine gewisse „Marktmacht“und könnten über die Bäckerinnung gegenüber der EU einen „Kontrapunkt“setzen.
Auf sein Schreiben habe er bereits Rückmeldungen erhalten. Unter anderem von Paul Gnaier, dem Geschäftsführer der Bäckerei Gnaier mit Hauptsitz in Heidenheim, der auch
im Ostalbkreis, genauer gesagt in Aalen, Fachsenfeld, Oberkochen und Essingen, vier von insgesamt 26 Filialen betreibt.
„In unseren Backwaren werden keine gemahlenen Hausgrillen oder andere Insekten verarbeitet. Und wir werden das auch in Zukunft nicht tun. Vielmehr wollen wir das Reinheitsgebot unserer Ware erhalten“, sagt er im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten/ Ipf- und JagstZeitung“. Diese Nachricht hat er auch auf der Facebookseite des 100 Jahre alten Betriebs gepostet. Wie viele Bäcker tut er das mit einem gelben Logo der Deutschen Innungsbäcker und einer durchgestrichenen Heuschrecke. Sicher ist sich Gnaier, dass sein Zulieferer dieselbe Ansicht vertritt und er weiterhin mit insektenfreiem Mehl beliefert wird.
Das ganze Thema ist für Erwin Angstenberger, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei in Wasseralfingen, durch die Medien aufgebauscht worden. Deshalb seien viele Bürger verunsichert. Er könne sich nicht vorstellen, dass regionale Bäcker auf den EU-Zug aufspringen und Insekten in Brot, Brezeln und Co. verarbeiten. In seinem Betrieb komme das jedenfalls
nicht in die Tüte. Schon allein deshalb, weil er seine Backwaren auch selbst essen möchte. Abgesehen davon sei Insekten-Mehl um ein Vielfaches teurer. Damit müssten dann auch die Preise für Backwaren angehoben werden.
Keinen Grund, seine Rezepturen und die dazugehörigen Produkte zu verändern, gibt es für Harry Ulrich, den Inhaber der Aalener Konditorei Ammann. Insofern müsse auch kein Kunde Angst davor haben, dass er in seinen Produkten Insekten verarbeite.
Dasselbe gilt für Karl-Heinz Stollenmeier, der in Hüttlingen, Fachsenfeld und Abtsgmünd Bäckereien betreibt. „Wir sind doch nicht im Dschungelcamp“, sagt er und bricht eine Lanze für den Handwerksberuf. „Bäckereien sind keine Massenbetriebe, sondern leben von guter verkaufter Qualität.“Zu dieser würden Produkte aus Insekten nicht beitragen.
Was für einen Nutzen Insekten in Lebensmitteln haben sollen, erschließt sich auch Wolfgang Schieber, dem Inhaber der gleichnamigen
Konditorei und des Cafés am Aalener Spritzenhausplatz, nicht. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Produkte dadurch qualitativ besser würden oder sich leichter verarbeiten ließen. Angesichts der EU-Durchführungsverordnung und der Gefahr, dass Insekten in Produkten beigemischt sein könnten, werde er jetzt bei Bestellungen bei Lieferanten ein Augenmerk darauf haben. Das gelte nicht für das herkömmliche Mehl, das er aus der Region beziehe, sondern vielmehr bei Produkten wie Schokolade.
„ Bäckereien sind keine Massenbetriebe, sondern leben von guter verkaufter Qualität“, sagt Karl-Heinz Stollenmeier.