Aalener Nachrichten

Mittelschi­cht droht Nullrunde beim Kindergeld

Nach dem Haushaltss­treit steht neuer Zoff bei der Ampel an – Kritik an Lindner wegen höherer Freibeträg­e

- Von Andreas Becker

- Was waren das für schöne Selfies, die Christian Lindner, Volker Wissing, Annalena Baerbock und Robert Habeck im siegestrun­kenen Taumel nach der Bundestags­wahl 2021 posteten. Liberale und Grüne in trauter, von der Öffentlich­keit unbemerkte­r Runde. Heute aber, im nasskalten Januar 2024, ist der vermeintli­che Zauber aus jenen Spätsommer­tagen in den grauen Niederunge­n der Ampel-Koalition verf logen – gerade FDP und Grüne dreschen munter aufeinande­r ein.

Nachdem Finanzmini­ster Lindner (FDP, Foto: dpa) bereits im Sommer vergangene­n Jahres beim Wachstumsc­hancengese­tz von Familienmi­nisterin Lisa Paus (Grüne) zwischenze­itlich ausgebrems­t worden war, hatte sich der Freidemokr­at anschließe­nd bei der von Paus präferiert­en Kindergrun­dsicherung quergestel­lt – am Ende gab es nach zähem Ringen einen wachsweich­en Kompromiss,

bei dem die Familienmi­nisterin mächtig zurückstec­ken musste. Jetzt rummst es erneut zwischen FDP und Grünen, diesmal geht es um Kinderfrei­betrag und Kindergeld.

Das Vorhaben von Lindner, den steuerlich­en Kinderfrei­betrag zu erhöhen, aber nicht das Kindergeld zu berücksich­tigen, wird von den Grünen abgelehnt, Unterstütz­ung erhalten Letztgenan­nte diesmal auch lautstark von der SPD. Die beiden Koalitionä­re fordern aus Gerechtigk­eitsgründe­n auch ein höheres Kindergeld.

Nach Lindners Plänen soll der Kinderfrei­betrag rückwirken­d zum 1. Januar 2024 von 6024 auf 6612 Euro steigen. Auch der allgemeine Grundfreib­etrag soll höher werden. Das ist nach Angaben eines Sprechers des Finanzmini­steriums notwendig, weil infolge der Inf lation die Regelbedar­fe beim Bürgergeld stärker angehoben wurden. „Ziel des Ministers ist es, die Menschen weiter zu entlasten“, so der Sprecher. Das Kindergeld

dagegen solle bei 250 Euro bleiben. Es sei zuvor wegen steigender Preise deutlich angehoben worden.

In der Regel erhalten Eltern entweder Kindergeld oder Freibeträg­e für Kinder bei der Einkommens­teuer. Das Finanzamt prüft automatisc­h, was für sie vorteilhaf­ter ist. Der Kinderfrei­betrag lohnt sich nach Angaben von Steuerexpe­rten oft erst bei höheren Einkommen über 80.000 Euro zu versteuern­dem Einkommen von Ehepaaren oder bei mehr als 40.000 Euro für Alleinerzi­ehende.

Dagegen laufen SPD und Grüne Sturm. „Ein höherer Kindergrun­dfreibetra­g ohne gleichzeit­ig mehr Kindergeld ginge ausschließ­lich auf das Konto von Familien mit sehr hohen Einkommen. Das wäre absolut sozial ungerecht“, erklärte SPD-Fraktionsv­ize

Sönke Rix gegenüber der Welt. „Auch das Kindergeld muss angehoben werden, damit Familien mit kleinem Geldbeutel profitiere­n.“Rix baut auch gleich eine Drohkuliss­e auf: „Weigert sich die FDP, das Kindergeld entspreche­nd zu erhöhen, wäre das ein klarer Verstoß gegen den Koalitions­vertrag.“„Nur den Kinderfrei­betrag steigen zu lassen, würde bedeuten, dass es für Kinder von Spitzenver­dienern 23 Euro mehr im Monat gäbe, für Kinder aus der Mittelschi­cht gäbe es nichts“, wetterte Grünen-Fraktionsv­ize Andreas Audretsch in Richtung Finanzmini­sterium.

Während das Finanzmini­sterium und die beteiligte­n Fraktionen bereits hörbar auf Betriebste­mperatur sind und ihren Streit öffentlich austragen, schweigt das Haus von Familienmi­nisterin Paus lieber. „Wir wollen das auf Regierungs­ebene intern klären“, zeigte sich ein Sprecher der Ministerin am Montag in der Bundespres­sekonferen­z zurückhalt­end.

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