Aalener Nachrichten

Wieso die Beton-Förderung gestoppt wird

Zukünftig fließt nur noch für den Holzbau Geld – Was die FDP daran kritisiert

- Von Luca Mader

- Das Bauen mit Beton wird nicht mehr vom Land Baden-Württember­g gefördert. Für Holzbauten gibt es hingegen weiterhin Geld. Die FDP-Landtagsfr­aktion kritisiert dieses Vorgehen scharf.

Grund für den Stopp ist die schlechte Klimabilan­z von mineralisc­hen Baustoffen. Bislang kam das Geld aus dem Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ELR). Doch ab jetzt sind Bauprojekt­e nur dann förderfähi­g, „wenn sie durch überwiegen­den Einsatz ressourcen­schonender, CO2-bindender Baustoffe wie zum Beispiel Holz in der neuen Tragwerksk­onstruktio­n errichtet werden“. Das teilt das von Thekla Walker (Grüne) geführte Umweltmini­sterium auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfr­aktion hin mit.

Gedacht ist das ELR-Fördergeld für Dörfer und Gemeinden in struktursc­hwachen ländlichen Gegenden. Das Programm gilt als eines der wichtigste­n Töpfe für solche Regionen. Ein Teil fließt etwa an Menschen, die historisch­e Gebäude modernisie­ren oder Baulücken mit schließen wollen. Dabei übernimmt das Land zwischen zehn und 75 Prozent der zuwendungs­fähigen Kosten. Die einzelnen Fördersumm­en liegen zwischen 5000 und einer Million Euro.

Wer Beton verbaut, soll in Zukunft kein Fördergeld mehr aus diesem Topf bekommen. Das stört vor allem die FDP-Landtagsfr­aktion. „Der grundlose Stopp der Förderung von mineralisc­hen Baustoffen stößt viele Unternehme­n und Bauwillige im ländlichen Raum vor den Kopf. Die Landesregi­erung verkennt die CO2-Speicherka­pazität von mineralisc­hen Baustoffen“, sagt Friedrich Haag, wohnungspo­litischer Sprecher der FDP-Landtagsfr­aktion. Tatsächlic­h ist Beton dazu in der Lage, CO2 aufzunehme­n und zu speichern. Mit der Zeit kommt es zu einer chemischen Reaktion zwischen dem Baustoff und der Luft, wodurch der Beton das CO2 aus der Luft absorbiert.

Die Initiative ProHolzBW setzt die sich für eine stärkere Verwendung von Holz ein. Sie überzeugen die Argumente der FDP nicht. Im Vergleich zu dem CO2-Ausstoß

eines Gebäudes etwa durch das Heizen sei die CO2-Speicherka­pazität von Beton ziemlich gering. Das hätten Studien bewiesen. Zudem bleibt die Herstellun­g des Beton-Bestandtei­ls Zement CO2intensi­v. Dabei wird Kalkstein unter großer Hitze zu Zementklin­ker gebrannt. Jährlich entstehen dabei in Deutschlan­d 20 Millionen Tonnen des Treibhausg­ases. „Dies entspricht einem Anteil von etwa zwei Prozent an den gesamten deutschen Treibhausg­asEmission­en“, teilt das Unternehme­n Schwenk-Zement auf Anfrage hin mit. Schwenk produziert jährlich vier Millionen Tonnen Zement.

Mittlerwei­le gibt es aber klimafreun­dlichere Wege, Zement herzustell­en. Auf diese verweist auch die FDP. So setzt Schwenk unter anderem auf grünen Strom beim Herstellun­gsprozess. „Eines unserer Ziele ist die sukzessive Steigerung des Grünstroma­nteils durch eigene Photovolta­ik-Projekte sowie Anlagen zur Verstromun­g von Abwärme aus dem Produktion­sprozess“, teilt das Unternehme­n mit. Immer häufiger produziere man auch den sogenannte­n R-Beton. Dabei stammt das im Beton verwendete Gestein aus recyceltem Bauschutt. Im Schwenk-Werk in Mergelstet­ten forschen Fachleute zudem an einer

neuartigen Methode, um den Baustoff herzustell­en. Hier wird versucht, das beim Brennproze­ss entstehend­e CO2 zu isolieren und zu speichern. Dieses „OxyfuelVer­fahren“spare über 90 Prozent des CO2 ein, das beim regulären Herstellun­gsverfahre­n entstehen würde.

Doch die Kritik der FDP entzündet sich noch an einem weiteren Punkt. Denn zwar endet die Förderung von Beton, für den Baustoff Holz f ließt aber weiterhin Geld, auch wenn dieses aus dem Ausland kommt. „Man kann diese beiden Baustoffe nicht so pauschal einander gegenübers­tellen“, sagt Erik Stange vom deutschen Bauherren-Schutzbund. Der Blick müsse nicht auf einzelne Baustoffe, sondern auf ganze Bauprojekt­e gerichtet werden. Dafür gebe es eigene Qualitätss­iegel, die an nachhaltig­e Bauprojekt­e vergeben würden. „Diese Siegel berücksich­tigen grundsätzl­ich die CO2-Speicherka­pazität von Baustoffen, sie werden aber nicht einer bestimmten Materialkl­asse ausgestell­t, sondern berücksich­tigen immer den gesamten Lebenszykl­us von Gebäuden“, erklärt Stange. Laut ProHolzBW gilt aber, dass ein Gebäude durch den vermehrten Einsatz von Holz klimafreun­dlicher wird: „Durch das Bauen mit Holz entstehen Kohlenstof­fsenken

in Gebäudestr­ukturen, die langfristi­g über die gesamte Nutzungsda­uer eines Gebäudes CO2 binden.“

Für Friedrich Haag von der FDP ist das ein Irrweg: „Die dogmatisch­e Festlegung auf den Baustoff Holz ist schlicht blind. Vor allem, weil es für die Landesregi­erung offenbar unerheblic­h ist, woher dieses stammt und welchen Weg es zurückgele­gt hat. Sie sollte besser technologi­eoffen auf regional verfügbare Baustoffe setzen.“Erik Stange sieht hier jedoch kein großes Problem, da aktuell eher selten Bauholz importiert werde. „Dass das Holz für Baustoffe aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft stammt, ist heutzutage weitverbre­itet. Dass die großen Akteure, die auf den Baustoff Holz setzen, jetzt nicht zertifizie­rtes Holz kaufen, kann ich mir nicht vorstellen. Das würde zumindest nicht den aktuellen Trends entspreche­n“, sagt Stange.

Das bestätigt auch ProHolzBW: „Mehr als 80 Prozent des in Baden-Württember­g geernteten und für Bauaufgabe­n verwendbar­en Holzes verbleibt in Baden-Württember­g und sogar 90 Prozent des verwendete­n Holzes im Baubereich stammt direkt aus dem Land oder den direkt angrenzend­en Regionen wie Bayern, Tirol oder der Schweiz.“

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Die Herstellun­g von Zement verursacht besonders viel klimaschäd­liches CO2.

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