„Achse des Widerstands“im Visier der USA
US-Angriff auf Netzwerk von Verbündeten Teherans
- Die Städte Al-Qaim, AlBukamal, Al-Mayadin und Deir esZor im irakisch-syrischen Grenzgebiet haben zwei Dinge gemeinsam: Sie liegen an einer Route, über die der Iran verbündete Milizen im Nahen Osten mit Waffen versorgt – und sie wurden in der Nacht zum Samstag von den USA bombardiert. Amerika will mit seinen Luftangriffen im Irak, in Syrien und im Jemen mehr erreichen, als den Tod von drei US-Soldaten zu rächen und den Iran zu warnen. Die Auswahl der Angriffsziele zeigt, dass Washington die Gelegenheit nutzen will, um die über Jahre aufgebauten iranischen Versorgungswege für verbündete Gruppen im Nahen Osten zu zerstören und den Iran dauerhaft zu schwächen.
Fast 40 Menschen starben bei den Angriffen amerikanischer B1Langstreckenbomber im Osten Syriens und im Westen des Irak. In Syrien gab es nach Informationen der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 23 Tote, im Irak wurden nach Regierungsangaben 16 Menschen getötet. Die US-Bomber beschossen bei dem halbstündigen Angriff 85 Ziele an sieben verschiedenen Orten, wie die US-Militärs mitteilten.
Der Iran hat in den vergangenen Jahren ein Netzwerk aus verbündeten Gruppen im Nahen Osten aufgebaut. Diese „Achse des Widerstands“soll den Einfluss Teherans stärken und Israel sowie die USTruppen in der Region unter Druck setzen. Auch die Hamas, die seit Oktober Krieg gegen Israel führt, gehört dazu. Den südlichen Teil der „Achse“bilden die Huthi-Rebellen im Jemen, die Handelsschiffe im Roten Meer beschießen, um die Hamas zu unterstützen. USA und Großbritannien griffen in der Nacht zum Sonntag mindestens 30 Raketenstellungen der Huthis an.
US-Präsident Joe Biden begründete die Luftschläge vom Samstag mit einem Drohnenangriff der irakischen Miliz Kata’ib Hisbollah, die zur iranischen „Achse“gehört: Bei dem Angriff am 28. Januar starben drei US-Soldaten. Die USA warteten fast eine Woche mit ihren Vergeltungsschlägen und nahmen in Kauf, dass sich viele Milizionäre und iranische Militärberater in Syrien und im Irak in Sicherheit bringen konnten. Doch bei den Angriffen vom Samstag ging es um andere Ziele. Die US-Militärs erklärten, es habe bei dem Bombardement viele Folge-Explosionen gegeben: Das bedeutet, dass die Amerikaner die Waffenlager der pro-iranischen Milizen unter Beschuss nahmen. Zudem wurden Kommandoposten, Lager für Nachschub sowie Fahrzeugund Munitionsdepots angegriffen. Die US-Regierung hat angekündigt, dass ihre Militärschläge gegen die Verbündeten des Iran noch tageoder wochenlang weitergehen sollen. Angriffe auf den Iran selbst gab es bisher nicht. Al-Qaim liegt an der irakischen Schnellstraße 12, die aus Ramadi westlich von Bagdad an die syrische Grenze führt. Al-Bukamal, Al-Majadin und Deir es-Zor liegen an der syrischen Überlandstraße M4, die als Verlängerung der irakischen Straße 12 von der irakischen Grenze aus nach Nordwesten verläuft. Diese Strecke gehört zu den Hauptwegen, über die der Iran seine Verbündeten in Syrien und im weiter westlich gelegenen Libanon mit Waffen beliefert.
„Offenbar wollen die USA die Landverbindung vom Iran über den Irak nach Syrien kappen“, sagt der Nahost-Experte Osman Bahadir Dincer von der Denkfabrik Bicc in Bonn. Die Route sei für den Iran sehr wichtig. Teheran habe viel Arbeit in die Einrichtung des Landkorridors gesteckt. „Wenn diese Verbindung unterbrochen würde, wäre das ein schwerer Rückschlag für den Iran und seine Verbündeten in Syrien und im Libanon.“Joe Macaron von der US-Denkfabrik Wilson Center glaubt nicht an langfristige Erfolge der Amerikaner. „Ein kurzes Bombardement der Versorgungswege für iranische Hilfstruppen im Libanon und in Syrien sendet zwar eine Botschaft, doch es wären mehr als zeitlich und örtlich begrenzte Militärschläge nötig, um diese Routen zu zerstören.“Zu einem umfassenderen Engagement seien die USA nicht bereit. Auch Nahost-Experte Dincer bezweifelt, dass die USA den Iran dauerhaft stoppen werden. „Ich sehe nicht, wie die USA oder ihre Verbündeten unter den derzeitigen Verhältnissen in der Region dieses Ziel erreichen können.“