Aalener Nachrichten

Erdogans Taktik nicht kopieren

- Von Susanne Güsten politik@schwaebisc­he.de

Wer der türkischen Regierung nicht passt, wird häufig als Handlanger des feindliche­n Auslands beschimpft. Schnell ist von „Agenten“die Rede, von einer „fünften Kolonne“oder von „Plänen ausländisc­her Kräfte“, wenn eine Organisati­on Kontakte zu einer deutschen Stiftung pf legt oder eine unbequeme Nachrichte­n-Website von der EU mitfinanzi­ert wird. Die Betroffene­n werden als ferngesteu­ert hingestell­t, als Handlanger von Mächten, die der Türkei schaden wollen.

Ähnlich geht es jetzt der DavaPartei in Deutschlan­d. Sie sei der verlängert­e Arm des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, ein Ableger von Erdogans Partei AKP, sagen Politiker und Medien. Noch bevor die Partei als solche angemeldet ist, wird ihr nachgesagt, sie sei „die türkische Version der AfD“.

Eine Demokratie sollte mit einer Partei wie der Dava anders umgehen. Deutsche Politiker könnten zum Beispiel fragen, warum sich ein Teil der türkischst­ämmigen Bundesbürg­er von den bestehende­n Parteien nicht vertreten fühlt.

In der Debatte über die DavaPartei werden Deutschtür­ken für politisch unmündig erklärt. Zwei von drei Deutschen mit türkischen Wurzeln votierten bei Bundestags­wahlen bisher für SPD, Linke oder Grüne – typische Erdogan-Wähler sehen anders aus. Die Dava-Partei wird für viele Deutschtür­ken deshalb keine Alternativ­e sein, ihre führenden Politiker kommen aus dem islamisch-konservati­ven Milieu.

Dass dennoch so getan wird, als werde Erdogan bald mithilfe eines radikal-islamistis­chen Türken-Vereins in Deutschlan­d mitregiere­n, hat weniger mit der Dava-Partei zu tun als mit dem beginnende­n Wahlkampf in der Bundesrepu­blik. Vor den Europaund Landtagswa­hlen in diesem Jahr werden Ängste geschürt, indem die neue Partei als Instrument einer feindselig­en fremden Macht hingestell­t wird.

Die Taktik könnte glatt von Erdogan stammen.

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