Aalener Nachrichten

Kombi-Lösung bleibt „günstiger und schneller“

Konzept für einen Regionalve­rsorger am Ostalb-Klinikum geprüft – Planungsbü­ro stellt Ergebnis vor

- Von Sylvia Möcklin

- „Die Kombi-Lösung ist günstiger und geht schneller.“Darin sieht sich Frederick Brütting bestätigt, nachdem ein Planungsbü­ro das Aalener Konzept für das Ostalb-Klinikum als Regionalve­rsorger „auf Herz und Nieren“geprüft hat. Am Freitagmit­tag übernahm der Oberbürger­meister extra noch einmal die Hoheit über das Rathaus aus der Hand der Narren, um die Ergebnisse der Prüfung vorzustell­en.

Rund 413,4 Millionen Euro brutto würde ein Um- und Neubau des Ostalb-Klinikums für 600 Betten nach den Schätzunge­n des Stuttgarte­r Planungsbü­ros Drees & Sommer (D&S) kosten, das mit der Prüfung beauftragt war. Die Bauzeit würde ab dem Projektsta­rt neun bis zehn Jahre dauern.

Der Neubau eines Zentralkli­nikums „auf der grünen Wiese“bei Essingen dagegen würde Kosten von 600 bis 650 Millionen Euro bedeuten und zwei bis drei Jahre mehr in Anspruch nehmen, erklärte Heiko Rihm vom Planungsbü­ro.

Das Konzept für den Ausbau des Ostalb-Klinikums im Kälblesrai­n zu einem Regionalve­rsorger hatte das Architektu­rbüro Isin + Co erarbeitet. Bei rund 600 Betten sollten sich die ungefähren Gesamtkost­en auf rund 368 Millionen Euro belaufen. Diese Kostenschä­tzung war laut Brütting in einer Kreistagss­itzung öffentlich in Zweifel gezogen worden. „Es gab plumpe Kritik an der Idee und an den Zahlen“, rief der OB in Erinnerung.

Am 25. Januar beschloss der Aalener Gemeindera­t, dass die Angaben für die Kombi-Lösung von einer unabhängig­en Stelle auf ihre Plausibili­tät überprüft werden sollten. Das nun vorgestell­te Ergebnis zeige, dass das Büro Isin „bei der Flughöhe fast einen Treffer gelandet“habe, betonte Brütting. Die Differenz zwischen 368 und 413 Millionen Euro betrage gerade einmal zwölf Prozent.

Hinzu komme noch etwas: Im Konzept Isin war eine Fläche von 74 Quadratmet­ern Nutzf läche pro Bett zugrunde gelegt worden. „Ein wenig kleinere Stellmögli­chkeiten

hätten eine große Wirkung“, schlug Heiko Rihm vor. Eine Reduzierun­g auf 70 Quadratmet­er würde die Gesamtkost­en um 30 Millionen Euro senken. Bliebe eine Gesamtschä­tzung von noch 383 Millionen Euro. „Damit sind die Kostenanga­ben unseres Konzepts plausibel“, folgerte Brütting.

Heiko Rihm stellte die Vor- und drei Nachteile einer Kombi-Lösung gegenüber einem Neubau heraus.

Die Vorteile: 30 Prozent der Gebäude seien im Kälblesrai­n bereits vorhanden (Frauenklin­ik, Bettenbau, Casino, Küche, Wirtschaft­shof und Teile des Parkhauses). Nur 70 Prozent müssten neu gebaut werden. Ein Großteil der Gebäude im Klinikumfe­ld, wie Apotheke oder Radiologie, sei vorhanden. Wenn man das Projekt richtig terminiere, könne man Instandhal­tungskoste­n oder Ersatzbesc­haffungen einsparen.

Die Nachteile: Wer einen Gebäudebes­tand in die Planung einbeziehe­n müsse, könne nicht so frei planen wie bei einem Neubau. Es werde Baustellen­aktivität

im laufenden Betrieb geben. Und es berge Risiken, während der Umbauphase­n technische Zwischenlö­sungen zu haben.

Prüfer Heiko Rihm wies darauf hin, dass weder Medizinkon­zeption noch Raum- und Funktionsp­rogramm vorliegen, deshalb könne die Nutzf läche noch nicht endgültig bewertet werden. Es brauche aber einheitlic­he Kennwerte und die Betrachtun­g aller Maßnahmen einschließ­lich der Grundstück­e, der Erschließu­ng und des Baurechts, „um Kostenverg­leichbarke­it herzustell­en“, bevor ein echter Vergleich etwa mit einem Neubau bei Essingen angestellt werden könne.

Brüttings Fazit fiel dennoch positiv aus: „Die Kombi-Lösung hat den Plausibili­täts-Check erhalten.“Die Expertise mit belastbare­n Angaben eines „absoluten Experten“werde in der Debatte helfen. Sie werde nun an die Landkreisv­erwaltung und an die Unternehme­nsberatung Endera gehen. „Jetzt werden wir warten, was von deren Seite kommt, und dann alles nebeneinan­der legen“, so Brütting.

In Richtung der Schwäbisch Gmünder Nachbarn erklärte der OB: Wenn es sich bewahrheit­e, dass der Neubau eines Zentralkli­nikums bei Essingen 200 Millionen Euro mehr verschling­e, wäre es ein Fehler, „dass sich die Gmünder Politik auf die vier Kilometer zwischen Aalen und Essingen konzentrie­rt“. Man beschließe dann mit, dass für die künftigen Grundverso­rgungsklin­iken in Ellwangen und Mutlangen nicht mehr viel Geld übrig sein werde. „Sinnvoll wäre zu fragen: Was muss in Ellwangen und Mutlangen sein und nicht: Was darf in Aalen nicht sein“, so Brütting.

Für Aalen sehe er der Entscheidu­ng gelassen entgegen. Was den Standort angehe, sei „Essingen auch okay“. Damit bekäme Aalen ein Zentralkli­nkum direkt vor der Haustür und müsse „nichts dafür tun“. Aber das werde einen hohen Preis haben. „Wir werden viele Millionen bezahlen für die letzten vier Kilometer,“meinte Brütting. Er plädierte dafür, nicht die Frage nach „Gewinnern oder Verlierern“zu stellen, sondern die Frage: „Was ist vernünftig?“

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FOTO: TOBIAS HOLZINGER Das Ostalb-Klinikum zu erweitern, wäre auch nach der Prüfung durch ein unabhängig­es Büro kostengüns­tiger und schneller, als ein Neubau „auf der grünen Wiese“bei Essingen.

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