Kombi-Lösung bleibt „günstiger und schneller“
Konzept für einen Regionalversorger am Ostalb-Klinikum geprüft – Planungsbüro stellt Ergebnis vor
- „Die Kombi-Lösung ist günstiger und geht schneller.“Darin sieht sich Frederick Brütting bestätigt, nachdem ein Planungsbüro das Aalener Konzept für das Ostalb-Klinikum als Regionalversorger „auf Herz und Nieren“geprüft hat. Am Freitagmittag übernahm der Oberbürgermeister extra noch einmal die Hoheit über das Rathaus aus der Hand der Narren, um die Ergebnisse der Prüfung vorzustellen.
Rund 413,4 Millionen Euro brutto würde ein Um- und Neubau des Ostalb-Klinikums für 600 Betten nach den Schätzungen des Stuttgarter Planungsbüros Drees & Sommer (D&S) kosten, das mit der Prüfung beauftragt war. Die Bauzeit würde ab dem Projektstart neun bis zehn Jahre dauern.
Der Neubau eines Zentralklinikums „auf der grünen Wiese“bei Essingen dagegen würde Kosten von 600 bis 650 Millionen Euro bedeuten und zwei bis drei Jahre mehr in Anspruch nehmen, erklärte Heiko Rihm vom Planungsbüro.
Das Konzept für den Ausbau des Ostalb-Klinikums im Kälblesrain zu einem Regionalversorger hatte das Architekturbüro Isin + Co erarbeitet. Bei rund 600 Betten sollten sich die ungefähren Gesamtkosten auf rund 368 Millionen Euro belaufen. Diese Kostenschätzung war laut Brütting in einer Kreistagssitzung öffentlich in Zweifel gezogen worden. „Es gab plumpe Kritik an der Idee und an den Zahlen“, rief der OB in Erinnerung.
Am 25. Januar beschloss der Aalener Gemeinderat, dass die Angaben für die Kombi-Lösung von einer unabhängigen Stelle auf ihre Plausibilität überprüft werden sollten. Das nun vorgestellte Ergebnis zeige, dass das Büro Isin „bei der Flughöhe fast einen Treffer gelandet“habe, betonte Brütting. Die Differenz zwischen 368 und 413 Millionen Euro betrage gerade einmal zwölf Prozent.
Hinzu komme noch etwas: Im Konzept Isin war eine Fläche von 74 Quadratmetern Nutzf läche pro Bett zugrunde gelegt worden. „Ein wenig kleinere Stellmöglichkeiten
hätten eine große Wirkung“, schlug Heiko Rihm vor. Eine Reduzierung auf 70 Quadratmeter würde die Gesamtkosten um 30 Millionen Euro senken. Bliebe eine Gesamtschätzung von noch 383 Millionen Euro. „Damit sind die Kostenangaben unseres Konzepts plausibel“, folgerte Brütting.
Heiko Rihm stellte die Vor- und drei Nachteile einer Kombi-Lösung gegenüber einem Neubau heraus.
Die Vorteile: 30 Prozent der Gebäude seien im Kälblesrain bereits vorhanden (Frauenklinik, Bettenbau, Casino, Küche, Wirtschaftshof und Teile des Parkhauses). Nur 70 Prozent müssten neu gebaut werden. Ein Großteil der Gebäude im Klinikumfeld, wie Apotheke oder Radiologie, sei vorhanden. Wenn man das Projekt richtig terminiere, könne man Instandhaltungskosten oder Ersatzbeschaffungen einsparen.
Die Nachteile: Wer einen Gebäudebestand in die Planung einbeziehen müsse, könne nicht so frei planen wie bei einem Neubau. Es werde Baustellenaktivität
im laufenden Betrieb geben. Und es berge Risiken, während der Umbauphasen technische Zwischenlösungen zu haben.
Prüfer Heiko Rihm wies darauf hin, dass weder Medizinkonzeption noch Raum- und Funktionsprogramm vorliegen, deshalb könne die Nutzf läche noch nicht endgültig bewertet werden. Es brauche aber einheitliche Kennwerte und die Betrachtung aller Maßnahmen einschließlich der Grundstücke, der Erschließung und des Baurechts, „um Kostenvergleichbarkeit herzustellen“, bevor ein echter Vergleich etwa mit einem Neubau bei Essingen angestellt werden könne.
Brüttings Fazit fiel dennoch positiv aus: „Die Kombi-Lösung hat den Plausibilitäts-Check erhalten.“Die Expertise mit belastbaren Angaben eines „absoluten Experten“werde in der Debatte helfen. Sie werde nun an die Landkreisverwaltung und an die Unternehmensberatung Endera gehen. „Jetzt werden wir warten, was von deren Seite kommt, und dann alles nebeneinander legen“, so Brütting.
In Richtung der Schwäbisch Gmünder Nachbarn erklärte der OB: Wenn es sich bewahrheite, dass der Neubau eines Zentralklinikums bei Essingen 200 Millionen Euro mehr verschlinge, wäre es ein Fehler, „dass sich die Gmünder Politik auf die vier Kilometer zwischen Aalen und Essingen konzentriert“. Man beschließe dann mit, dass für die künftigen Grundversorgungskliniken in Ellwangen und Mutlangen nicht mehr viel Geld übrig sein werde. „Sinnvoll wäre zu fragen: Was muss in Ellwangen und Mutlangen sein und nicht: Was darf in Aalen nicht sein“, so Brütting.
Für Aalen sehe er der Entscheidung gelassen entgegen. Was den Standort angehe, sei „Essingen auch okay“. Damit bekäme Aalen ein Zentralklinkum direkt vor der Haustür und müsse „nichts dafür tun“. Aber das werde einen hohen Preis haben. „Wir werden viele Millionen bezahlen für die letzten vier Kilometer,“meinte Brütting. Er plädierte dafür, nicht die Frage nach „Gewinnern oder Verlierern“zu stellen, sondern die Frage: „Was ist vernünftig?“