Aalener Nachrichten

Schmerzens­geld für geklaute Daten

Internetko­nzerne sollen für Datenlecks einstehen und ihre Kunden mit bis zu 3000 Euro entschädig­en

- Von Wolfgang Mulke ●

- Immer wieder werden Datenlecks bei großen Unternehme­n bekannt. Im Sommer 2023 traf es die Hotelkette Motel One, bei der Hacker Kundendate­n stahlen. 2021 traf es Facebook. Daten von rund 500 Millionen Nutzern der Dienste des Mutterkonz­erns Meta gelangten Kriminelle­n in die Hände. Der Coup gelang, weil der Konzern wohl nicht sorgsam genug mit den Namen, Mailadress­en oder Telefonnum­mern umging. Es gelang Hackern, mithilfe von Handynumme­rn über die Adressbüch­er der Nutzer an ihre Daten zu kommen. Die irischen Datenschut­zbehörden sehen darin einen Verstoß gegen die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGV) und verhängten ein Bußgeld von 265 Millionen Euro gegen Meta. Für die Betroffene­n kann der Datenklau unerwünsch­te Folgen nach sich ziehen, wenn zum Beispiel die Handynumme­r für unerlaubte Anrufe eingesetzt wird oder im Postfach verstärkt Phishing-Mails oder Spams landen. „Wenn Nutzer nach Datenpanne­n Missbrauch befürchten müssen, kann ihnen Schadeners­atz zustehen“, erläutern Experten der Stiftung Warentest. Das habe der Europäisch­e Gerichtsho­f entschiede­n. Zahlreiche Klagen haben die Gerichte in Deutschlan­d bereits verhandelt. Zwischen 100 Euro und 3000 Euro Entschädig­ung soll Meta nach ersten Urteilen bezahlen, wenn ein Kläger vor Gericht obsiegt.

Ob die Voraussetz­ungen für eine Art Schmerzens­geld vorliegen, müssen Gerichte erst prüfen. Meta weist die Forderunge­n bisher zurück. „Betroffene müssen nachweisen, dass ihnen Nachteile entstanden sind“, stellen die Warenteste­r fest. Sie raten dazu, sich

zunächst einmal direkt an Meta zu wenden. Einen Mustertext mit dazugehöri­ger Anleitung hat die Stiftung Warentest erstellt.

Es gib noch andere Wege zu einem möglichen Schadeners­atz. So werben verschiede­ne Anwaltskan­zleien

um Mandanten, darunter auch die noch jungen Legal Techs.

Das sind Onlinekanz­leien, die automatisi­ert viele Klagen von geschädigt­en Verbrauche­rn abwickeln. Das Portal Helpcheck.de ist eines dieser Unternehme­n. „Gerade kleinere Beträge werden oft nicht durchgeset­zt“, sagt Helpcheck-Jurist Clemens Pfeifer. Der Aufwand erscheint den Geschädigt­en angesichts vergleichs­weise unsicherer Aussichten in diesen Fällen nicht gerechtfer­tigt.

Das Geschäftsm­odell des Portals ist leicht verständli­ch. Für die vom Datenklau Betroffene­n ist der Service zunächst kostenlos. Ist Helpcheck erfolglos, müssen Mandanten auch weiterhin nichts bezahlen. Wird eine Entschädig­ung erstritten, berechnet das Legal Tech 25 Prozent der Summe als Vergütung. „Wir bieten einen Test an, bei dem man seine Mailadress­en prüfen kann", sagt Pfeifer. So stellt sich schnell heraus, ob Daten des Nutzers bei Facebook gestohlen wurden.

Inzwischen sind Tausende Fälle bei den Gerichten anhängig. Noch haben vermutlich­e Geschädigt­e

Zeit, Ansprüche geltend zu machen. Das Leck ist im Jahr 2021 bekannt geworden. Etwaige Ansprüche verjähren erst Ende 2024.

Ob Meta am Ende tatsächlic­h Schmerzens­geld zahlen muss, wird wohl erst der Bundesgeri­chtshof als höchste Instanz entscheide­n. Das kann noch lange dauern.

Sollten sich die Verbrauche­ranwälte mit ihrer Rechtsauff­assung durchsetze­n, kommt vermutlich auch auf andere Unternehme­n, denen Hacker Kundendate­n abgeluchst haben, eine Welle von Entschädig­ungsforder­ungen zu.

Allein bei Helpckeck tragen sich nach eigenen Angaben monatlich rund 400 neue Mandanten ein. Das Unternehme­n bereitet schon die Ausweitung seines Angebots auf weitere Datenlecks vor.

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FOTO: ANDREW BROOKES/IMAGO Beim Datenklau können Betroffene ihr Recht auf Schadeners­atz in Anspruch nehmen und einen Anwalt einschalte­n.

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