Aalener Nachrichten

Aus Schillerst­raße wird die Schlossall­ee

Narren setzen Rathausche­fin Heidrich ab - Sie muss in den Knast, der Gefängnisc­hor singt

- Von Hariolf Fink

- Neuler wäre nicht Neuler, wenn nicht auch aus der Absetzung von Bürgermeis­terin Sabine Heidrich ein riesiges Spektakel gemacht worden wäre. Die Neulermer Narren brachten sie ins Kittchen und hatten dabei auch die künstliche Intelligen­z zu Rate gezogen aber halt nur zum Teil, weil darauf einfach kein Verlass sei. Ganz real hatten die Narren deshalb ein monopolyäh­nliches Spiel mit Neulermer Straßennam­en vorbereite­t und die Rathausche­fin musste sich einiges anhören. Sie wurde erst freigelass­en, nachdem sie das närrische Volk ins Café Bieg zum Essen einlud.

Rainer Schreckenh­öfer verlas sogleich das Anklagepro­tokoll. „Ihnen, Frau Bürgermeis­terin, gebührt unsere höchste Wertschätz­ung als scheidende Bürgermeis­terin. Sie waren immer stets bemüht, das Beste für die Gemeinde herauszuho­len. Aber es muss jetzt einen Wechsel in der Führung der Gemeinde geben. Dieser Schritt wurde nicht leichtfert­ig getroffen, aber wir hoffen auf neue Perspektiv­en, denn wir stehen einer Zeitenwend­e gegenüber, mit allem Respekt für die Vergangenh­eit, aber auch mit Mut für die Zukunft und so weiter.“Abschließe­nd nach dieser geschwolle­nen Rede sagte Schreckenh­öfer: „Dieser Text wurde mit künstliche­r Intelligen­z verfasst, aber nun wollen wir ins Reale wechseln.“

Diese Realität wurde mit einem monopolyäh­nlichen Spiel mit Neulermer Straßennam­en umgesetzt. Da wurde die Hauptstraß­e mit ihrem Dorfmittel­punkt genannt, die Löwenzahns­traße, die Maybachstr­aße, die Rosenstraß­e, die Friedhofst­raße bis hin zur Hasengasse, um nur einige zu nennen. In der Hauptstraß­e, praktisch in der City, sei man immer nah am Geschehen. So wurde zum Beispiel über eine miserable Soundtechn­ik bei einer Veranstalt­ung gelästert. Auch in Sachen Geldversch­wendung wurde vom Leder gezogen. So wurden 7000 Euro für eine Beurteilun­g des Bauhofs ausgegeben. „Wer soll das bezahlen“, sang der Gefängnisc­hor.

Der Neulermer Weihnachts­markt erstrahlte im Lichtergla­nz, nur das Rathaus nicht, weil der

Rathausche­fin die alte Beleuchtun­g nicht gefallen habe. Die Schillerst­raße sollte nach der Komplettsa­nierung von 250 Metern mit Kosten von 1,5 Millionen Euro doch in Schlossall­ee umgetauft werden. Dazu sang der Gefängnisc­hor: „Ich bau‘ dir ein Schloss, das hinterm Café steht.“Auch eine geplante Bildungsre­ise des Gemeindera­ts nach Berlin wurde aufs Korn genommen: „Was können wir denn in Berlin lernen?“, fragten sich die Neulermer Narren, außer, dass der Schlierbac­h und die Spree beide mit S anfangen.

Auch die Planungen für den Naturkinde­rgarten bekamen ihr Fett ab. Ein Naturkinde­rgarten mit Strom- und Wasseransc­hluss und einen Internetan­schluss im Baumhaus. „Wir wollen, dass unsere Kinder in der Natur aufwachsen und von ihr lernen“, forderten die Narren und fragten: „Frau Heidrich, wollen Sie gefragt werden, warum der Baum eine Steckdose hat.“Und so sprudelten die Vorwürfe Schlag auf Schlag aus dem Munde der Narren.

Sabine Heidrich ließ es über sich ergehen, war sie ja noch erholt von ihrem Urlaub in Ägypten,

wo sie geschnorch­elt und Fischla beobachtet hat. Sie hatte zur Ehrenrettu­ng ihr gesamtes Rathaustea­m als Ramses, Nofretete oder Cleopatra und Pharaonen dabei. „Wir müssen hier keine Luftschlös­ser oder Pyramiden bauen, dafür aber eine tolle Ortskernsa­nierung hinkriegen. Wir sind stolz auf unseren geplanten Naturkinde­rgarten, denn die Kinder sind unsere Zukunft.“Sprach’s und viele Kinder kamen auf ihren Tretbulldo­gs vor das Rathaus gefahren. Aus den Lautsprech­ern tönte „I bin a Dorf kind und darauf bin i stolz.“

Und Heidrich benutzte eine Aussage von Landrat Joachim Bläse, den Faschingsu­mzug betreffend: „An Fasching schlägt Neuler älle, ob in Mainz oder Kölle. Narra isch wohr – So isch’s.“Und noch etwas besänftigt­e die Gemüter der Bürger und Narren, ein Flashmob der Verwaltung, dem sich immer mehr anschlosse­n, bevor die Neulermer Narren mit monotonem Trommelsch­lag die vielen Menschen ins Café Bieg begleitete­n. Bürgermeis­terin Sabine Heidrich hatte eingeladen. „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?“

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FOTO: HAFI Hilfe, holt mich hier raus. Neulers Bürgermeis­terin Sabine Heidrich wurde von den Neulermer Narren ins Kittchen gesteckt.

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