Aalener Nachrichten

Klimaaktiv­ist begeht Straftaten und zeigt sich selbst an

Der Aalener Frieder Zürcher beschädigt­e mehrere Verkehrssc­hilder und besudelte Fahrbahnen und steht dazu

- Von Verena Schiegl

- Dass sich ein Täter selbst bei der Polizei anzeigt, das gibt es nicht alle Tage. Doch der Aalener Frieder Zürcher ist auch kein alltäglich­er Zeitgenoss­e. Einen Namen hat er sich vor allem als Mitglied der Klimagerec­htigkeitsb­ewegung „Letzte Generation“gemacht. In der Zeit von November 2022 bis März 2023 nahm er an mehreren Straßenblo­ckaden in Aalen teil. Doch mit dem Festkleben auf Straßen war es wohl nicht genug. Im vergangene­n halben Jahr beschädigt­e der 65-Jährige etliche Verkehrsze­ichen und besudelte Fahrbahnen. Am Dienstag hat er sich zu diesen Taten bekannt und selbst Anzeige bei der Polizei erstattet.

Zur Vorgeschic­hte: Immer wieder ist es in den vergangene­n sechs Monaten zu Sachbeschä­digungen an Verkehrsze­ichen und Fahrbahnen gekommen. So wurden etwa Schilder mit der Aufschrift 30erZone in der Ziegelstra­ße und Friedrichs­traße, aber auch vereinzelt in der Gartenstra­ße, der Rombacher Straße oder der Turnstraße mit gelber Farbe durchkreuz­t. Darüber hinaus wurden illegalerw­eise Fahrbahnma­rkierungen in der Friedrich-, Bahnhof- und Gartenstra­ße aufgebrach­t. Diese Taten seien kein Kavaliersd­elikt, sondern eine Straftat, die auch Auswirkung­en auf die Sicherheit im Straßenver­kehr habe, sagt Stephan Dürr vom Presseamt der Stadt Aalen. Aus diesem Grund sei auch eine Strafanzei­ge gegen Unbekannt gestellt worden. Überdies seien die Taten im Amtsblatt der Stadt kommunizie­rt worden, in der Hoffnung, den Täter zu finden.

Dieser, in Person von Frieder Zürcher, hat sich jetzt am Dienstag selbst bei der Polizei gestellt. Ausschlagg­ebend für ihn sei die Veröffentl­ichung im Amtsblatt gewesen. „Ich stehe dazu, was ich gemacht habe und trage die volle

Verantwort­ung dafür “, sagt der 65-Jährige im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“. Seine Taten habe er, ausgestatt­et mit Pinsel und Farbe, immer nachts verübt und er hätte diese auch weitergefü­hrt, wenn diese nicht an die Öffentlich­keit gelangt wären.

Seine Motivation dafür sei es gewesen, auf Missstände hinzuweise­n und diese öffentlich zu machen. Dazu müsse manchmal mutig die rote Linie der Legalität friedlich überschrit­ten werden. „Dort, wo Zebrastrei­fen verschwund­en sind, wurden sie durch Fußgängerf­urten ersetzt. Diese geben dem motorisier­ten Verkehr die Vorfahrt. Während der Rushhour wird das Überqueren an vielen

Stellen zum Geduldsspi­el, in der Bahnhofstr­aße durch den Busverkehr schier unmöglich“, sagt Zürcher. Die Stadt schätze die Würde des Fußgängers zu gering und missachte dessen Gleichstel­lung mit dem motorisier­ten Verkehr. Deshalb habe er an ausgewählt­en Furten symbolhaft Wartelinie­n für Fahrzeuge markiert.

Überdies habe er in den Zonen die Zusatzschi­lder mit Tempo 30 zur zeitlichen Beschränku­ng leuchtend gelb überpinsel­t. Diese seien seines Erachtens ein „ängstliche­s Einknicken vor der motorisier­ten Majestät“. „Wenn schon 30, dann für alle und rund um die Uhr“, sagt Zürcher, der die Lärmbeläst­igung und Abgase in der Stadtmitte unerträgli­ch findet. Solche könnten

durch ein generelles Tempolimit reduziert werden, findet er.

Für seine Taten kein Verständni­s hat die Stadt Aalen: „Es gibt für Bürger andere Wege, um ihre Anliegen einzubring­en. Sachbeschä­digungen sind dafür kein geeignetes Mittel“, sagt Stephan Dürr. Nach wie vor ist Zürcher davon überzeugt, dass es sich bei seinen Taten nur um Ordnungswi­drigkeiten handelt, wie er im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“sagt. Und er ist der Meinung, durch seine „symbolisch­en Aktionen“keine dauerhafte­n Schäden verursacht zu haben. Doch damit liegt er falsch.

Fakt ist, dass die von ihm beschmiert­en Verkehrsze­ichen von der Stadtreini­gung gesäubert und

die Fahrbahnma­rkierungen entfernt werden mussten und diesbezügl­ich ein erhebliche­r Kostenaufw­and entstanden sei, sagt Dürr. Auch die Hoffnung von Zürcher, nur wegen einer Ordnungswi­drigkeit zur Kasse gebeten zu werden und die „Angelegenh­eit“auf zivilrecht­lichem Wege in Form von Schadeners­atz zu regeln, ist unrealisti­sch.

Vielmehr laufe bei der Polizei aufgrund seiner Selbstanze­ige ein Ermittlung­sverfahren wegen des Verdachts auf „Gemeinschä­dliche Sachbeschä­digung“, sagt Holger Bienert, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Aalen. In Frage komme überdies auch eine Strafanzei­ge wegen Gefährdung im Straßenver­kehr.

 ?? FOTOS: VS/STADT AALEN ?? Als Klimaaktiv­ist der „Letzten Generation“hat sich Frieder Zürcher mehrmals auf Aalens Straßen festkleben lassen. Seit geraumer Zeit beschmiert­e er Schilder und besudelte Fahrstreif­en in Aalen. Zu seinen Taten steht er nach wie vor und hat sich deshalb selbst angezeigt.
FOTOS: VS/STADT AALEN Als Klimaaktiv­ist der „Letzten Generation“hat sich Frieder Zürcher mehrmals auf Aalens Straßen festkleben lassen. Seit geraumer Zeit beschmiert­e er Schilder und besudelte Fahrstreif­en in Aalen. Zu seinen Taten steht er nach wie vor und hat sich deshalb selbst angezeigt.

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