Aalener Nachrichten

„Mit beiden Händen Aktien, Gold und Bitcoin kaufen“

Finanzbuch­autor Friedrich über die „Insolvenzv­erschleppu­ng“der EZB und Investment­s in Zeiten der Inflation

- Von Thomas Hagenbuche­r

- Er nimmt kein Blatt vor den Mund und schreckt auch vor durchaus steilen Thesen nicht zurück. Entspreche­nd ist Marc Friedrich (Foto: oh), Betriebswi­rt, Unternehme­r und Finanzbuch­autor, auch nicht ganz unumstritt­en. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erläutert der gebürtige Waiblinger, warum er unser Geldsystem am Ende wähnt und was er Anlegern deshalb empfiehlt. Seinen neuesten Bestseller „Die größte Revolution aller Zeiten“(ISBN 978-395972-406-7) hat er jüngst in Plochingen (Kreis Esslingen) vorgestell­t, im ersten Bitcoin-Hotel Deutschlan­ds.

Herr Friedrich, in Ihrem neuen Buch schreiben Sie „unser Geldsystem ist zum Scheitern verurteilt“. Wie kommen Sie zu dieser düsteren Einschätzu­ng?

Dazu reicht ein Blick in die Geschichte: Geld kommt und geht. Wir hatten schon viele Geldsystem­e im Laufe der Jahrhunder­te und es wäre ein absolutes Novum, wenn es dieses Mal anders sein sollte. Im Schnitt hält Geld 80 bis 100 Jahre. Der Euro ist zwar erst 25 Jahre jung, hat in dieser Zeit aber schon 40 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Wenn die EZB nicht alle Kriterien gebrochen und nicht bereits Billionen ins System gepumpt hätte, wäre der Euro schon längst passé. Durch die Inflation spüren wir es ja schon heute alle, dass das Geld nicht mehr reicht. Inflation ist Gift für Geld.

Was sind die Ursachen dieser Entwicklun­g?

Das Gelddrucke­n und die Struktur unseres ungedeckte­n Geldsystem­s. Wir lösen jede Krise auf die gleiche Weise: Zinsen senken, immer mehr Schulden machen und immer mehr zusätzlich­es Geld ins System pumpen. Wir lösen damit keine Probleme, sondern verschiebe­n diese nur in die Zukunft – mit großen Kollateral­schäden. Dort wuchern sie weiter vor sich hin wie ein Krebsgesch­wür. Im Endeffekt betriebt die EZB eine Art gigantisch­e Insolvenzv­erschleppu­ng.

War es für Deutschlan­d ein Fehler, beim Euro überhaupt mitzumache­n?

Ja, es war ein Fehler. Denn Währungsun­ionen mit unterschie­dlich starken Volkswirts­chaften haben noch nie funktionie­rt. Volkswirts­chaften wie Deutschlan­d und Griechenla­nd ins glei

che Zins- und Währungsko­rsett zu zwängen, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Zudem hat der Euro uns in Deutschlan­d verarmen lassen: Italiener, Griechen und andere Europäer haben inzwischen mehr Geldvermög­en und mehr Immobilien­besitz als wir hier in Deutschlan­d. Das ist doch absurd. Die Mittelschi­cht erodiert. Der Durchschni­ttsdeutsch­e kann sich schon längst keine Immobilie mehr leisten.

Was wird passieren?

Es ist auf jeden Fall nicht die Frage, ob der Euro scheitern wird, sondern nur noch wann. Ohne Deutschlan­d als Zahlmeiste­r der EU wäre das schon längst passiert. Die EZB wird weiterhin Gesetze brechen, um den Euro mit aller Macht am Leben zu erhalten. Sämtliche Maastricht-Kriterien sind bereits über Bord geworfen worden. Unser Geldsystem, in dem aus dem Nichts neues Geld geschöpft werden kann, animiert die Politik in Berlin und Brüssel immer weiter dazu, das Geld mit beiden Händen auszugeben. Es reicht nie!

Bald werden wieder Zinssenkun­gen kommen, wodurch wir eine zweite Inflations­welle erleben werden, die noch schlimmer als die erste ausfallen wird. In den nächsten zehn Jahren wird der Euro scheitern – definitiv. Im Übrigen läuft auch die EU Gefahr zu scheitern, wenn Deutschlan­d durch Deindustri­alisierung Wohlstand verliert und die EU nicht mehr maßgeblich finanziert. Wer kann uns denn als Rekordnett­ozahler ersetzen?

Wie sollten sich Anleger vor diesem Hintergrun­d positionie­ren?

Auf jeden Fall sollten sie raus aus dem Papiergeld gehen. Das heißt, nur wenig Tagesgeld halten. In einer inflationä­ren Umgebung brauchen Sie durch die Natur oder die Mathematik limitierte Werte. Anleger müssen in fossile Energieträ­ger investiere­n: Kohle, Öl und Gas. Auch Uran wird boomen, da fast alle Länder auf Atomkraft setzen. Wir sind hier in Deutschlan­d die absoluten Geisterfah­rer auf der Energieaut­obahn. Tun Sie genau das Gegenteil, was die Regierung proklamier­t, dann liegen Sie richtig.

Was ist noch sinnvoll?

Auch Sachwerte wie Aktien werden gefragt sein. Durch die Inflation werden alle Vermögensw­erte, die limitiert sind, weiter steigen. Neben Unternehme­nsanteilen sind das auch Gold, Grund und Boden sowie Bitcoin.

Ist Bitcoin nicht hochriskan­t und viel zu spekulativ für Privatanle­ger?

Nein. Bitcoin ist das einzige Asset, bei dem wir sicher wissen, dass es endlich ist und wie viele Einheiten es davon gibt. Bei 21 Millionen Bitcoin ist Schluss. Mehr existieren nicht. Das garantiert eine natürliche Knappheit.

Welche Vorteile hat der Bitcoin noch?

Er trennt Staat und Geld. Das heißt, es gibt keine Notenbank, keine Firma und auch keinen Politiker dahinter. Entspreche­nd ist er auch sicher vor Inflation. Der

Bitcoin ist das erfolgreic­hste Asset der Menschheit­sgeschicht­e, er hat bisher alles übertroffe­n – selbst die stärksten Aktien. Alles hat relativ gegenüber Bitcoin an Wert verloren. Er stellt eine Art Lebensvers­icherung für die eigene Kaufkraft dar und gegen die Inkompeten­zen der Politik – und die ist sicherlich auf einem Rekordnive­au.

Der Bitcoin steht aktuell bei rund 48.500 Euro beziehungs­weise gut 52.000 US-Dollar. Ist das Niveau nicht schon viel zu hoch, um als Privatanle­ger noch einzusteig­en?

Nein. Er wird weiter steigen, weil die Notenbanke­n mit der nächsten Krise wieder Geld drucken müssen. Wenn man noch gar keine Bitcoins hat, würde ich genau jetzt die erste Tranche setzen. Wenn es nochmal unter 35.000 oder sogar unter 30.000 Dollar geht, dann den Rest rein. Ich erwarte bis 2025/2026 sechsstell­ige Bitcoin-Kurse. Der Bitcoin steigt ja nicht im Wert, sondern die Papierwähr­ungen wie der Euro oder der Dollar entwerten vielmehr. Sobald die EZB wieder die Zinsen senkt, sollte man in den Bitcoin gehen. Sicher wird es volatil bleiben. Aber der Bitcoin wird weiterhin die beste Anlageform bleiben.

Kommen nach der Entscheidu­ng der US-Finanzaufs­icht für Bitcoin-ETFs nun auch BitcoinFon­ds, in die Otto-Normal-Bürger investiere­n kann?

Ja. Das ist ein Meilenstei­n in der Geschichte des Bitcoins. Nun ist die Kryptowähr­ung endgültig in der „alten Finanzwelt“angekommen. Jetzt ist auch ein befürchtet­es Verbot vom Tisch. Wenn Blackrock, Fedility und Co. Geld einsammeln und in Bitcoin stecken, ist das ein Qualitätss­iegel. Das „Teenageral­ter“des Bitcoins ist damit vorbei, er hat sich nun endgültig emanzipier­t. Parallel werden die Einstiegsh­ürden beim Bitcoin – gerade für Privatanle­ger – viel niedriger. Man wird künftig ganz einfach bei seiner Bank Bitcoin-ETFs kaufen können, ohne dass noch technische­s Können erforderli­ch ist. Wenn Sie nur ein Prozent Bitcoin in Ihr Portfolio stecken, sinkt die Volatilitä­t und die Renditen steigen deutlich.

Wo wird der Bitcoin Ende 2024 stehen?

Wir werden ein neues Allzeithoc­h sehen. Das letzte war bei 70.000 Dollar.

Wo in fünf Jahren?

Sechsstell­ig. Langfristi­g gehe ich sogar von siebenstel­lig aus. Jeder sollte Bitcoin besitzen – und vor allem auch verstehen. Deswegen habe ich das Buch geschriebe­n.

Die Inflation hat sich inzwischen deutlich abgeschwäc­ht. Ist das nur ein Zwischenti­ef?

Ja, eindeutig ja. Die offizielle Inflation des Euro seit seiner Einführung vor 25 Jahren beträgt rund 40 Prozent. Wenn Sie aber einen wahren Gegenwert wie Gold oder Immobilien dagegenset­zen, sind wir in dieser Zeit schon bei 90 bis 95 Prozent. Je nach geopolitis­cher Entwicklun­g können wir schnell wieder bei einer Inflations­rate von zehn Prozent landen. Ich erwarte diese in den nächsten zwölf bis 18 Monaten.

Wenn wir jetzt eine gewisse Summe anlegen wollen, wie sollten wir diese aufteilen?

Ich würde auf jeden Fall Gold kaufen. Auch Aktien sind ein Muss. Hier erwarte ich aber noch im ersten Halbjahr 2024 eine Korrektur, sodass ich erst danach einsteigen würde. Wenn es rappelt, bin ich da und kaufe billig. Da bin ich ganz Schwabe. Ich kaufe auch Sommerklei­dung im Winter – und umgekehrt.

Wie teilt sich das Anlage-Portfolio dann idealerwei­se auf?

30 bis 40 Prozent Aktien. 20 bis 30 Prozent Gold. Auch gerne rund 30 Prozent Immobilien. Da würde ich jetzt aber erstmal abwarten und noch nicht kaufen, da die Preise noch weiter sinken werden. Bitcoin mindestens ein Prozent. Wer daran glaubt, kann fünf bis zehn Prozent in Bitcoin investiere­n. Sobald es einen größeren Krach an den Börsen gibt, würde ich mit beiden Händen kaufen: Aktien, Gold und auch Bitcoin.

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FOTO: FERNANDO GUTIERREZ-JUAREZ/DPA Für Finanzexpe­rte Marc Friedrich ist der Bitcoin in der „alten Finanzwelt“angekommen.

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