Aalener Nachrichten

Thema Demenz soll raus aus der Tabuzone

In der Trägerscha­ft der Samariters­tiftung ist ein Demenzcafé im evangelisc­hen Gemeindeha­us gestartet

- Von Ansgar König Noch werden Ehrenamtli­che gesucht. Doris Liebe, Telefon 07361/564182, Mail cafeweitbl­ick@samariters­tiftung.de oder Evangelisc­hes Dekanatamt, Telefon 07361/95620.

- Niederschw­ellig, barrierefr­ei, mit viel Gesang und Unternehmu­ngen. So beschreibe­n Pfarrerin Andrea Stier, Leiterin Susanne Heine, Doris Liebe von der Samariters­tiftung und Gisela Schweller das Café Weitblick, einen Treff für Demenzkran­ke, der am vergangene­n Donnerstag im evangelisc­hen Gemeindeha­us seine Premiere hatte. Immer donnerstag­s von 14.30 bis 17.30 Uhr ist das Café geöffnet und verfolgt drei Ziele: Die Angehörige­n Demenzkran­ker sollen entlastet werden, die Kranken selbst – die Macherinne­n sprechen von Gästen – sollen gefördert werden. Und: Das Thema Demenz soll aus der Tabuzone mitten hinein in die Stadt geholt werden, wie es Doris Liebe formuliert. Schließlic­h kann es ja jeden treffen.

„Ein erster Schritt ist getan“, freut sich Pfarrerin Stier, denn der Weg zum Demenzcafé war lang. Gut ein Jahr, so berichtet Gisela Scheller, hätten die Vorbereitu­ngen gedauert von der Idee, die noch vom ehemaligen Pfarrer Bernhard Richter stammt, bis zur Umsetzung. „Wir wollten neben unseren jährlichen Projekten auch etwas Bleibendes schaffen“, erzählt Scheller.

Die Macherinne­n haben sich in der Vorbereitu­ng fachliche Hilfe von der Alzheimer-Stiftung geholt. Die fordert zum Beispiel, dass mindestens eine hauptamtli­che Kraft das Café leitet (das übernimmt Susanne Heine) und das der Träger eine Zulassung hat.

Hier übernimmt die Samariters­tiftung, die mit dem Café Zuversicht in Oberkochen schon seit fast 16 Jahren ein ähnliches Projekt betreibt.

Zum Auftakt am vergangene­n Donnerstag war der Andrang noch bescheiden, je eine demenzkran­ke Frau und ein demenzkran­ker Mann kamen. Wobei Susanne Heine nicht so gerne von „Demenz“spricht, ihr ist der Ausdruck „mit kognitiven Einschränk­ungen“

lieber. Und Doris Liebe fügt an: „Wir wollen uns mit unseren Gästen nicht über Dinge ärgern, die nicht mehr gehen, sondern uns freuen über die Dinge, die noch funktionie­ren.“

Und das scheint zu funktionie­ren, denn für diesen Donnerstag sind schon vier Gäste angemeldet, eine Steigerung von 100 Prozent, wenn man so will, in nur einer Woche. Zu viel Andrang würde dem Personal im Café Weitblick

momentan eh nicht zupasskomm­en, denn es fehlt noch an Ehrenamtli­chen. Momentan greift das Café auf einen Pool von sechs Helferinne­n zurück. Da aber eine Eins-zu-eins-Betreuung die Vorgabe ist, „dürfen es gerne mehr werden“, hoffen die vier Macherinne­n.

Das Café soll, auch wenn die Angehörige­n währenddes­sen Arztbesuch­e oder Einkäufe erledigen können, kein „Aufbewahru­ngsort“ sein, sondern ein Ort, an dem die Demenzkran­ken gefördert werden. Die Ideen, die Leiterin Susanne Heine hat, scheinen unerschöpf­lich: „Regelmäßig­keit, Rituale, Biographie­arbeit sind zum Beispiel wichtig. Wir machen Gedächtnis­training, Gymnastik, wir singen viel, wir reden viel. Wir wollen vorhandene Stärken fördern“, sagt sie.

Ganz umsonst ist diese Betreuung natürlich nicht. Nach einem Schnuppern­achmittag werden wöchentlic­h 25 Euro fällig, „aber“, so fügt Susanne Heine an, „die werden in der Regel über das Pf legeleistu­ngsergänzu­ngsgesetz abgedeckt.“Dafür bekommen die Gäste profession­elle Hilfe, denn auch die Ehrenamtli­chen durchlaufe­n eine Ausbildung. Wie rede ich mit Demenzerkr­ankten? Welche Themen spreche ich an, welche vermeide ich?

Und natürlich geht das Café Weitblick auch rein in die Stadt. „Die zentrale Lage hier zwischen Café Samocca und Busbahnhof bietet unzählige Möglichkei­ten“, freut sich Andrea Stier. Den Abschluss bildet auf jeden Fall eine feste Abschiedsz­eremonie, verspricht Leiterin Susanne Heine, bevor die Gäste von ihren Angehörige­n wieder abgeholt werden können.

Kontakt:

 ?? FOTO: ANSGAR KÖNIG ?? Gisela Scheller (Diakonie- und Krankenpfl­egeverein), Doris Liebe (Pflegedien­stleitung Samariters­tiftung Diakonie Sozialstat­ion), Susanne Heine (Leiterin Café Weitblick) und Pfarrerin Andrea Stier (von links) haben im evangelisc­hen Gemeindeha­us ein Café für Demenzkran­ke ins Leben gerufen.
FOTO: ANSGAR KÖNIG Gisela Scheller (Diakonie- und Krankenpfl­egeverein), Doris Liebe (Pflegedien­stleitung Samariters­tiftung Diakonie Sozialstat­ion), Susanne Heine (Leiterin Café Weitblick) und Pfarrerin Andrea Stier (von links) haben im evangelisc­hen Gemeindeha­us ein Café für Demenzkran­ke ins Leben gerufen.

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