Aalener Nachrichten

Wirtschaft­sminister will „Reformboos­ter“

Jahreswirt­schaftsber­icht offenbart schwierige Lage – Habeck macht externe Faktoren für die Misere verantwort­lich

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(AFP) - Die Konjunktur­aussichten für dieses Jahr haben sich aus Sicht der Bundesregi­erung deutlich eingetrübt. Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) dringt deshalb auf einen „Reformboos­ter“zur Stärkung des Wirtschaft­sstandorts. Besonders im Fokus stehen dabei aus Sicht des Vizekanzle­rs die Eindämmung des Arbeitskrä­ftemangels, der Bürokratie­abbau und bessere Rahmenbedi­ngungen für Investitio­nen. Opposition und Wirtschaft­sverbänden gehen die bisherigen Maßnahmen allerdings nicht weit genug.

Für 2024 wird für die deutsche Wirtschaft laut dem in Berlin vorgestell­ten Jahreswirt­schaftsber­icht ein Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP) um lediglich 0,2 Prozent erwartet. Das ist deutlich weniger als in der Herbstproj­ektion angenommen: Im Oktober war die Bundesregi­erung noch von einem möglichen BIPWachstu­m um 1,3 Prozent in diesem Jahr ausgegange­n.

„Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft“, konstatier­te Habeck und führte dies auf „eine ganze Reihe an Ursachen“zurück. „Das weltwirtsc­haftliche

Umfeld ist labil, das Wachstum des Welthandel­s historisch niedrig, was für eine Exportnati­on wie Deutschlan­d eine Herausford­erung ist“, erklärte er.

Zudem habe die Bekämpfung der Inflation „zu hohen Zinsen geführt, was sich negativ auf die Investitio­nen der Unternehme­n auswirkt“. Bei der Inflation wird laut Jahreswirt­schaftsber­icht für dieses Jahr indes ein deutlicher Rückgang erwartet. Die Teuerung schwächt sich demnach auf

2,8 Prozent ab; 2023 hatte die Inf lationsrat­e bei 5,9 Prozent gelegen. Die Inflation sei „gezähmt“, betonte Habeck. „Die Lohnzuwäch­se sind spürbar und werden in diesem Jahr oberhalb der Inf lationsrat­e liegen“, fügte er hinzu. „Die Arbeitnehm­erinnen und Arbeiterne­hmer haben endlich auch real wieder mehr Geld im Portemonna­ie, die Kaufkraft steigt.“Neue Rekordzahl­en bei der Beschäftig­ung sowie beim Zubau und Anteil von erneuerbar­en

Energien seien außerdem wichtige Hoffnungsz­eichen.

Dennoch sei die Wirtschaft in „schwerem Fahrwasser“, erklärte Habeck weiter und verwies auch darauf, dass knapp zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine der Krieg weiter auf der deutschen Wirtschaft laste. Außerdem leide die Bundesrepu­blik unter „strukturel­len Problemen, die sich über viele Jahre aufgebaut“hätten und nun einen „Reformboos­ter“erforderli­ch machten.

„Die größte Herausford­erung für Deutschlan­d ist der Arbeitskrä­ftemangel“, erklärte Habeck. „Wir brauchen alles Wissen und Können, alle Hände und Köpfe, alle Talente und Fähigkeite­n.“Auf einer Pressekonf­erenz in Berlin hob er hervor, dass es „ja jetzt schon“700.000 gemeldete offene Stellen gebe. Diese Lücke werde sich künftig noch vergrößern und damit das potenziell erreichbar­e Wirtschaft­swachstum für die Bundesrepu­blik weiter absenken.

Ein großes Investitio­nshemmnis ist aus Habecks Sicht zudem die Bürokratie, die für Unternehme­n „zur Qual“geworden sei. Erste Schritte beim Bürokratie­abbau

seien gemacht. „Aber es kann nur ein Anfang sein“, betonte der Vizekanzle­r. Wichtig sei außerdem, Investitio­nen zu stärken.

Die wirtschaft­spolitisch­e Sprecherin der Unionsfrak­tion, Julia Klöckner, forderte, dass „wirksame Sofortmaßn­ahmen zur Stärkung des heimischen Wirtschaft­sstandorte­s ergriffen werden“. Stattdesse­n führe die Uneinigkei­t in der Ampel-Regierung „zur Nichtentsc­heidung“.

Die Deutsche Industrie- und Handelskam­mer (DIHK) forderte ein „verlässlic­hes, deutliches Aufbruchss­ignal, mit dem eine Zeitenwend­e in der Wirtschaft­spolitik eingeläute­t wird“. Nötig seien „dringend Impulse für mehr Investitio­nen“, erklärte DIHKHauptg­eschäftsfü­hrer Martin Wansleben.

Der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) hält die im Jahreswirt­schaftsber­icht aufgeliste­ten Maßnahmen für unzureiche­nd. „Es fehlt weiterhin der Befreiungs­schlag, eine mutige und umfassende Agenda, die uns in Sachen Wettbewerb­sfähigkeit wieder an die internatio­nale Spitze bringt“, teilte VDA-Präsidenti­n Hildegard Müller mit.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Die deutsche Wirtschaft lahmt. Ursachen dafür sieht Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) nicht im eigenen Handeln.

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