Scharfzüngiger Grantler auf grüner Spur
Kabarettist Urban Priol erntet beim Kleinkunsttreff nicht nur Applaus – „Im Fluss“heißt das aktuelle Programm
- Mit dem Kabarettisten Urban Priol war in der nahezu voll besetzten Stadthalle ein Urgestein des politischen Kabaretts beim Kleinkunsttreff zu Gast.
Seit über 20 Jahren ist der Aschaffenburger auf den Bühnen und im Fernsehen quasi omnipräsent. Geradezu legendär ist die ZDF-Reihe „Die Anstalt“mit Priol und Georg Schramm. Apropos Aschaffenburg. Die unterfränkische Metropole liegt bekanntlich in Bayern. Priol will dort aber partout nicht verortet werden. Deshalb beantwortet er die Frage, wo er herkommt, immer mit: „Ach, von dort, aus der Nähe von Frankfurt …“
In Aalen stürmt er leger in Jeans und buntem Hemd ein wenig hektisch die Bühne, parkt sein Weizenbier auf dem Stehtisch und legt los. „Im Fluss“nennt er sein aktuelles Programm, denn es wandelt sich ständig wie ein f ließendes Gewässer und folgt der wechselnden, heutzutage sich geradezu überschlagenden Gemengelage in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Da kommt selbst ein so abgebrühter und altgedienter Kabarettist
wie Priol manchmal fast nicht mehr hinterher.
Eine gewisse Konstante in seinen Programmen ist die jammernde Gesellschaft und die „Panikrepublik“, ausgenommen an Fasching. Kaum fallen im Dezember mal drei Schneef locken,
schon meldet sich seine Warn App und mahnt zur Vorsicht angesichts des zu erwartenden Schneefalls. Ein Fußball-Pokalspiel in Saarbrücken wird abgesagt, weil es regnet und man beim Neubau vergessen hat, eine Drainage unter dem Platz einzubauen. Nur noch wetterhysterische Weicheier unterwegs, so Priols Fazit. Allen voran natürlich die Bahn.
So eine Unpünktlichkeit wie heute hat er sich vor 50 Jahren in seiner Schulzeit immer wieder vergeblich gewünscht. Ansonsten macht Priol aus seinem dunkelgrünen politischen Standort natürlich keinen Hehl und teilt kräftig aus. Die üblichen Verdächtigen von der AfD über Sahra Wagenknecht und Markus Söder bis hin zu „Hubsi“Aiwanger bekommen ihr Fett ab, wobei es teilweise auch unter die politische Gürtellinie geht, wenn er etwa Aiwanger als „Reichsbauernführer“bezeichnet.
Bauern und Gastronomen sieht er ohnehin im Wettstreit bei einer Jammerchallenge. Aber auch Scholz, der Praktikant im Kanzleramt, und Finanzminister Lindner – „… zum Glück reicht‘s noch für die Politik“– kommen nicht ungeschoren davon.
Das Publikum im Saal reagiert immer wieder mit Heiterkeit und spontanem Beifall, aber bei nicht wenigen Besuchern rührt sich bei so manchen von Priols Sprüchen auch keine einzige Hand zum Applaus.