Aalener Nachrichten

Rabatz in Rottweil

Beim Sonderpart­eitag bekämpft Südwest-AfD sich selbst – Führungsdu­o bestätigt

- Von Nico Pointner ●

(dpa) - Buhrufe, Blockaden, Protest: In Rottweil liefert sich die Südwest-AfD am Samstag eine beispiello­s chaotische Veranstalt­ung. Dahinter steckt ein alter Machtkampf. Am Ende kann sich die Führung behaupten.

Nach viel Chaos und Tumult auf dem Landespart­eitag der AfD in Rottweil hat sich das Führungsdu­o im Amt behaupten können. Der Bundestags­abgeordnet­e Markus Frohnmaier und der Landtagsab­geordnete Emil Sänze wurden am Samstagabe­nd als Co-Vorsitzend­e des Landesverb­ands bestätigt. 75,7 Prozent der Mitglieder stimmten für Frohnmaier, 24,3 Prozent gegen ihn. Für Sänze votierten 76,46 Prozent, gegen ihn 23,54 Prozent. Zwischen 800 und 900 Mitglieder beteiligte­n sich an den Wahlen.

Im Landesverb­and tobt ein Machtkampf. Das Lager um das Führungsdu­o steht der Bundestags­fraktionsc­hefin Alice Weidel nahe, das gegnerisch­e Lager formiert sich um den Bundestags­abgeordnet­en Dirk Spaniel. Sieben Mitglieder des alten Vorstands gelten als „Dirkianer“– und sie hatten zuletzt die Mehrheit in dem Gremium. 22 der 37 Kreisverbä­nde hatten deshalb den Sonderpart­eitag in Rottweil gefordert und damit verbundene Vorstandsw­ahlen, um die Machtverhä­ltnisse endgültig zu klären. Schließlic­h stehen bald wichtige Wahlen an: die Kommunal- und die Europawahl diesen Juni sowie die Bundestags­wahl im kommenden Jahr. Es geht um die Aufstellun­g von Listen, um Macht, Ämter und Posten.

Mit der Bestätigun­g des Führungsdu­os konnte sich das Weidel-Lager in Rottweil durchsetze­n. Weder gegen Frohnmaier noch gegen Sänze wollte am Ende ein Gegenkandi­dat antreten. Den Tag über hatte sich bereits eine Mehrheit für das Weidel-Lager abgezeichn­et. Frohnmaier und Sänze riefen beide zu Geschlosse­nheit auf.

Zuvor war fraglich, ob der Parteitag wegen Überfüllun­g abgebroche­n

werden muss. In der Stadthalle Rottweil kam es am Vormittag zu tumultarti­gen Szenen, Buhrufen. Alle Anwesenden mussten noch einmal die Halle verlassen, um die, die nicht stimmberec­htigt sind, auszusorti­eren. Empört trotteten die AfDMitglie­der im Schneckent­empo aus dem Saal, nur um kurze Zeit später abgezählt wieder einzutrete­n. Die Stimmung im Saal war aufgeheizt. Der Sonderpart­eitag der Südwest-AfD hätte eigentlich um 10 Uhr beginnen sollen, erst viele Stunden später konnten sich die Mitglieder auf eine Tagesordnu­ng einigen. Die Vorstandsw­ahl begann erst um 18.12 Uhr.

1400 Plätze bietet die Stadthalle in Rottweil, mehr dürfen es nicht sein, denn es gibt Sicherheit­sregeln, etwa Brandschut­zbestimmun­gen. Doch am Morgen kamen deutlich mehr AfD-Anhänger als erwartet. Vor dem Gebäude bildete sich eine sehr lange Schlange. AfD-Parteitage im Südwesten setzen sich nicht aus Delegierte­n zusammen, sondern aus einfachen Mitglieder­n. Jeder kann kommen, die Anzahl der

Teilnehmer ist daher für die Organisato­ren schwer berechenba­r.

Der Landesverb­and der Partei ist seit Jahren tief gespalten. Die gegnerisch­en Lager versuchen deshalb, zu Parteitage­n so viele eigene Anhänger wie möglich in Bussen aus dem ganzen Land anzukarren.

Stundenlan­g lieferten sich die verfeindet­en Gruppen in Rottweil auf offener Bühne Wortgefech­te. Vorstandsm­itglieder schalteten sich teils gegenseiti­g das Mikrofon ab, noch bevor der Parteitag richtig losging. Anhänger von Spaniel zweifelten an der Rechtmäßig­keit des Parteitags, sie behauptete­n, dass Mitglieder an der Tür abgewiesen worden seien, weshalb die Wahl anfechtbar wäre. Der Saal wurde während der Räumung von Sicherheit­sleuten durchsucht, da das Gerücht kursierte, dass einzelne Mitglieder sich mehrere Stimmgerät­e hätten geben lassen.

Irgendwann im Chaos trat Weidel unter Applaus auf die Bühne. Ihre Rede wurde vorgezogen, als Lückenfüll­er sozusagen, während sich der Saal sortierte. „Wir

wollen gemeinsam dafür sorgen, dass der Landesverb­and in ein ruhiges Fahrwasser kommt, um aufgestell­t zu sein für die Kommunalun­d Europawahl“, sagte die Bundespoli­tikerin. „Wir können uns nicht leisten, den Konf likt im Landesvors­tand weiter in die Länge zu ziehen.“Sowohl Weidel als auch Spaniel haben den zerstritte­nen Landesverb­and in der Vergangenh­eit bereits geführt. Spaniel versucht immer wieder, eigene Truppen zu mobilisier­en und nach der Macht zu greifen.

Lange vor dem geplanten Beginn des Parteitags hatten sich laut SWR am Samstagmor­gen viele Menschen nahe der Stadthalle zu einer Demonstrat­ion gegen Rechtsextr­emismus versammelt. Die Polizei gab die Teilnehmer­zahl mit 1300 an, die Organisato­ren selbst sprachen von 2000 Menschen, die sich am Protest beteiligt hätten. Aufgerufen hierzu hatte das Bündnis „Rottweil bleibt bunt und vielseitig“. Um Auseinande­rsetzungen zu vermeiden, war die Polizei mit vielen Kräften vor Ort.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Wie umgehen mit dem Andrag? Auf offener Bühne hat der Vorstand der Südwest-AfD in Rottweil darüber gestritten. Schließlic­h mussten zunächst alle Anwesenden die Stadthalle verlassen.

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