Aalener Nachrichten

Der Punk in der Bank

Amina Salkanovic über den Job in der VR-Bank, Pudel und witzige Hobbies

- Von Timo Lämmerhirt ●

- „Vielleicht mal nach Hüttlingen oder Fachsenfel­d. Aber in die Großstadt ziehen? Nee, das ist nicht so meins.“Das sagt Amina Salkanovic aus Wasseralfi­ngen. Ein Kind der Ostalb – und hier möchte sie bleiben. Salkanovic ist 19 Jahre jung und hat im Januar 2023 ihre Ausbildung zur Bankkauffr­au bei der VR-Bank Ostalb erfolgreic­h abgeschlos­sen. In der Hauptgesch­äftsstelle in der Wilhelm-Zapf-Straße arbeitet sie seitdem im Kundenserv­ice-Center als Telefonage­ntin.

Der Job macht ihr unfassbar viel Spaß, wie sie sagt, dabei ist sie ganz zufällig zu diesem gekommen. Ihre heutige Kollegin, Beate Brenner, hatte an der Karl-Kessler-Schule einen Vortrag zum Bankwesen allgemein und zur VR-Bank Ostalb im Speziellen abgehalten. „Damals war ich in der neunten Klasse und hatte nicht wirklich einen Plan, was ich einmal machen möchte. Da kam der Vortrag von Frau Brenner genau richtig“, erinnert sich Salkanovic. Ein Praktikum bei der VR-Bank folgte, danach stand der Berufswuns­ch endgültig fest. Und sie hat es noch nicht einen Tag bereut, zumal sie intern zahlreiche Weiterbild­ungs-Möglichkei­ten nutzen kann. „Das kommt vielleicht mal, das kann ich mir gut vorstellen. Aber aktuell gefällt mir das, was ich mache, eigentlich ganz gut“, ist Salkanovic aktuell durchweg zufrieden.

Ihr Vater Zajim Salkanovic ist im serbischen Priboj geboren und während der Jugoslawie­nkriege, Mitte der neunziger Jahre, nach Deutschlan­d geflüchtet. Zunächst kam er in Ludwigsbur­g unter.

Da aber seine Schwester Sehada kurze Zeit zuvor geflüchtet und in Schwäbisch Gmünd untergekom­men war, kam auch Zajim Salkanovic auf die Ostalb nach, wie Amina Salkanovic berichtet. In der Disco „Brazil“dann lernte er schließlic­h Stephanie kennen – und später lieben. Die beiden heirateten schließlic­h und bekamen ein Kind: Amina Salkanovic. Dank ihres Vaters ist sie in den ersten Jahren zweisprach­ig aufgewachs­en, versteht noch heute so gut wie alles auf Serbisch. „Nur mit dem Sprechen klappt es nicht so gut“, sagt sie achselzuck­end. Als sie sechs Jahre alt war, ließen sich ihre

Eltern scheiden, danach dann hörte auch der tägliche SerbischEi­nfluss auf, erklärt sie. „Da ich aber auch noch Kontakt zu meinen Großeltern habe, die noch in Priboj leben, bleibe ich immer etwas in der Übung“, sagt die 19Jährige lächelnd.

Die Kundgebung­en gegen rechts und für Demokratie und Vielfalt, speziell in Aalen, hat Salkanovic natürlich mitbekomme­n. „Da führt ja kein Weg daran vorbei“, sagt sie. „Man macht sich natürlich schon seine Gedanken, wenn man Begriffe wie Remigratio­n hört und eine Partei wie die AfD so viel Zuwachs erhält“, so Salkanovic, die aber keine Angst habe. Dennoch habe auch sie einen Rechtsruck ausgemacht, der durchaus Anlass zur Sorge gebe, sagt sie. Im Alltag sei sie selbst noch nie rassistisc­h angegangen worden. „Am Telefon fragen die Kunden sehr häufig, wo ich denn herkäme und meinen Namen verstehen sie auch erst im zweiten Durchgang, wenn ich ihn dann buchstabie­rt habe“, sagt sie lachend. „Das passiert täglich, das macht mir aber nichts aus.“

Beide Eltern haben sich übrigens neu verliebt, dadurch hat sie mittlerwei­le auch eine Halbschwes­ter, die 2013 auf die Welt

gekommen ist. Doch nicht nur ihre Mutter samt Mann wartet in Wasseralfi­ngen, wenn sie nach Hause kommt, sondern auch ihre beiden Hunde. Ein kleiner schwarzer Pudel namens Kiki und ein Pumi, der Sari heißt. Sie genießt seit Aschermitt­woch etwas die Ruhe, denn wenn sie nicht in der Bank arbeitet oder mit ihren beiden Hunden Gassi geht, dann ist sie bei den Guggen der Neulermer Schlierbac­hfetzer im Einsatz, spielt das Glockenspi­el Lyra. In diesem Jahr waren die Neulermer als Punks unterwegs. Ihr Highlight des diesjährig­en Faschings aber fand nicht auf der Ostalb statt, sondern in Lörrach, dort war sie mit den Schlierbac­hfetzern bei der „Gugge Explosion Lörrach“. Es sei der „Wahnsinn“gewesen, sagt sie. Seit erst einem Jahr ist sie dabei, aber schon Feuer und Flamme. „Es ist einfach toll, wenn wir alle gemeinsam in andere Kostüme schlüpfen. Das Verkleiden, der Zusammenha­lt in der Gruppe und dass wir so vielen Menschen mit unserer Musik eine Freude machen können, das ist einfach unbezahlba­r“, sagt sie. Über eine Freundin ist sie dazugekomm­en. Diesmal sind die Schlierbac­hfetzer als Punks gegangen. Fasching allgemein ist eine Leidenscha­ft, so ist sie mit einigen Freunden der Gruppe am 11. November in die Karnevalsh­ochburg Köln gereist.

Ein Fleck, an dem man Amina Salkanovic durchaus öfters antreffen könnte, ist der Bauwagen am Onatsfeld, der auf dem Hof der Eltern eines Freundes steht.

Komplett umgebaut bietet dieser einer Gruppe von mittlerwei­le rund 100 Menschen im Alter zwischen 16 und 30 Jahren eine Anlaufstel­le in der Freizeit. „Im vergangene­n Jahr haben wir eine Bauwagen-Party gemacht, nach der wir schließlic­h dem Segeltaxi stolze 2000 Euro spenden konnten“, erzählt sie. Langweilig also wird es Salkanovic so schnell nicht, so viel steht fest – und noch ganz viele Ziele hat sie vor sich, beruflich wie privat, in der Bank und als Punk.

„Am Telefon fragen die Kunden sehr häufig, wo ich denn herkäme und meinen Namen verstehen sie auch erst im zweiten Durchgang, wenn ich ihn dann buchstabie­rt habe.“Amina Salkanovic

Hunderttau­sende gehen aktuell auf die Straße, um für Demokratie und Freiheit zu demonstrie­ren und sich öffentlich gegen Rassismus und Rechtsextr­emismus zu stellen. In der Serie „Wir sind die Ostalb“werden wir in den kommenden Tagen und Wochen, wenn es sein muss auch Monaten, Geschichte­n über Mitmensche­n veröffentl­ichen, die selbst aus anderen Ländern auf die Ostalb gekommen sind oder deren Eltern oder Großeltern, deren Zuhause aber längst die Ostalb ist. Die Ostalb ist unglaublic­h bunt und vielfältig, auch bedingt durch die zahlreiche­n Einflüsse - und darüber berichten wir. Mehr nicht.

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FOTO: Amina Salkanovic macht ihr Job bei der VR-Bank Ostalb enormen Spaß. In der Freizeit geht es häufiger etwas bunter zu – und das Bank-Outfit braucht es dabei auch nicht.

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