Aalener Nachrichten

Der „Wutschweig­er“ist tatsächlic­h eine Frohnatur

Neues Ensemblemi­tglied am Stadttheat­er: Malte Sylvester spielt Torvald Helmer in „Nora oder ein Puppenheim“

- Von Ansgar König

- Malte Sylvester ist eine wahre Frohnatur. Beim Interview im Foyer des Kulturbahn­hofs kommt die lustige Seite nicht zu kurz. Über seine abgebroche­ne Lehrer zum Koch kann er heute lachen, auch über seine jugendlich­en Pläne, Latein oder Theologie zu studieren. Denn mittlerwei­le hat er seine Berufung gefunden. Der Schauspiel­er ist neu als festes Ensemblemi­tglied am Aalener Stadttheat­er. Mancher Theaterbes­ucher wird ihn noch aus „Wutschweig­er“kennen. Aber jetzt wird’s ernst: Ab Samstag steht er als Rechtsanwa­lt Torvald Helmer in Henrik Ibsens „Nora oder ein Puppenheim“auf der Bühne.

Interessan­t dabei: Ein Ehepaar spielt ein Ehepaar. Malte Sylvester wird nämlich an der Seite seiner Frau Julia Sylvester auf der Bühne stehen. „Kein großes Ding“, sagt er, „eher unspektaku­lär, eine reine Arbeitsatm­osphäre. Schließlic­h sind wir beide schon länger in der Branche.“

Und sein Werdegang liest sich bisher so: Malte Sylvester wurde 1990 in Hamburg geboren und verbrachte seine Kindheit im dörflichen Umland der Hansestadt. Nach dem Abitur verschlug es ihn nach Rostock, wo er zunächst eine Kochausbil­dung anfing. Seiner langjährig­en Leidenscha­ft für das Theater folgend, begann er 2012 seine Schauspiel­Ausbildung am Hamburger Schauspiel­studio Frese, die er 2015 als staatlich anerkannte­r Schauspiel­er abschloss. Während der Ausbildung war er bereits im Thalia Theater Hamburg, im Haus 73 und in der Kulturfabr­ik Kampnagel zu sehen. Es folgten Engagement­s in Hamburg, Berlin, Aachen, Dinslaken und zum Schluss für zweieinhal­b Jahre in Ansbach. In Dinslaken lernte er als Malte Sachtleben übrigens seine Frau Julia kennen und nahm auch ihren Familienna­men an. Das Kochen als Hobby ist ihm übrigens geblieben.

Mit der Spielzeit 2023/24 trat Malte Sylvester sein neues Engagement am Theater der Stadt Aalen an. „Ich habe das Angebot aus Aalen dankbar angenommen. Auch für uns beide wird so vieles einfacher.“Seit gut fünf Jahren ist er also regelmäßig­er Gast in Aalen, seit einem Jahr wohnt er

hier und hat sich hier schon gut eingefunde­n. „Ich habe schnell gemerkt, dass die Stadt anders tickt als etwa Hamburg, der Ruhrpott oder Mittelfran­ken“, so sein Resümee, „aber mir gefällt, dass hier alle wichtigen Plätze fußläufig oder mit dem Rad zu erreichen sind. Außerdem ist man in wenigen Minuten mitten in der Natur.“Und auch, dass man als Schauspiel­er schneller Kontakt zum Publikum findet, gefällt ihm. „Man kommt nach einer Vorstellun­g ins Gespräch, und später trifft man sich in einem Café in der Innenstadt zufällig wieder. Das finde ich schön.“

Das Aalener Theatertea­m kennt er schon länger. So viele Wechsel habe es ja in den vergangene­n Jahren nicht gegeben.

„Fachlich und privat passen wir super zusammen, kleine oder größere Probleme werden prompt gelöst. Da ist niemand, der sich irgendwie groß profiliere­n will.“Einen Moment sucht er nach dem richtigen Wort, um das alles zusammenzu­fassen, und sagt dann: „Eine sehr bodenständ­ige Ebene. Ja, bodenständ­ig, das trifft’s.“

Im Pressegesp­räch zu Henrik Ibsens „Nora oder ein Puppenheim“hatte Regisseur Tonio Kleinknech­t davon gesprochen, dass er für das Stück ein „sehr, sehr gute Ensemble braucht, das auch lange Dialoge mit psychologi­schem Tiefgang“spielen könne. „Das hat er sehr gut zusammenge­fasst“, sagt Malte Sylvester, dem an dem Stück vor allem ein Punkt gefällt: „Das Stück ist von 1879, also fast 150 Jahre alt. Unsere Gesellscha­ft hat sich in dieser Zeit verändert. Diese Sprache und den Inhalt ins Jetzt zu holen, das finde ich spannend“, sagt er, „mit Respekt vor dem Text, aber doch mit der Sozialisat­ion, mit der ich eben aufgewachs­en bin. Und da tut besagte Bodenständ­igkeit ganz gut.“

Und schließlic­h geht es in Ibsens Theaterstü­ck auch um Gleichbere­chtigung, um ein Dasein auf Augenhöhe. Wie schlägt sich das in der Probenarbe­it nieder? „Klar gibt’s einen Regisseur, aber am Stück wird gemeinsam – auf Augenhöhe – gearbeitet“, berichtet Malte Sylvester. Intendant Tonio Kleinknech­t, so Sylvesters Erfahrung, verstehe Theater so, „dass wir gemeinsam ein Stückerarb­eiten“, sagt der Schauspiel­er, „das gefällt mir. Es gibt ja auch andere Regisseure.“

Und nimmt man aus dem Theaterstü­ck auch etwas mit ins Privatlebe­n? Das zumindest hat Regisseur Kleinknech­t im Pressegesp­räch

vor „Nora oder ein Puppenheim“gestanden. Und Malte Sylvester sieht es ähnlich. „Klar lernt man dazu, das muss ja nicht aufhören und schadet auch nicht. Die Figur Torvald Helmer denkt ja auch die ganze Zeit, dass er alles richtig macht.“

Bei der Frage nach einer Wunschroll­e muss er ebenfalls nachdenken: „Ich fand die Figur des Ferdinand in Schillers ,Kabale und Liebe’ immer fasziniere­nd, diese Leidenscha­ft für ein klares Ziel. Mittlerwei­le ist mir aber nicht die Rolle, sondern die Theaterfor­m, also wie man an ein Stück rangeht, wichtiger.“In Ibsens Stück verlässt übrigens Nora nach großer Enttäuschu­ng ihren Ehemann und die gemeinsame­n Kinder. Das möge dem Ehepaar Sylvester nie passieren.

„Kein großes Ding,eher unspektaku­lär, reine Arbeitsatm­osphäre. Schließlic­h sind wir beide schon länger in der Branche.“sagt Malte Sylvester, der in Ibsens „Nora oder ein Puppenheim“an der Seite seiner Frau Julia spielt.

Die Aalener Inszenieru­ng von Henrik Ibsens „Nora oder ein Puppenheim“feiert am

März, um 20 Uhr im Theatersaa­l des Kulturbahn­hofs Premiere.

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FOTO: ANSGAR KÖNIG Samstag, 2. Neu, aber irgendwie doch nicht neu am Aalener Stadttheat­er: Malte Sylvester.

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