So fand Baki Firtina seine Bopfinger Heimat
Seit 1965 lebt er in Deutschland - Was er in dieser Zeit alles erlebt hat
- Langsam aber sicher neigt sich die Winterpause im Fußball dem Ende entgegen. Für Baki Firtina und seinen TV Bopfingen steht an diesem Sonntag das erste Pflichtspiel des Jahres an. Es geht zu Hause gegen den FC Ellwangen.
Das Mitglied des Vorstands des TVB und Betreiber des Vereinsheims ist Bopfinger durch und durch. Geboren wurde er 1959 in der Türkei. Mit sechs Jahren kam Baki Firtina mit seiner Mutter, Schwester und seinem Bruder nach Oberdorf. Zwei Jahre später zog die Familie nach Bopfingen. „Die Menschen, das Umfeld und der Verein TV Bopfingen machen das Ganze hier in Bopfingen so lebenswert. Hier bin ich einfach zu Hause“, nennt Baki Firtina die Gründe, weshalb Bopfingen seine Heimat ist. Baki Firtinas Vater kam bereits 1963 nach Oberdorf. „Wir hatten nichts in der Türkei, ansonsten wären wir von der ägäischen Küste auch nicht weggegangen. Mein Vater wollte uns ein gutes Leben ermöglichen. Das, was wir heute besitzen und zu dem wir geworden sind, haben wir Deutschland zu verdanken“, berichtet Baki Firtina. Viele Jahre führte er eine eigene Firma. Da seine Söhne diese aber nicht übernehmen wollten und auch altersbedingt, habe er diese aber mittlerweile verkauft.
Die Anfangszeit in Deutschland als Kind war für Baki Firtina, auch aufgrund der Sprachbarriere, nicht ganz so einfach: „Als ich noch nicht so gut Deutsch konnte, wurde ich von Teilen meiner Klassenkameraden gehänselt. Deshalb hatte ich mir gedacht: Es kann nicht sein, dass ich nicht so gut Deutsch sprechen kann, wie die anderen. Für mich war es immer ein Antrieb, die Sprache, auch mit ein wenig schwäbischem Dialekt, genauso zu sprechen wie die anderen auch“, so Baki Firtina. In der darauffolgenden Zeit habe ihm das Vereinsleben beim TV Bopfingen sehr geholfen, in Deutschland richtig Fuß zu fassen. Doch vereinzelt gab es auch bei den Fußballspielen Hänseleien, wie sich Baki Firtina zurückerinnert. „Ich war eigentlich der einzige Ausländer in der Region, der in der Fußballmannschaft mitgespielt hatte. Wenn die gegnerischen Spieler
versucht hatten, sich lustig über mich zu machen, stand meine Mannschaft aber komplett und geschlossen hinter mir. Das war schon ein überwältigendes Gefühl, deshalb habe ich eigentlich schon mein ganzes Leben lang die Zuneigung zum TV Bopfingen.“
Im weiteren Verlauf seines Lebens lernte Baki Firtina, dass die Sprache seine Waffe ist. „Ich kann auch einen Deutschen damit schachmatt setzen, wenn er nicht mehr weiß, wie er sich ausdrücken soll. Für jeden ausländischen Bürger ist es deshalb ganz, ganz wichtig, die Sprache so schnell wie möglich zu lernen und sich der Kultur anzupassen“, erklärt Baki Firtina. Weiter fügt er an, dass alle Menschen gemeinsam und nicht getrennt voneinander leben sollen. Das gehe schon beim Essen los. „Ich esse sehr gerne Sauer- oder Rinderbraten, deshalb muss ich aber nicht Schwein essen. In der deutschen Küche schmecken mir außerdem Kartoffelsalat und Semmelknödel sehr gut“, so Baki Firtina. Auch wenn Deutschland seit mittlerweile 58 Jahren seine Heimat ist, hat er seine Wurzeln niemals vergessen. „Trotz der langen Zeit in Deutschland, bin ich immer noch türkischer Staatsbürger. Diese wollte ich nie komplett ablegen, eine heimliche doppelte
Staatsbürgerschaft kam für mich auch überhaupt nicht in Frage. Ich bin in der Türkei geboren und habe dort die ersten Jahre verbracht. Deshalb war es mir wichtig, die Staatsbürgerschaft der Türkei zu behalten“, sagt Baki Firtina. Wie er weiter ausführt, liebt er Deutschland genauso wie die Türkei. In ihm schlagen zwei Herzen. Deshalb freue er sich schon sehr darauf, wenn voraussichtlich Mitte des Jahres die doppelte Staatsbürgerschaft kommt.
Mit Blick auf den aktuellen Rechtsruck in Deutschland habe der 64-Jährige gemerkt, dass ein Wahlrecht in Deutschland mehr denn je sehr wichtig ist. Auch als ausländischer Staatsbürger könne man aus seiner Sicht gegen den Rechtsruck mitwirken. Dass nun so viele gegen rechts demonstrieren, habe Baki Firtina stolz gemacht. „Den Menschen, die dafür auf die Straße gegangen sind, zolle ich meinen allerhöchsten Respekt. Sie zeigen, wie wichtig das freiheitliche Leben und Denken ist.“Allerdings betont er auch, dass Deutschland ein demokratisches Land ist. „Man kann kritisch sein. Das darf die AfD genauso sein, wie zum Beispiel die Grünen oder die FDP. Nur darf man es nicht übertreiben und manche Themen nehmen bei der AfD dabei überhand. Wenn ich höre, dass ein AfDler den türkischen Präsidenten Erdogan lobt, weiß ich nicht, wohin das Ganze führen soll.“Wenn bald die doppelte Staatsbürgerschaft in Kraft tritt, hat Baki Firtina mit seiner Stimme selbst die Möglichkeit, sich aktiv bei der Wahl mit einzubringen.
Hunderttausende gehen aktuell auf die Straße, um für Demokratie und Freiheit zu demonstrieren und sich öffentlich gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu stellen. In der Serie „Wir sind die Ostalb“werden wir in den kommenden Tagen und Wochen, wenn es sein muss auch Monaten, Geschichten über Mitmenschen veröffentlichen, die selbst aus anderen Ländern auf die Ostalb gekommen sind oder deren Eltern oder Großeltern, deren Zuhause aber längst die Ostalb ist. Die Ostalb ist unglaublich bunt und vielfältig, auch bedingt durch die zahlreichen Einflüsse - und darüber berichten wir. Mehr nicht.