Von der Verkehrsanbindung und der Wirtschaft
Beim Mobilitätsforum erklären Landrat Joachim Bläse und Verkehrsminister Winfried Hermann Zusammenhänge
- Zum zweiten Mal hat die Landkreisverwaltung des Ostalbkreises zum Mobilitätsforum geladen. Im Zeiss-Forum in Oberkochen begrüßte Landrat Joachim Bläse unter anderem den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann. Das Thema dieser Veranstaltung lautete „Verkehrsanbindung als Standortfaktor einer Wirtschaftsregion“. „Mit dem Erfolg, mit dem Wachstum in der Region, wachsen natürlich auch die Belastungen, vor allem im Verkehrssektor“, sagte Hermann.
Bereits im Kreistag habe man eifrig diskutiert, begann Bläse, dass die Infrastruktur die große Herausforderung werde beziehungsweise bleibe. Viel habe man in den vergangenen Jahren unter dem Stichwort „Mobilitätswende“diskutiert, stets mit den Fragen gepaart, wie man die Dekarbonisierung und die Klimaschutzziele im Bereich der Mobilität voranbringen könne. Ein weiterer Punkt sei stets die „Teilhabe an Mobilität“gewesen mit den Punkten Nahverkehrspläne, Schienennahverkehr, öffentlicher Nahverkehr. Die dritte Komponente, die der Landrat in den Saal warf, war das Thema des zweiten Mobilitätsforums, „und die Frage haben wir in der Form noch nie diskutiert: Mobilität als Standortfaktor“, so Bläse.
Die Verkehrsinfrastruktur im Ostalbkreis sei bereits eine „beeindruckende“, so der Landrat. Straßennetz, Eisenbahnlinie, Radwegenetze, „vieles wurde geschaffen, vieles gilt es zu erhalten.“Wenn man aber nur auf den Erhalt schaue, müsse man gar nicht erst über den Ausbau nachdenken. Die Wirtschaft in Ostwürttemberg sei bedeutend für das ganze Land, sei ein Aushängeschild, „wir haben die großen Marktführer, wir haben die großen Innovatoren, wir haben die großen Technologieführer“, und da sei man sehr stolz drauf. Die Zukunft liege im ländlichen Raum, war sich der Landrat sicher. Deswegen sei es auch wichtig, dass dieser Wirtschaftsstandort erschlossen und angebunden sei. „Jede negative Entwicklung im Bereich der Verkehrsanbindung spüren wir eins zu eins“, unterstrich Bläse. „Die Verkehrsanbindung hat nicht nur eine unmittelbare Auswirkung auf den
Betrieb, die Produktion selbst. Sondern wir ringen inzwischen auch um die besten Köpfe“, plädierte er.
Schienenmäßig sei der Ostalbkreis gut erschlossen. Remsbahn, Jagsttalbahn, Ries- oder Brenzbahn, zählte Bläse einige Strecken auf. Aber: Bei der Brenzbahn müsste man bei den Planungskosten „mehrere Millionen Euro schultern“, wenn man die Bedeutung steigern wolle, sagte Bläse. Baden-Württemberg und Bayern hätten in diese Richtung schon eine Menge unternommen, so Bläse. Viele Wegenetze seien durchaus in der Zeit, „auf der anderen Seite hat man eine Brenzbahn, die quasi 19. Jahrhundert ist“, ergänzte Verkehrsminister Hermann deutlich. „Eingleisig, nicht elektrifiziert, wo ein dringender Nachholbedarf, ein Sanierungsbedarf, besteht.“Der Ausbau sei jedoch eine Herausforderung, sagte Hermann, ebenso wie ein Teil der Donau-Iller-S-Bahn. Kosten: rund 600 Millionen Euro.
Neben all diesen Grundvoraussetzungen dürfe man jedoch nicht die neuen Mobilitätsformen vergessen, auch hier müsse man
sich schneller bewegen. Beim ÖPNV habe man bereits eine Menge entwickeln können, da man speziell in diesem Bereich nach wie vor eine große Chance sehe, müsse aber noch sehr viel mehr machen, so der Landrat. Fahrgastzahlen sollen idealerweise verdoppelt werden, was nur mit einem gut ausgebauten ÖPNV funktioniere, „auf der Schiene und auf der Straße“, ergänzte Hermann. Dabei müsse man schneller vorankommen, um die Ziele bis 2030 hinzubekommen.
Winfried Hermann freute sich, dass es in Ostwürttemberg überhaupt eine Debatte um die Mobilität gebe. Die These im Titel der Veranstaltung teilte der Verkehrsminister
uneingeschränkt. „Es kommt entscheidend darauf an, wie wir zu unseren Arbeitsplätzen kommen, wie Produkte dorthin oder weggebracht werden – wenn das nicht funktioniert, dann wird es auch in Zukunft nicht funktionieren.“
Den Ostalbkreis möchte Hermann nicht als ländlichen Raum bezeichnet wissen. „Zwar gibt es hier Ecken, die sind so ländlich wie sonst kaum irgendwo, auf der anderen Seite hat man mit Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen und Heidenheim mittelgroße Städte, die Agglomerationscharakter haben – das ist nicht mehr nur ländlicher Raum“, begründete der Verkehrsminister. Schlichtweg die „Kombination eines wunderbaren, naturnahen Lebensraums mit modernsten Arbeitsplätzen“, fasste er zusammen.
Mobilität im Verkehr müsse so organisiert werden, dass es nicht zum Nachteil für Umwelt und Natur geschehe. „Als Verkehrsminister ist es in erster Linie meine Aufgabe, Mobilität zu sichern. Ich möchte sie aber so sichern, dass es nicht zum Schaden der Umwelt und damit der zukünftigen Generationen
passiert.“Dies sei durchaus möglich, man habe die Konzepte und entsprechende Technologie. Der Verkehr auf der Straße müsse zwingend reduziert werden. Dazu könne jeder einzelne im Nahverkehr beitragen, mit dem Fahrrad oder etwaigen Rollern. Dazu müsse jedes zweite Auto klimafreundlich funktionieren, jede zweite Tonne klimafreundlich transportiert werden. Die Elektrifizierung bei Pkw und Lkw müsse weiter voranschreiten. „Im Pkw-Verkehr sind wir schon ganz gut, bei den Lkw stehen wir gerade am Anfang“, sagte Hermann. Das werde die Politik jedoch nicht alleine schaffen, hier seien Bürgerinnen und Bürger, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Kommunen sowie Unternehmen gefragt, mitanzupacken. „Das ist ein Gemeinschaftsprojekt, nur gemeinsam werden wir das schaffen. Und wir haben schon viele Jahre verloren“, sagte Hermann. Speziell bei den Finanzierungsfragen zweifelte er jedoch, da die Kreise sich stets auch mit anderen Problemen (Klinik, Flüchtlinge) auseinanderzusetzen haben.
„Mit dem Erfolg, mit dem Wachstum in der Region, wachsen natürlich auch die Belastungen, vor allem im Verkehrssektor.“Minister Winfried Hermann