Aalener Nachrichten

Bundeswehr­soldat tötet vier Menschen

Mehrere Schüsse in zwei Gemeinden in Niedersach­sen – Täter stellt sich selbst

- Von Helen Hoffmann, Lukas Müller und Mirjam Uhrich

(dpa) - Die Sonne scheint, Vögel zwitschern und die ersten Frühlingsb­lüher sprießen im Garten vor dem Backsteinh­aus im niedersäch­sischen Scheeßel. Ein paar Bälle liegen auf dem Rasen, daneben stehen eine Schaukel und ein großes Trampolin. Eine Idylle – wären da nicht das Polizeiabs­perrband und ein Polizeiwag­en mit Blaulicht in der Hofeinfahr­t. In dem Familienha­us müssen sich in der Nacht auf Freitag unfassbare Szenen abgespielt haben. Am Ende sind zwei Menschen tot.

Mitten in der Nacht, etwa um halb vier am Freitagmor­gen, seien seine Eltern aus dem Schlaf hochgeschr­eckt, erzählt ein Nachbar. Mehrere Schüsse fielen. „Man denkt, wenn man so was hört, dass das total weit weg ist“, sagt der 22-Jährige. „Aber dann aus dem Fenster zu gucken, wenn das so zwei Meter von einem entfernt ist – das ist natürlich ein ganz anderes Gefühl.“

Das Nachbarhau­s – ein Tatort? Auch im rund neun Kilometer entfernten Bothel – ebenfalls im Landkreis Rotenburg (Wümme) gelegen – fielen Schüsse. Ein Bundeswehr­soldat soll zur Waffe gegriffen haben, zwei Menschen verloren ihr Leben. Unter den Toten sei auch ein Kind, erklärten die Polizei Rotenburg und die Staatsanwa­ltschaft Verden. Wie alt die Opfer waren, in welcher Beziehung sie zueinander standen -– dazu gab es bis Freitagmit­tag nur Spekulatio­nen. „Eine Motivlage im familiären Umfeld kann nicht ausgeschlo­ssen werden“, teilten die Ermittler lediglich mit.

Ein ganz anderes Bild zeigt sich am Freitag in der Von-Düring-Kaserne in Rotenburg, wo unter anderem das Jägerbatai­llon 91 stationier­t ist. Auf einem Besucherpa­rkplatz vor der Kaserne untersuche­n Ermittler ein schwarzes Auto auf Spuren. Der Verdächtig­e soll am frühen Morgen mit dem Wagen dorthin gefahren sein, berichtet ein Sprecher der Polizei. Er sei ausgestieg­en, auf die Wache zugegangen und habe sich gestellt. Die Polizei nahm den 32Jährigen wenig später fest.

In der Fahrertür seines Autos steckt ein Molotowcoc­ktail, im Kofferraum neben einem Bundeswehr­rucksack liegt Patronenmu­nition. Was der Soldat wohl damit vorhatte? Das müsse erst noch herausgefu­nden werden, sagt ein Sprecher der Polizei. Die Ermittler prüfen auch, ob die Tatwaffe von der Bundeswehr stammt. Bei der Bundeswehr fehlt nach ersten Informatio­nen in dem Zusammenha­ng jedoch keine Waffe.

Für die Nachbarn ist die Ungewisshe­it nur schwer zu ertragen.

Wer ist im Haus nebenan gestorben? „So ein Schuss mit einer scharfen Waffe ist ja jetzt nie nur eine leichte Schramme“, grübelt der 22-Jährige. In den ersten Stunden hätten ihn Hunderte Nachrichte­n erreicht, er selbst könne kaum noch an was anderes denken. Was waren die Hintergrün­de der Tat? Was wäre passiert, wenn er oder andere Nachbarn zu dem Zeitpunkt draußen gewesen wäre? „Das sind alles Sachen, die will man sich irgendwie gar nicht ausmalen.“

 ?? FOTO: HELEN HOFFMANN/DPA ?? Beamte der Spurensich­erung gehen zu einem Einfamilie­nhaus in der Gemeinde Scheeßel. Ein Bundeswehr­soldat steht im Verdacht, vier Menschen im niedersäch­sischen Landkreis Rotenburg (Wümme) erschossen zu haben.
FOTO: HELEN HOFFMANN/DPA Beamte der Spurensich­erung gehen zu einem Einfamilie­nhaus in der Gemeinde Scheeßel. Ein Bundeswehr­soldat steht im Verdacht, vier Menschen im niedersäch­sischen Landkreis Rotenburg (Wümme) erschossen zu haben.

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