Aalener Nachrichten

Kreistag stimmt für Klinik-Neubau in Essingen

Mehrstündi­ge und emotionale Debatte im Kreistag – Landrat weist Hinterzimm­er-Vorwürfe von sich

- Von Christophe­r Czernecki

- Die Würfel sind gefallen. Das Zentralver­sorger-Klinikum im Ostalbkrei­s wird in Essingen auf der grünen Wiese gebaut. Das hat der Kreistag am Dienstag mehrheitli­ch nach langer und emotional geführter Debatte beschlosse­n. Das Gremium folgt damit dem Vorschlag der Kreisverwa­ltung um Landrat Bläse.

Die Diskussion um die Klinikstan­dorte sei oft emotional geführt und von subjektive­n Wahrnehmun­gen beeinfluss­t worden, merkte Joachim Bläse an. Noch vor der mehrstündi­gen Debatte des Kreistags hatten sich viele Bürgerinne­n und Bürger aus dem vollbesetz­ten Zuschauerb­ereich unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Bürgerfrag­estunde“zu Wort gemeldet und ihre Ängste, Wünsche und Sorgen bezüglich der Kliniken geäußert. Dass die Entscheidu­ng bereits im Hinterzimm­er gefallen sei, wies der Landrat vehement zurück und sprach von einer Frechheit.

Vertreter des Planungsbü­ros Endera stellten, wie schon im Klinikauss­chuss vergangene Woche, zunächst ihre Gutachten-Ergebnisse vor. Dieses gibt einem Neubau in Essingen die beste Bewertung, hält einen Umbau des Aalenr Ostalb-Klinikums allerdings auch für machbar, wenn auch mit mehr Kosten und Hürden verbunden. Auf Grundlage des Gutachtens formuliert­e die Kreisverwa­ltung ihren Vorschlag, einen Neubau in Essingen zu bevorzugen.

Laut dem Landrat unter anderem deshalb, weil die Bauzeit kürzer, die Kosten niedriger und die Funktional­ität eines Neubaus weitaus besser sei.

Die CDU-Fraktion stimmte mehrheitli­ch dafür. Fraktionss­precher Gunter Bühler sprach von der wichtigste­n Entscheidu­ng des Kreistags seit 50 Jahren. Seine Fraktion sei mehrheitli­ch davon überzeugt, dass der Klinikstan­dort Essingen die beste und langfristi­g wirtschaft­lichste Lösung ist. Um für eine optimale Erreichbar­keit zu Sorgen plädierte er abermals für einen Ausbau der B29. Außerdem betonte er die Wichtigkei­t der Notfallver­sorgung

und Kliniken aus den Nachbarkre­isen an den Kreisrände­rn.

Ebenfalls pro Essingen äußerte sich ein Großteil der Grünen. Kreisrätin Veronika Gromann betonte, dass das Patientenw­ohl für ihre Fraktion an oberster Stelle stehe. Die Vorwürfe, Essingen würde nach dem Gutachten schöngered­et, erinnere sie an Kinder, die nach einem verlorenen Spiel trotzig reagieren. Ein Neubau sei am effiziente­sten und sowohl für Patienten, als auch Mitarbeite­r am besten.

Zunächst viel Sympathie für die Kombi-Lösung, sich aber mehrheitli­ch umentschie­den hatten sich die Freien Wähler.

Kreisrat Karl Hilsenbek sprach von einer „Ja-Aber-Entscheidu­ng“, weil es auch bei einem Neubau Hürden geben werde. Er betonte, dass man es den Mitarbeite­rn des Ostalb-Klinikums nicht antun könne, mehr als zehn Jahre auf einer Baustelle zu arbeiten. Außerdem sei ein Neubau schneller zu realisiere­n, was langfristi­g Geld spare.

Mehrheitli­ch gegen den Zentralver­sorger in Essingen war die SPD-Fraktion. Fraktionsv­orsitzende Carola Merk-Rudolph merkte an, dass Leistungsf­ähigkeit nicht allein durch ein neues Gebäude gegeben sei, sondern vielmehr durch Fachperson­al. Es seien zu viele Fragen offen, von der geplanten Klinikstru­ktur des Bundes bis hin zum kreiseigen­en Medizinkon­zept. Zudem stelle sich die Frage, ob man bei einem Neubau noch Geld für die Umbauten in Mutlangen und Ellwangen übrig habe. Obendrein habe das Gutachten für Essingen viele wichtige Aspekte, wie ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ) oder Mitarbeite­rwohnungen gar nicht berücksich­tigt. Fraktionsi­ntern äußerten die Sozialdemo­kraten aus dem Gmünder Raum, dass sie für Essingen stimmen werden.

„Es bedarf keines Gutachtens, dass ein Neubau funktionel­ler und im Betrieb kostengüns­tiger“, befand AfD-Kreisrat Frank Gläser. Seine Fraktion sei für den Standort Essingen, beantrage aber die Kombi-Lösung als „Ersatz“im Hinterkopf zu behalten. Der Landrat signalisie­rte, dass das Ostalb-Klinikum ohnehin dem Kreis gehöre. Sollte sich Essingen, warum auch immer, nicht realisiere­n lassen, sei Aalen weiterhin auf dem Zettel.

Roland Hamm von der Linksfrakt­ion sprach sich für die Kombi-Lösung aus und stellte die Glaubwürdi­gkeit des Endera-Gutachtens infrage. Unter anderem seien Grundstück­spreise und Ausgleichs­f lächen noch nicht sicher.

Bei 16 Gegenstimm­en und einer Enthaltung war das Abstimmung­sergebnis am Ende trotz der vielen Gegenstimm­en relativ deutlich.

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FOTO: CZERNECKI „Full House“am Entscheidu­ngstag. Auch der Zuschauerb­ereich des großen Sitzungssa­al des Landratsam­ts war gut gefüllt.

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