Kreistag stimmt für Klinik-Neubau in Essingen
Mehrstündige und emotionale Debatte im Kreistag – Landrat weist Hinterzimmer-Vorwürfe von sich
- Die Würfel sind gefallen. Das Zentralversorger-Klinikum im Ostalbkreis wird in Essingen auf der grünen Wiese gebaut. Das hat der Kreistag am Dienstag mehrheitlich nach langer und emotional geführter Debatte beschlossen. Das Gremium folgt damit dem Vorschlag der Kreisverwaltung um Landrat Bläse.
Die Diskussion um die Klinikstandorte sei oft emotional geführt und von subjektiven Wahrnehmungen beeinflusst worden, merkte Joachim Bläse an. Noch vor der mehrstündigen Debatte des Kreistags hatten sich viele Bürgerinnen und Bürger aus dem vollbesetzten Zuschauerbereich unter dem Tagesordnungspunkt „Bürgerfragestunde“zu Wort gemeldet und ihre Ängste, Wünsche und Sorgen bezüglich der Kliniken geäußert. Dass die Entscheidung bereits im Hinterzimmer gefallen sei, wies der Landrat vehement zurück und sprach von einer Frechheit.
Vertreter des Planungsbüros Endera stellten, wie schon im Klinikausschuss vergangene Woche, zunächst ihre Gutachten-Ergebnisse vor. Dieses gibt einem Neubau in Essingen die beste Bewertung, hält einen Umbau des Aalenr Ostalb-Klinikums allerdings auch für machbar, wenn auch mit mehr Kosten und Hürden verbunden. Auf Grundlage des Gutachtens formulierte die Kreisverwaltung ihren Vorschlag, einen Neubau in Essingen zu bevorzugen.
Laut dem Landrat unter anderem deshalb, weil die Bauzeit kürzer, die Kosten niedriger und die Funktionalität eines Neubaus weitaus besser sei.
Die CDU-Fraktion stimmte mehrheitlich dafür. Fraktionssprecher Gunter Bühler sprach von der wichtigsten Entscheidung des Kreistags seit 50 Jahren. Seine Fraktion sei mehrheitlich davon überzeugt, dass der Klinikstandort Essingen die beste und langfristig wirtschaftlichste Lösung ist. Um für eine optimale Erreichbarkeit zu Sorgen plädierte er abermals für einen Ausbau der B29. Außerdem betonte er die Wichtigkeit der Notfallversorgung
und Kliniken aus den Nachbarkreisen an den Kreisrändern.
Ebenfalls pro Essingen äußerte sich ein Großteil der Grünen. Kreisrätin Veronika Gromann betonte, dass das Patientenwohl für ihre Fraktion an oberster Stelle stehe. Die Vorwürfe, Essingen würde nach dem Gutachten schöngeredet, erinnere sie an Kinder, die nach einem verlorenen Spiel trotzig reagieren. Ein Neubau sei am effizientesten und sowohl für Patienten, als auch Mitarbeiter am besten.
Zunächst viel Sympathie für die Kombi-Lösung, sich aber mehrheitlich umentschieden hatten sich die Freien Wähler.
Kreisrat Karl Hilsenbek sprach von einer „Ja-Aber-Entscheidung“, weil es auch bei einem Neubau Hürden geben werde. Er betonte, dass man es den Mitarbeitern des Ostalb-Klinikums nicht antun könne, mehr als zehn Jahre auf einer Baustelle zu arbeiten. Außerdem sei ein Neubau schneller zu realisieren, was langfristig Geld spare.
Mehrheitlich gegen den Zentralversorger in Essingen war die SPD-Fraktion. Fraktionsvorsitzende Carola Merk-Rudolph merkte an, dass Leistungsfähigkeit nicht allein durch ein neues Gebäude gegeben sei, sondern vielmehr durch Fachpersonal. Es seien zu viele Fragen offen, von der geplanten Klinikstruktur des Bundes bis hin zum kreiseigenen Medizinkonzept. Zudem stelle sich die Frage, ob man bei einem Neubau noch Geld für die Umbauten in Mutlangen und Ellwangen übrig habe. Obendrein habe das Gutachten für Essingen viele wichtige Aspekte, wie ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) oder Mitarbeiterwohnungen gar nicht berücksichtigt. Fraktionsintern äußerten die Sozialdemokraten aus dem Gmünder Raum, dass sie für Essingen stimmen werden.
„Es bedarf keines Gutachtens, dass ein Neubau funktioneller und im Betrieb kostengünstiger“, befand AfD-Kreisrat Frank Gläser. Seine Fraktion sei für den Standort Essingen, beantrage aber die Kombi-Lösung als „Ersatz“im Hinterkopf zu behalten. Der Landrat signalisierte, dass das Ostalb-Klinikum ohnehin dem Kreis gehöre. Sollte sich Essingen, warum auch immer, nicht realisieren lassen, sei Aalen weiterhin auf dem Zettel.
Roland Hamm von der Linksfraktion sprach sich für die Kombi-Lösung aus und stellte die Glaubwürdigkeit des Endera-Gutachtens infrage. Unter anderem seien Grundstückspreise und Ausgleichsf lächen noch nicht sicher.
Bei 16 Gegenstimmen und einer Enthaltung war das Abstimmungsergebnis am Ende trotz der vielen Gegenstimmen relativ deutlich.