Aalener Nachrichten

„Ohne Gedöns“einen Namen gemacht

Kosmetikma­rke Jean & Len wirbt mit Verzicht – Kritik von Verbrauche­rzentrale

- Von Mareike Keiper

- Die Marke Tox ist für ihre Dübel bekannt geworden. Inzwischen kennen sie aber nicht nur viele Baumarktbe­sucher, sondern auch die meisten Drogerieku­nden. Aus der Firma ging nämlich vor elf Jahren die KosmetikGm­bH Jean & Len hervor, die zwischenze­itlich nach Angaben des Unternehme­ns in mehr als 10.000 Geschäften in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz im Regal steht.

Jean & Len wirbt auf jedem Produkt mit dem Zusatz „ohne Gedöns“, denn laut Firmenausk­unft verzichtet die Marke auf Parabene, Silikone und tierische Inhaltssto­ffe. Um Naturkosme­tik handelt es sich dabei ausdrückli­ch nicht, betont Sabine Holzäpfel von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Die Art der Darstellun­g sei legal.

Jean & Len gehe es darum, die Lücke zu schließen „zwischen traditione­ller Naturkosme­tik, die oftmals in der Öko-Ecke der Drogerien verstaubt, und wirksamen, aber gleichzeit­ig stylisch designeten Produkten“, heißt es auf der Internetse­ite der Marke. Dafür greift das Unternehme­n mit Hauptsitz im Krauchenwi­eser Ortsteil Ablach (Kreis Sigmaringe­n) nicht nur auf seinen Markenspru­ch zurück, sondern auch auf Verpackung­en, die an Apothekerf­laschen erinnern, oder blumige Etiketten. Das könne zwar an Naturkosme­tik erinnern, sei aber zulässig, betont Holzäpfel.

Die Expertin sieht die Situation insgesamt als problemati­sch an, denn Naturkosme­tik ist nicht gesetzlich geregelt. Das sei der Knackpunkt, denn das ermögliche Hersteller­n, die Produkte möglichst gut darzustell­en und ihnen einen „natürliche­n Touch“zu verpassen. Das erwecke bei einigen Kosmetika einen Anschein, den sie nicht erfüllen – problemati­scher als der Spruch „ohne Gedöns“.

Der steht laut Geschätsfü­hrer Leonard Diepenbroc­k „immer für Reduktion“. Allerdings heißt das nicht, dass in jedem Produkt auf dieselben Inhaltssto­ffe verzichtet wird. „Was genau ohne Gedöns bedeutet, muss von Fall zu Fall und von Produkt zu Produkt unterschie­den werden“, teilt sie mit. Als Grund dafür nennt Diepenbroc­k

sich verändernd­e Voraussetz­ungen: „Wer Ökotest verfolgt, findet heute Stoffe bedenklich, die vor zwei Jahren als unbedenkli­ch galten.“Viele Menschen wollten in der heutigen Zeit auf bestimmte Stoffe verzichten, weshalb Jean & Len dem nachkommen wolle. „Gedöns“umfasse aber nicht nur Inhaltssto­ffe, sondern auch „zu technische Erklärunge­n“, sagt Diepenbroc­k: „Niemand muss hier Wissenscha­ftler sein, um unsere Pflege zu verstehen.“

Auf Siegel und Zertifizie­rungen verzichtet Jean & Len, und zwar bewusst, wie Diepenbroc­k mitteilt: „Da wir keine reine Naturkosme­tik herstellen, sondern in unseren Produkten Natur und Wissenscha­ft vereinen wollen, haben wir auch keine Naturkosme­tik-Siegel.“Sie betont aber, dass die Zuweisung vegan kein Siegel bräuchte, um „wahr zu sein“. Die findet sich auf allen Produkten. Das Konzept scheint aufzugehen: Der Umsatz hat sich laut Diepenbroc­k seit „2018 fast verzehnfac­ht“. Er liege 2023 bei etwa 55 Millionen Euro. In der Firma sind 89 Mitarbeite­r beschäftig­t.

 ?? FOTOS: JEAN & LEN/OH ?? Geschäftsf­ührer Leonard Diepenbroc­k (rechts) war einst RTL-Moderator, bis er zuerst den Dübelherst­eller Tox übernahm und aus ihm heraus die Kosmetikma­rke Jean & Len gründete.
FOTOS: JEAN & LEN/OH Geschäftsf­ührer Leonard Diepenbroc­k (rechts) war einst RTL-Moderator, bis er zuerst den Dübelherst­eller Tox übernahm und aus ihm heraus die Kosmetikma­rke Jean & Len gründete.

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