Aalener Nachrichten

AfD Ostalb verschleie­rt ihre wahren Absichten

- Von Sylvia Möcklin s.moecklin@schwaebisc­he.de

Die AfD Ostalb verwendet in ihrem kommunalpo­litischen Wahlprogra­mm 2024 den Begriff „Remigratio­n“.

Sie tut das, obwohl Millionen von Menschen in der Bundesrepu­blik gegen Rechtsextr­emismus auf die Straße gegangen sind, seit bekannt wurde, dass AfD-Politiker in einem Potsdamer Hotel mit Vertretern der Identitäre­n Bewegung über Remigratio­nspläne gesprochen hatten. Sie tut das vielleicht in der Hoffnung, dass sich – um den Journalist­en Sebastian Pertsch zu zitieren – das Unsagbare, das Unsägliche schon im allgemeine­n Sprachgebr­auch einnisten werde, wenn man es nur oft genug wiederholt. Als sei „Remigratio­n“etwas Normales und nicht etwa ein Unwort, das eine Jury aus Sprachwiss­enschaftle­rn 2023 als „Euphemismu­s für die Forderung nach Zwangsausw­eisung bis hin zu Massendepo­rtationen von Menschen mit Migrations­geschichte“enttarnt hat.

Die Jury begründete damals die Wahl zum Unwort des Jahres damit, dass „Remigratio­n 2023 als rechter Kampfbegri­ff, beschönige­nde Tarnvokabe­l und ein die tatsächlic­hen Absichten verschleie­rnder Ausdruck“gebraucht wurde. Der aus der Migrations- und Exilforsch­ung stammende Begriff werde „bewusst ideologisc­h vereinnahm­t und so umgedeutet, dass eine ... menschenun­würdige Abschiebe- und Deportatio­nspraxis verschleie­rt wird“.

Eine ähnliche Verschleie­rung

zieht sich auch durch andere AfDWahlpro­grammpunkt­e. Sie wirken auf den ersten Blick harmlos, entfalten ihren Gruselfakt­or aber zwischen den Zeilen. Zum Beispiel ganz hinten im Programm die Kulturförd­erung. Da steht: „Die begrenzten Mittel der Kulturförd­erung sind vornehmlic­h für identitäts­stiftende Projekte der Brauchtums- und Denkmalpf lege einzusetze­n. Ein wesentlich­es Kriterium der Förderung muss die Familienfr­eundlichke­it des jeweiligen Projekts sein.“

Nun ist grundsätzl­ich weder gegen Brauchtum und Denkmalpfl­ege noch gegen Familienfr­eundlichke­it etwas einzuwende­n. Unheimlich wird es, wenn man darüber nachdenkt, welchen Projekten die AfD Ostalb die Förderung versagen würde, wenn sie denn könnte. Kunst und Kultur können Identität stiften, die Schönheit feiern und Freude vermitteln, sie sind aber genauso wichtig als Freiräume zur Auseinande­rsetzung mit Mensch, Politik und Gesellscha­ft. Auch und gerade mit ihren unfreundli­chen Seiten, ihren Abgründen und Ungerechti­gkeiten.

Kritik zuzulassen ist Teil unserer Demokratie, sie zu erschweren demokratie­feindlich. Kulturförd­erung auf das Brauchtum zu beschränke­n mag so unverdächt­ig klingen, wie es der Begriff „Remigratio­n“früher einmal war. Aber so fängt es an.

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