Welche Hautfarbe darf es denn sein?
Katholische Jugendreferate und Jugendmigrationsdienst „In via“verteilen „100 Pizzen gegen rechts“
- Eine Gruppe Menschen steht in der Reichsstädter Straße, direkt vor der Tourist-Information. Die Personen haben Pizzen in den klassischen Kartons in den Händen. „Möchten Sie ein Stück Pizza?“, fragen die Menschen in dieser Gruppe die vorbeilaufenden Passanten. Es ist Wochenmarkt, Passanten gibt es genug, wenngleich der Platz etwas abseits des Geschehens ist. Die Reaktionen auf diese Frage sind unterschiedlich. Fragende Blicke, einige vermeiden den Augenkontakt, um schnell vorbeizukommen, einige bleiben aber auch stehen und lachen.
„100 Pizzen gegen rechts“lautet das Motto dieser Aktion, die von den Katholischen Jugendreferaten Ostalb und dem Jugendmigrationsdienst „In Via“im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus auf die Beine gestellt worden ist. „Es ist doch wie mit der Liebe, Pizza geht sprichwörtlich durch den Magen“, sagt Dekanatsjugendreferent Marios Pergialis lachend. Er ist einer derjenigen, der fröhlich grinsend in der Straße Pizzastücke verteilt, die nach und nach von der Pizzeria Zinella herbeigeschafft werden, schließlich möchte man den Passanten ein Stück Pizza anbieten, das warm ist. „Diesmal haben wir noch gar nicht so viele blöde Kommentare bekommen wie noch im vergangenen Jahr“, sagt er. Ja, tatsächlich hatte es da einige Bürgerinnen und Bürger gegeben, die naserümpfend an der Gruppe vorbeigelaufen sind.
Natürlich geht es nicht nur darum, Pizza zu verschenken. Es ist schlichtweg der Aufhänger, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. So haben die Verantwortlichen Fotos mit deutschen Staatsbürgern wie beispielsweise die Weitspringerin Malaika Mihambo, Elias M´Barek oder Landwirtschaftminister Cem Özdemir dabei. Die Fotos sollen visuell unterstreichen, was deutsche Vielfalt ist und ausmacht. „Es geht
einfach auch darum, über den Alltagsrassismus zu sprechen, den es nach wie vor in unserer Gesellschaft gibt“, sagt Patrick Grazer, Dekanatsjugendseelsorger. Das Feedback auf diese Aktion sei größtenteils positiv, sagt er. Doch nicht nur Pizza und bunte Bilder haben die Verantwortlichen im Angebot, sondern auch eine Packung Buntstifte in „Hautfarbe“– beige, braun, dunkelbraun, alles ist dabei. „Es ist vor allem bei den Kindern schön zu beobachten, dass sie gar nicht wissen, welchen Stift sie rausziehen sollen, wenn man sagt, dass sie doch mal einen Hautfarbestift herausziehen sollen“, sagt Pergialis, schließlich seien es alles Farben der Haut. Die junge Esila Öngeren, die mit ihrer Mutter Gamze am Stand vorbeiläuft, hat er mit der Stiftepackung richtig glücklich gemacht. Über beide Ohren strahlend hält sie eine Packung in Händen.
Nach der Aktion am Markt geht es weiter Richtung Haus der Jugend in der Friedhofstraße, in
dem die Aktion fortgeführt wird. Mit dabei ist auch Sozialarbeiterin Anja Ensle, die für „In Via“in der Jugendmigration tätig ist. Tagtäglich hat sie Kontakt zu Migrantinnen
und Migranten zwischen zwölf und 27 Jahren, unterstützt bei der Berufsorientierung, Anerkennungsprozessen oder dem Kontakt zum Jobcenter. „Die
Jugendlichen und jungen Erwachsenen spüren durchaus den Rechtsruck in der Gesellschaft und dieser besorgt sie auch. Sie konzentrieren sich aber meist auf sich und die Dinge, die sie erledigen müssen. Denen wird schon einiges abverlangt“, sagt Ensle. In der Ukraine ist man beispielsweise nach elf Jahren Schule fertig und kann studieren. In Deutschland entspricht das dem Realschulabschluss, klärt Ensle auf. „Es sind unterschiedliche Niveaus, die entsprechend angeglichen werden müssen.“
Im Haus der Jugend ist dann durchaus etwas los gewesen, aber nicht so viel wie sonst, verrät Anne Klöcker, städtische Fachkraft im Haus der Jugend. „Tatsächlich fasten immer mehr Jugendliche beim Ramadan. Das müssen wir für künftige Veranstaltungen besser auf dem Schirm haben.“Es gab aber noch genügend strahlende Augen von Jugendlichen, die essen wollten und durften.