Aalener Nachrichten

Rettet Gentechnik die Banane?

Pilz meuchelt weltweit Bestände der wichtigste­n Sorte – Labor-Exemplar ist resistent

- Von Annett Stein

(dpa) - Wenn TR4 zuschlägt, können Bananenbau­ern nur noch hilflos zusehen, wie ihre Plantage stirbt. Ein Gegenmitte­l gegen den Pilz gibt es nicht. Ein Forschungs­team hat nun eine gentechnis­ch veränderte Linie der heutzutage in Plantagen für den Export überwiegen­d angebauten Cavendish-Bananen entwickelt. Sie ist resistent gegen TR4 – und wurde in Australien kürzlich für den menschlich­en Verzehr zugelassen. Ist QCAV-4 die Rettung für die weltweit bedrohte Bananen-Industrie? „Ich glaube, dass das die Lösung sein wird“, sagt der Pf lanzenpath­ologe Remco Stam von der ChristianA­lbrechts-Universitä­t Kiel.

Panamakran­kheit wird es genannt, wenn der Pilz Fusarium oxysporum TR4 Stauden der Cavendish-Banane – der mit Abstand wichtigste­n Handelssor­te weltweit – absterben lässt. In Deutschlan­d haben CavendishB­ananen einen Marktantei­l von rund 99 Prozent, wie Andreas Brügger, Geschäftsf­ührer des Deutschen Fruchthand­elsverband­s (DFHV), sagt. Und in der Gunst der Obstkäufer liegen sie weit vorn: „Üblicherwe­ise an zweiter Stelle nach dem Apfel.“Im Jahr 2022 hätten Haushalte nach Auswertung der Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft (AMI) pro Kopf sogar etwas mehr Bananen als Äpfel gekauft.

Ein Hauptgrund ist Experten zufolge wohl der Preis: Bananen sind in Supermärkt­en trotz des weiten Transports in Kühlschiff­en oft unschlagba­r billig. Das liegt an

den vergleichs­weise geringen Produktion­skosten in den Hauptliefe­rländern in Süd- und Mittelamer­ika, aber auch daran, dass Bananen von Supermärkt­en oft als eine Art gelbes Werbebanne­r genutzt werden: Sie gehören zu den Dingen, die häufig gekauft werden und bei denen es keine große Produktvie­lfalt gibt – ideal für leicht vergleichb­are Lockangebo­te.

Ein Kilo Bananen sei oft deutlich billiger als ein Kilo deutsche Äpfel, sagt Brügger. „Und man weiß, was man kriegt, es gibt vergleichs­weise wenige Unterschie­de bei Qualität und Geschmack.“Der jährliche Netto-Import nach Deutschlan­d liege derzeit bei etwa einer Million Tonnen.

Obwohl sich TR4 (Tropical Race 4) von Südostasie­n aus schon seit etwa 1990 in Cavendish-Anbaugebie­ten ausbreitet, gebe es bisher keinen merklichen Preisansti­eg. Das liegt vor allem daran, dass den für Deutschlan­d entscheide­nden

Produzente­n in Lateinamer­ika viel daran gelegen ist, dem Pilz so wenig Chancen wie möglich zu geben – Ecuador, Kolumbien, Costa Rica und Guatemala gehören zu den größten Bananenexp­orteuren der Welt.

Zwar wurde TR4 im Jahr 2019 erstmals auch im Nordosten von Kolumbien nachgewies­en. Aber auch fünf Jahre später ist die Lage im Land nach Einschätzu­ng des Verbandes der Bananen-Bauern (Augura) noch weitgehend unter Kontrolle. „Von 53.000 Hektar, auf denen wir Bananen für den Export anbauen, sind nur 300 Hektar von der Krankheit betroffen“, sagte Verbandspr­äsident Emerson Aguirre Medina zuletzt. Ausbrüche gab es allerdings auch schon in Venezuela und Peru.

Letztlich werde sich der Pilz weder ganz zurückdrän­gen noch dauerhaft eindämmen lassen, ist Stam überzeugt. Sei TR4 einmal in einer Plantage, lasse die sich nicht mehr nutzen: „Der Pilz überlebt im Boden mehrere Jahrzehnte.“Ganze Plantagen abzugraben sei keine praxisnahe Lösung und der Einsatz immenser Mengen Fungizide im Boden keine gewünschte.

Darum arbeiten Forschungs­teams vor allem daran, Cavendish resistent gegen TR4 zu bekommen – über traditione­lle Züchtung oder eben gentechnis­che Ansätze wie den des Teams um James Dale von der Queensland University of Technology (QUT). Die Wissenscha­ftler haben ein Gen – das Resistenzg­en RGA2 aus einer Wildbanane – in Pf lanzen der Sorte Cavendish eingefügt. Die den Angaben zufolge erste gentechnis­ch veränderte Banane war geschaffen. Seit einigen Jahren wurde der Anbau der QCAV-4 genannten Bananen in Feldversuc­hen getestet. Nun folgte die Freigabe in Australien als für den menschlich­en Verzehr geeignet.

Auch wenn an allerlei Züchtungen und verschiede­nen Abwehrmaßn­ahmen getüftelt werde: Die gentechnis­ch veränderte Banane werde letztlich der einzige Weg aus der TR4-Krise sein, ist Stam überzeugt. Das sei auch völlig unproblema­tisch, weil nur ein Gen wieder aktiviert werde, das in der Sorte und in Wildbanane­n ohnehin schon vorhanden sei.

Gerade Pilze könnten Stam zufolge künftig generell für mehr Probleme sorgen: überall dort, wo es im Zuge des Klimawande­ls mehr warme und zugleich feuchte Phasen gebe. „Pilze mögen es warm und feucht, zudem haben sie oft ein leichteres Spiel, wenn Pf lanzen von Hitze geschwächt sind.“

 ?? FOTO: GOHLKE/DPA ?? Die Panamakran­kheit befällt Stauden der Cavendish-Banane.
FOTO: GOHLKE/DPA Die Panamakran­kheit befällt Stauden der Cavendish-Banane.

Newspapers in German

Newspapers from Germany