Steinmetz, Schornsteinfeger, Bestatterin: Warum diese Berufe lohnen
Neue Veranstaltungsreihe der Agentur für Arbeit für Jugendliche – Auftakt im Berufsinformationszentrum mit Vertretern seltener Berufe
(möc) - Seltene Ausbildungsberufe abseits von bekannten „Mainstream-Jobs“rückt die Agentur für Arbeit Aalen in den Mittelpunkt einer neuen Veranstaltungsreihe für Jugendliche. Unter dem Motto „Ich kann das! Du auch?“stellen Profis künftig einmal im Monat im Berufsinformationszentrum BIZ vor, warum gerade ihr Beruf eine gute Wahl für die Zukunft ist. Am Freitag machten den Auftakt: ein Steinmetz, ein Schornsteinfeger und eine Bestatterin.
„Es ist uns ein Anliegen zu zeigen: Die Berufswelt ist bunt“, sagte Claudia Prusik, die Vorsitzende der Geschäftsleitung der Agentur für Arbeit Aalen, beim Pressegespräch vor dem ersten Treffen mit interessierten Schülerinnen und Schülern. Über viele Jahre habe sich gezeigt, dass die meisten Bewerberinnen und Bewerber immer die gleichen Top Ten der Berufswünsche äußern. Mit der neuen Veranstaltungsreihe wolle man sie dazu inspirieren, auch andere interessante Berufsbilder kennenzulernen.
„350 Ausbildungsberufe gibt es bundesweit, davon allein 150 im Ostalbkreis“, ergänzte Eveline Reitzig von der Berufs- und Studienberatung, „das sind definitiv mehr als die Top Ten“. Dann entstaubten drei Vertreter ihrer Zunft einer nach dem anderen das Bild, das junge Leute möglicherweise von ihren jeweiligen Berufen haben.
Der Steinmetz: Aus Iggingen kommt der Steinmetzmeister Bernd Engelhart, er sucht schon jahrelang einen Lehrling. „Aber der Beruf ist zu unbekannt.“Steine bearbeiten, schlagen, bohren, sägen: Das älteste Handwerk der Welt hatte mit den kirchlichen Bauhütten im Mittelalter seine Blütezeit und ist bis heute unersetzlich, etwa für die Bearbeitung von Grabsteinen wie in Engelharts Betrieb. „Es staubt, es macht Krach, und es macht Spaß“, so die
Werbung der „Anpacker“. Die dreijährige duale Ausbildung führt entweder zum bautechnischen Beruf des Steinmetz oder zum gestalterischen Beruf des Steinbildhauers. Der Blockunterricht in der Berufsschule findet in Freiburg statt, außerdem besuchen die Azubis eine überbetriebliche Ausbildungsstätte in Wunsiedel. „Wer Ausdauer besitzt, kreativ ist, gern zeichnet und konstruiert, Mathe und Geometrie mag, ist bei uns richtig“, sagt Engelhart.
Am liebsten wäre ihm ein Hauptschüler mit gutem Abschluss oder ein Realschüler, „das wäre topp“.
Der Schornsteinfeger: Lachend zieht sich Walter Baum aus Neresheim den schwarzen Zylinder vom Kopf und dreht ihn vorsichtig um: Darin liegen vier bunte Eier. Die Tradition, die hinter diesem Gag steht, kennen die älteren Menschen auf dem Härtsfeld noch gut, erzählt der Schornsteinfegermeister. Wenn seinesgleichen in früheren Zeiten von
Haus zu Haus zog, erhielt er als Dank für seine Dienste oft Eier und Speck. Wie für die Steinmetze auch sind für die schwarzen Glücksbringer die Traditionen bis heute wichtig. Was nichts daran ändere, dass Schornsteinfeger ein Beruf mit Zukunft sei, sagt Baum: „Wir arbeiten im Sicherheitsbereich.“Schornsteine, Kamine, Heizungs- und Lüftungsanlagen zu reinigen, bleibe immer eine Aufgabe. Zu messen und zu kontrollieren, ob die Anlagen sicher sind, ebenso. Doch auch die Energiewende sei ohne Schornsteinfeger nicht möglich. „Unser Beruf erfährt gerade einen Hype“, schlussfolgert Baum. Der theoretische Teil der Ausbildung finden an der Landesfachschule in Ulm statt, erklärt er. Gesucht werden Azubis mit Grips, gerne mit Abitur. „Gebraucht werden gesunder Menschenverstand, ein freundliches Auftreten und Mathematik
und Physikkenntnisse“, zählt Baum auf. Wer den Meister macht, könne sich selbstständig machen oder zum Gebäudeenergieberater weiterbilden. Wer dann einen Bezirk als bevollmächtigter Schornsteinfeger finde, stehe „auf dickem Eis“.
Die Bestatterin: „Diesem Beruf habe ich mich verschrieben, er ist mein Lebensinhalt“, sagt Nicole Schildhorn, die zusammen mit ihrem Bruder das Bestattungshaus „Zeitlos“in Aalen führt. Sie ist Quereinsteigerin in einem von Familienbetrieben geprägten Bereich und möchte als Trauerbegleiterin neue Wege gehen. So hat sie einen Abschiedsraum eingerichtet, „denn Trauer braucht Raum und Zeit“. Dies den Hinterbliebenen zu ermöglichen sei „unfassbar kreativ, aber auch fordernd“, sagt die Bestatterin. Es brauche eine Liebe zu den Verstorbenen, wenn man sie richte, damit die Angehörigen würdig Abschied nehmen könnten. Es brauche eine Unempfindlichkeit gegenüber körperlichen Ausscheidungen und Gerüchen, große Empathie für andere Menschen und eine hohe psychische Belastbarkeit. Es brauche die Bereitschaft für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste und ein gutes Auftreten. Seit 2003 ist der Bestatter ein anerkannter Ausbildungsberuf, Berufsschulen befinden sich in Bad Kissingen, Wermelskirchen und in Springe. Für Nicole Schildhorn ist der Beruf „der schönste“. Man lerne die Menschen und ihre Geschichte intensiv kennen. „Manche Kontakte halten über Jahre.“
Die nächste Veranstaltung findet am Donnerstag, 4. April, um 16 Uhr im Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit statt. Die drei vorgestellten Ausbildungsberufe sind dann: Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie.