Und ab geht die Luzie
JazzMa-Konzert auf Schloss Kapfenburg ist auch ein Plädoyer für die Freiheit der Musik
- Die Oberkochener JazzLights sind ja bekannt dafür, dass sie versuchen, alle Facetten des Jazz abzubilden. Aber selten war die Vielfalt an einem Abend so groß wie beim Doppelkonzert des Quartetts der jungen Trompeterin Luzie Micha und des Quintetts des erfahrenen Posaunisten Eberhard Budziat. Alles dabei, von gängigen Jazz-Standards über ukrainische Volkslieder bis hin zu, ja, anstrengender ZwölfTon-Musik. Alles in allem war das Konzert im Trude-Eipperle-Rieger-Konzertsaal auf Schloss Kapfenburg auch ein Plädoyer für die Freiheit in der Kunst. Und da passen die Werke des Aalener Künstlers Simon Maier in den Pop-UpGalerie sehr gut hinein.
Die JazzMa-Förderkonzerte im Rahmen der JazzLights gibt es, so Akademiedirektor und Hausherr Moritz von Woellwarth in seiner Ansage, seit 22 Jahren. So alt ist Luzie Micha noch nicht, aber schon überhäuft mit Lob und Stipendien. Das soll jetzt nicht abwertend klingen, aber die 20-jährige Luzie Micha, geboren in Mönchengladbach, ist ein zartes Persönchen, der man auf den ersten Blick gar nicht zutraut, so kraftvoll die Trompete zu bedienen. Bei ihrer ersten Ansage muss sie erst einmal das Mikro runterschrauben: „Ich bin einfach zu klein dafür“, erklärt sie lächelnd dem Publikum. Das junge Quartett aus Essen und Köln mit Luzie Micha (Trompete), Paul Küppers (in Jogging-Klamotten am Flügel), Basti Lohmann am Bass und dem bärenstarken Drummer Joshua Knauber braucht ein paar Takte, um sich zu sortieren. Dann aber nimmt es Fahrt auf. Wayne Shorter taucht in der Setlist auf, aber auch einige Eigenkompositionen – alles vorgetragen mit viel Verve, viel Gefühl und viel Experimentierfreude – einfach cool.
„Unsere Steuergelder sind gut angelegt, da sind wir uns doch einig“, spielte im Anschluss Eberhardt Budziat, Jazz-Posaunist, Komponist und Bandleader aus Esslingen, auf Michas Stipendien an. Er muss es wissen, denn schließlich ist Budziat mehr als dreimal so alt wie die junge Trompeterin. Von Woellwarth nennt ihn in seiner Ankündigung einen „Botschafter des Jazz“. Und zwar Jazz aus allen Richtungen. „Ich hole mir meine Musiker gerne aus der Region“, sagt er, um dann Sängerin Olga Voichenko aus Kiew und den Kontrabasser Yaron Stavi aus Tel Aviv anzusagen. Israel, Ukraine, unteres Remstal – und doch passt alles zusammen, den Voichenko wohnt mittlerweile in Aalen, Stavi in Stuttgart, hinzu kommen Matthias Flum aus Schwäbisch Gmünd an der Gitarre und Christoph Brown am Flügelhorn.
Und das Quintett nimmt das Publikum auf eine wilde Reise durch die Genres. Verträumte Eigenkompositionen wechseln sich ab mit ukrainischen Volksliedern, mit viel Gefühl und kräftig „angejazzt“vorgetragen von Sängerin Voichenko. Volksmusik und Jazz? So entsteht etwas völlig Neues, Überraschendes. Weltmusik voller Ideen und Einf lüsse, „Ivanko“, „Welcome Olga“oder „Heaven“heißen die Stücke. Gewöhnungsbedürftig die ZwölfTon-Komposition: „100 Jahre alt und immer noch irgendwie fremd“, kommentiert Budziat, „aber genau das brauchen wir. Setzen Sie ihr Kreuz bei der nächsten Wahl an der richtigen Stelle“.
Im Rahmen des Konzerts wurde zudem eine Pop-Up-Ausstellung des Aalener Künstlers Simon Maier eröffnet, Arbeiten voller Ausdruck und Farbe. Mehr Vielfalt kann man in einen Abend nicht packen.
„Unsere Steuergelder sind gut angelegt. Da sind wir uns doch einig“, lobt Eberhard Budziat die junge Trompeterin Luzie Micha.
Höhepunkt der JazzLights: Samstag, 16. März, 19 Uhr, Carl-ZeissKulturkantine Oberkochen: Ute Lemper und ihr Programm „Time Traveler“.