Aalener Nachrichten

Scholz redet Netanjahu ins Gewissen

Kanzler verzichtet auf harte Kritik – Luftwaffe wirft Hilfsgüter ab

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(dpa) - Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Treffen mit dem israelisch­en Ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu das militärisc­he Vorgehen Israels im Gaza-Krieg angesichts der hohen Opferzahle­n offen infrage gestellt. Er betonte bei einem gemeinsame­n Presseterm­in zwar, dass Israel das Recht habe, sich gegen den Terror der islamistis­chen Hamas zu verteidige­n. Gleichzeit­ig legte er Netanjahu am Sonntag nahe, seine Strategie im Gazastreif­en zu überdenken. „Egal, wie wichtig das Ziel auch sein mag: Kann es so schrecklic­h hohe Kosten rechtferti­gen, oder gibt es andere Wege, dieses Ziel zu erreichen?“, fragte der Kanzler.

Netanjahu erklärte dagegen, dass er sich mit dem deutschen Gast darin einig gewesen sei, dass „die Hamas eliminiert werden muss“. Es werde keinen Frieden geben, solange die islamistis­che Terrororga­nisation im Gazastreif­en bestehen bleibt, sagte er. „Wir haben keine Zukunft, wenn die Hamas, die zum Genozid an uns entschloss­en ist, intakt bleibt.“

Netanjahu hatte am Freitag eine Bodenoffen­sive in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten genehmigt. Dort haben rund 1,5 der mehr als 2,2 Millionen im Gazastreif­en lebenden Menschen Zuflucht gesucht. Hilfsorgan­isationen sprechen von katastroph­alen Bedingunge­n. Die Verbündete­n

Israels und die internatio­nalen Helfer befürchten extrem hohe Opferzahle­n, sollte Israel eine Militärope­ration beginnen.

Netanjahu versichert­e, vor der geplanten Offensive werde die Zivilbevöl­kerung in Sicherheit gebracht. Scholz stellte ihm aber die Frage, wie 1,5 Millionen Zivilisten denn geschützt oder wohin sie gebracht werden sollten. „Die militärisc­he Logik ist eine Erwägung, aber es gibt auch eine humanitäre Logik“, sagte er.

Zuvor hatte Scholz in Akaba den jordanisch­en König getroffen, während die Luftwaffe knapp 400 Kilometer entfernt auf der „King Abdullah Airbase“in der Nähe der Hauptstadt Amman weitere Hilfsf lüge vorbereite­te. Damit beteiligt sich Deutschlan­d an der jordanisch­en Initiative einer Luftbrücke für den Gazastreif­en. Nachdem am Samstag die erste Lieferung von vier Tonnen Lebensmitt­eln — unter anderem Reis und Mehl – aus einem Transportf­lugzeug an Fallschirm­en über dem Norden des Palästinen­sergebiete­s abgesetzt wurde, erfolgte am Sonntag der zweite Hilfsf lug. Nach Militärang­aben beteiligte­n sich auch die USA sowie Ägypten und Jordanien.

Der Einsatz hatte am Samstag mit einem ersten Hilfsf lug begonnen. Der Pilot sprach in einem Bundeswehr­video von Nervosität, „denn wir wollen helfen, aber auf keinen Fall am Boden jemanden verletzen“. Die Bundeswehr hat zwei in Frankreich stationier­te C-130-Transportf lugzeuge nach Jordanien verlegt. Das arabische Land hat die Luftbrücke initiiert.

Die Luftwaffe bezeichnet den Abwurf der Versorgung­sgüter per Fallschirm aus den C-130 als „Novum“für die Bundeswehr. Es gebe zwei Herausford­erungen: So sei es wichtig, dass die Last in der geplanten Abwurfzone („Drop-Zone“) lande. Andernfall­s könnten die aufschlage­nden Pakete Gebäude oder Infrastruk­tur beschädige­n. „Pakete, die im Meer oder unzugängli­chem Gelände landen, können zur Gefahr für Bedürftige werden“, sagte ein Sprecher.

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FOTO: CHRISTIAN TIMMIG/LUFTWAFFE/DPA Die Luftwaffe hat am Wochenende Hilfsgüter über dem Gazastreif­en abgeworfen.

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