Aalener Nachrichten

Gasnetz wird schrumpfen

Verteilnet­z für Erdgas soll zurückgeba­ut werden – Was das für die Verbrauche­r bedeutet

- Von Luca Mader

- Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium plant den Rückbau des Verteilnet­zes für Erdgas. In einem 23-seitigen Ideenpapie­r namens „Transforma­tion Gas-/Wasserstof­f-Verteilern­etze“treffen die Verantwort­lichen im Ministeriu­m dazu Aussagen. Konkret heiße es darin: „Gasverteil­ernetze für die bisherige Erdgasvers­orgung werden dann in derzeitige­r Form und Umfang nicht mehr benötigt werden.“Relevant ist das für jeden zweiten Deutschen, immerhin heizen fast 50 Prozent der Haushalte im Land noch mit Erdgas.

Grund für den Rückbaupla­n ist das Heizungsge­setz. Dessen Ziel ist es, die Beheizung von Gebäuden bis zum Jahr 2045 klimaneutr­al zu machen. Laut diesem Gesetz war ursprüngli­ch geplant, die Gasheizung­en, wenn möglich, auf den Betrieb mit Wasserstof­f umzurüsten. Das Gas-Verteilnet­z, das in Deutschlan­d rund 550.000 Kilometer lang ist, hätte so weiterbetr­ieben werden können. Aus dem Papier geht jetzt jedoch hervor, dass das Wirtschaft­sministeri­um daran zweifelt, dass Gas-Alternativ­en wie Wasserstof­f und Biomethan bis 2045 in ausreichen­der Menge zur Verfügung stehen. Dementspre­chend bräuchte man das Verteilern­etz ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Es müsse jetzt entschiede­n werden, wie ein weiterer Ausbau zur Erdgasvers­orgung vermieden werden könne und „unter welchen Voraussetz­ungen bestehende Gasnetzans­chlüsse getrennt und zurückgeba­ut werden dürfen“, heißt es in dem Papier. Das würde also bedeuten, dass die betroffene­n Haushalte bis 2045 auf eine andere Heizmethod­e umstellen müssten.

Laut dem Dokument würde den Betroffene­n dazu „hinreichen­d Zeit“gegeben. Die Wärmeverso­rgung soll trotzdem weiterhin gesichert und auch zukünftig bezahlbar sein. Im Wirtschaft­sministeri­um blickt man dabei vor allem auf zwei Alternativ­en: die Wärmepumpe und das Fern- beziehungs­weise Nahwärmene­tz. Die Energiebra­nche gehe indes sowieso davon aus, so berichtet die „Bild“-Zeitung, dass künftig nur noch rund 20 Prozent der Haushalte mit Gas heizen werden. Deshalb rechne man damit, „dass die Länge der Gasverteil­ernetze von derzeit über 500.000 Kilometern stark zurückgehe­n

wird“, wie es in dem Papier des Wirtschaft­sministeri­ums heißt.

Die Verantwort­ung für einen weiteren Betrieb oder einen Rückbau der Gasnetze soll in die Hände der Netzbetrei­ber und Netzeigent­ümer gelegt werden. Diese sollen

Gasanschlü­sse auch kündigen können, wenn sich der Betrieb finanziell nicht mehr lohne.

Für die Technische­n Werke Schussenta­l (TWS) ist das Dokument keine große Überraschu­ng. Das Unternehme­n versorgt unter

anderem die Stadt Ravensburg­s mit Energie. „Es ist allen klar und Konsens, dass mittelfris­tig auch der Wärmebedar­f ohne Emission von CO2 gedeckt werden muss“, sagt TWS-Geschäftsf­ührer Helmut Hertle. Es sei nicht nur sinnvoll,

Öl- und Gasheizung­en zu ersetzen, sondern absolut notwendig. „Nicht die Stilllegun­g des Erdgasnetz­es ist der Auslöser des Verschwind­ens von Gas- und Ölheizunge­n, sondern der aus Klimaschut­z erforderli­che Umstieg auf CO2-freie Wärmequell­en“, sagt Hertle. Bei der TWS sei man, wie auch im Bundeswirt­schaftsmin­isterium, der Meinung, dass Wasserstof­f zu wertvoll und zu teuer sei, um es etwa in einer Therme zu verbrennen.

Die TWS haben durch die politische­n Beschlüsse der vergangene­n Jahre mit dieser Veränderun­g gerechnet. Dabei hat das Unternehme­n bereits prognostiz­iert, wie sich ein Rückbau des Gasnetzes auf die Energiepre­ise auswirken wird. Und diese Prognose ist für die Kunden nicht erfreulich: „Für die Verbrauche­r werden bei Eintreten dieses Szenarios in den nächsten Jahren die Netznutzun­gsentgelte voraussich­tlich kontinuier­lich ansteigen und damit, bei gegenüber heute gleichem Energie-Preisnivea­u, auch der Endpreis.“

 ?? FOTO: IMAGO/RUPERT OBERHÄUSER ?? Das deutsche Erdgasnetz – hier eine Verdichter­station und ein Pumpwerk für Erdgas in Werne (Nordrhein-Westfalen) – soll deutlich kleiner werden, wie aus einem nun bekannt gewordenen Papier des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums hervorgeht.
FOTO: IMAGO/RUPERT OBERHÄUSER Das deutsche Erdgasnetz – hier eine Verdichter­station und ein Pumpwerk für Erdgas in Werne (Nordrhein-Westfalen) – soll deutlich kleiner werden, wie aus einem nun bekannt gewordenen Papier des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums hervorgeht.

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