Gasnetz wird schrumpfen
Verteilnetz für Erdgas soll zurückgebaut werden – Was das für die Verbraucher bedeutet
- Das Bundeswirtschaftsministerium plant den Rückbau des Verteilnetzes für Erdgas. In einem 23-seitigen Ideenpapier namens „Transformation Gas-/Wasserstoff-Verteilernetze“treffen die Verantwortlichen im Ministerium dazu Aussagen. Konkret heiße es darin: „Gasverteilernetze für die bisherige Erdgasversorgung werden dann in derzeitiger Form und Umfang nicht mehr benötigt werden.“Relevant ist das für jeden zweiten Deutschen, immerhin heizen fast 50 Prozent der Haushalte im Land noch mit Erdgas.
Grund für den Rückbauplan ist das Heizungsgesetz. Dessen Ziel ist es, die Beheizung von Gebäuden bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen. Laut diesem Gesetz war ursprünglich geplant, die Gasheizungen, wenn möglich, auf den Betrieb mit Wasserstoff umzurüsten. Das Gas-Verteilnetz, das in Deutschland rund 550.000 Kilometer lang ist, hätte so weiterbetrieben werden können. Aus dem Papier geht jetzt jedoch hervor, dass das Wirtschaftsministerium daran zweifelt, dass Gas-Alternativen wie Wasserstoff und Biomethan bis 2045 in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Dementsprechend bräuchte man das Verteilernetz ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Es müsse jetzt entschieden werden, wie ein weiterer Ausbau zur Erdgasversorgung vermieden werden könne und „unter welchen Voraussetzungen bestehende Gasnetzanschlüsse getrennt und zurückgebaut werden dürfen“, heißt es in dem Papier. Das würde also bedeuten, dass die betroffenen Haushalte bis 2045 auf eine andere Heizmethode umstellen müssten.
Laut dem Dokument würde den Betroffenen dazu „hinreichend Zeit“gegeben. Die Wärmeversorgung soll trotzdem weiterhin gesichert und auch zukünftig bezahlbar sein. Im Wirtschaftsministerium blickt man dabei vor allem auf zwei Alternativen: die Wärmepumpe und das Fern- beziehungsweise Nahwärmenetz. Die Energiebranche gehe indes sowieso davon aus, so berichtet die „Bild“-Zeitung, dass künftig nur noch rund 20 Prozent der Haushalte mit Gas heizen werden. Deshalb rechne man damit, „dass die Länge der Gasverteilernetze von derzeit über 500.000 Kilometern stark zurückgehen
wird“, wie es in dem Papier des Wirtschaftsministeriums heißt.
Die Verantwortung für einen weiteren Betrieb oder einen Rückbau der Gasnetze soll in die Hände der Netzbetreiber und Netzeigentümer gelegt werden. Diese sollen
Gasanschlüsse auch kündigen können, wenn sich der Betrieb finanziell nicht mehr lohne.
Für die Technischen Werke Schussental (TWS) ist das Dokument keine große Überraschung. Das Unternehmen versorgt unter
anderem die Stadt Ravensburgs mit Energie. „Es ist allen klar und Konsens, dass mittelfristig auch der Wärmebedarf ohne Emission von CO2 gedeckt werden muss“, sagt TWS-Geschäftsführer Helmut Hertle. Es sei nicht nur sinnvoll,
Öl- und Gasheizungen zu ersetzen, sondern absolut notwendig. „Nicht die Stilllegung des Erdgasnetzes ist der Auslöser des Verschwindens von Gas- und Ölheizungen, sondern der aus Klimaschutz erforderliche Umstieg auf CO2-freie Wärmequellen“, sagt Hertle. Bei der TWS sei man, wie auch im Bundeswirtschaftsministerium, der Meinung, dass Wasserstoff zu wertvoll und zu teuer sei, um es etwa in einer Therme zu verbrennen.
Die TWS haben durch die politischen Beschlüsse der vergangenen Jahre mit dieser Veränderung gerechnet. Dabei hat das Unternehmen bereits prognostiziert, wie sich ein Rückbau des Gasnetzes auf die Energiepreise auswirken wird. Und diese Prognose ist für die Kunden nicht erfreulich: „Für die Verbraucher werden bei Eintreten dieses Szenarios in den nächsten Jahren die Netznutzungsentgelte voraussichtlich kontinuierlich ansteigen und damit, bei gegenüber heute gleichem Energie-Preisniveau, auch der Endpreis.“