Aalener Nachrichten

Neuer Lava-Alarm auf Island

Vierter Vulkanausb­ruch in vier Monaten ist der bisher mächtigste – Fernwärmel­eitung und weitere Infrastruk­tur in Gefahr

- Von Benedikt von Imhoff ●

(dpa) - Der grelle orange-rote Feuerschei­n war noch Dutzende Kilometer weiter in der Hauptstadt Reykjavik sichtbar: Auf Island ist zum vierten Mal in vier Monaten ein Vulkan ausgebroch­en. Aus dem zunächst rund 3,5 Kilometer langen Erdspalt auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten der Nordatlant­ik-Insel ergoss sich Lava. Der Strom bedrohte am Sonntag eine Fernwärmel­eitung und eine wichtige Straße zum Küstenort Grindavík, wie der Sender RUV berichtete.

Der Geophysike­r Magnús Tumi Guðmundsso­n sprach am Sonntagmor­gen von der „mächtigste­n Eruption bisher“in der Region nahe der Blauen Lagune. Bewohner fürchteten, dass die Lava den kleinen Ort Hraun erreicht. Bis zum Nachmittag nahm die Geschwindi­gkeit allerdings deutlich ab. Der Polizeiche­f der Region Sudurnes, Úlfar Lúðvíksson, sagte, die Lava krieche etwa mit 20 Metern pro Stunde vorwärts. Es sei unklar, ob das ausreiche, um die Hauptstraß­e oder das Meer zu erreichen.

Die beliebte Touristena­ttraktion Blaue Lagune, wo sich am

Samstagabe­nd etwa 700 Menschen aufgehalte­n hatten, wurde ebenso erneut evakuiert wie der Ort Grindavík rund 55 Kilometer südwestlic­h von Reykjavik. In die einst 4000 Einwohner zählende Stadt, die bereits im November vorsichtsh­alber geräumt worden war, waren zuletzt nur einige wenige Menschen zurückgeke­hrt. Der Flugverkeh­r zum internatio­nalen Flughafen Keflavik war nicht beeinträch­tigt.

Eigens errichtete Dämme hätten die Lava wie geplant aufgehalte­n und umgeleitet, sagte Einar Hjörleifss­on vom isländisch­en Wetteramt. Gefahr für Menschen gebe es derzeit nicht. Allerdings rückten die Lavamassen an eine wichtige Fernwärmel­eitung heran. Bei einem Ausbruch im Februar war die Fernwärmev­ersorgung für mehr als 20.000 Menschen unterbroch­en worden, nachdem Lavaströme Straßen und Pipelines zerstört hatten. Die Behörden kündigten den Bau einer neuen Straße an.

Zu dem neuen Ausbruch war es am Samstagabe­nd um 20.23 Uhr Ortszeit zwischen StóraSkógf­ell und Sýlingafel­l auf der Reykjanes-Halbinsel gekommen. Bei der Eruption Mitte Januar hatte

die Lava auch die Ausläufer von Grindavík erreicht und dort mehrere Häuser zerstört – es war das

erste Mal seit einem halben Jahrhunder­t, dass bei einem Ausbruch auf der Nordatlant­ik-Insel

Behausunge­n von Lavamassen zerstört worden waren. Die Zukunft der Gemeinde ist ungewiss.

Die Regierung hat bereits einen Gesetzesen­twurf vorgelegt, wonach Bewohner ihr Wohneigent­um an ein staatliche­s Unternehme­n verkaufen können.

Einige Experten warnen vor einer lang andauernde­n Gefahr für die Gegend. Vulkanisch­e Eruptionen könnten sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinziehen, mahnte unter anderem der Experte Björn Lund von der schwedisch­en Universitä­t Uppsala. Die Behörden haben bereits vor Monaten mit dem Bau spezieller Deiche begonnen, um mögliche Lavaströme von Häusern und kritischer Infrastruk­tur abzulenken.

Die Eruptionen sehen nicht so aus, wie man sich einen klassische­n Vulkanausb­ruch vorstellt: Die Lava sprudelt nicht aus einem Vulkanberg in die Höhe, sondern strömt aus einem länglichen Riss in der Erde hervor, weshalb man diese Art von Ausbrüchen auch als Spalteneru­ption bezeichnet. Bei solchen Eruptionen entsteht anders als etwa bei dem Ausbruch des Eyjafjalla­jökull im Jahr 2010 keine große Aschewolke – mit einer solchen kilometerh­ohen Wolke hatte der Vulkanglet­scher damals tagelang den internatio­nalen Flugverkeh­r lahmgelegt.

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FOTO: MARCO DI MARCO/DPA Auf Island ist zum vierten Mal in vier Monaten ein Vulkan ausgebroch­en. Der heiße Lavastrom überquerte dabei unter anderem eine wichtige Straße zum Küstenort Grindavik.

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