Aalener Nachrichten

Einfach Müll: Biobeutelt­onne ist für viele ein Nonsens

Erhöhung der jährlichen Müllgebühr und bürokratis­cher Aufwand verärgert Bürger

- Von Verena Schiegl

- Die meisten Bürger wollten sie nicht, mussten sich aber der Entscheidu­ng des Kreistags beugen und müssen insofern die Kröte zum 1. Oktober schlucken. Die Rede ist von der Biobeutelt­onne, die ab diesem Tag eingeführt wird. Ein Schreiben für die Beantragun­g einer solchen flatterte vor kurzem mit dem Abfallgebü­hrenbesche­id der GOA für 2024 in die Brief kästen der Haushalte. Bis 12. April müssen sich die Bürger demnach entscheide­n, in welcher Größe sie die Biobeutelt­onne nehmen möchten. Für alle, die keinen Kompost im Garten haben, ist diese Pflicht. Doch auch wer selbst kompostier­t, muss das Formular mit einem Kreuz bei „Eigenkompo­stierung“zurückschi­cken und überdies die Erhöhung der jährlichen Gebühr von 8,10 Euro bezahlen. Letzteres ist vielen ein Dorn im Auge.

Sich über Sinn und Unsinn in Sachen Abfallbewi­rtschaftun­g Gedanken zu machen, sei vergeblich­e Liebesmüh, sagt ein Leser der „Aalener Nachrichte­n/Ipfund Jagst-Zeitung“. Die Einführung einer Biobeutelt­onne sei für den Rentner wie für seine Bekannten und Freunde aberwitzig. Als ob man nicht schon genügend Tonnen aufgedrück­t bekommen habe. Für ihn sei es nur eine Frage der Zeit, bis der Gelbe Sack von einer solchen abgelöst wird.

„Ich will keine Biobeutelt­onne“, sagt der Aalener, der sich angesichts der Entscheidu­ng des Kreistags bevormunde­t fühlt. Bereits die Einführung des „Biowännle“, einem grünen Plastikeim­er, sei nicht durchdacht und reine Geldversch­wendung gewesen. Die meisten Bürger hätten diese Möglichkei­t, ihren Bioabfall zu entsorgen nicht genutzt, sondern diesen vielmehr auf dem eigenen Kompost, im Restmüll oder in den orangefarb­enen Biobeuteln entsorgt. Die unrealisti­sche Vorstellun­g der GOA, dass die in dem „Wännle“abgelegten Beutel nicht von Vögeln aufgepickt oder anderen Tieren auseinande­rgenommen werden, hat sich nicht erfüllt. Mit einer Biobeutelt­onne soll deshalb alles besser werden. „Mit den geschlosse­nen Tonnen soll der Ostalbkrei­s sauberer werden und das Stadtbild gepf legter. So halten wir Tiere davon ab, den Bioabfall auf den Straßen zu verteilen“, sagt Svenja Schnell, die für die Öffentlich­keitsarbei­t des Entsorgung­sunternehm­ens zuständig ist.

Doch, ob der Rentner will, oder nicht. Da er als Bewohner eines Mehrfamili­enhauses keinen Garten und insofern keine Möglichkei­t hat, seinen Biomüll selbst zu

kompostier­en, muss er eine Tonne nehmen. Es sei denn, er entsorgt seine Bioabfälle bei Bekannten oder Freunden, die diesen für ihn kompostier­en. Dann kann er im Bestellfor­mular „Eigenkompo­stierung“ankreuzen, sagt Schnell. Lose Beutel am Straßenran­d werden ab 1. Oktober nicht mehr abgeholt.

Wie seine Mitbewohne­r hat sich der Rentner jetzt für einen 45-Liter-Trolley entschiede­n, den er im Keller deponieren könne. Eine 60-, 80- oder 120- Liter fassende Tonne, für die zusätzlich ein Schloss für 65 Euro inklusive Mehrwertst­euer erworben werden kann, sei für ihn nicht in Frage gekommen, weil wegen 14 Restmüllto­nnen und 14 Blauen Tonnen im Freien kein Platz mehr sei. Auch die Möglichkei­t, eine Müllgemein­schaft zu bilden und zusammen mit seinen Bewohnern des Mehrfamili­enhauses eine Biobeutelt­onne zu nutzen, habe er verworfen. Eine solche Sammelgeme­inschaft habe

schon bei der Blauen Tonne nicht funktionie­rt. Auf Diskussion­en mit den beteiligte­n Parteien darüber, wer wie viel in die Tonne wirft und wer diese zur Leerung bereitstel­lt, möchte er verzichten. Überdies sei es schwierig, einen zuständige­n Vorstand zu finden, der auch dafür zu sorgen habe, dass die Tonne richtig befüllt wird.

Positiv sei, dass sowohl Biobeutelt­onne sowie deren Leerung kostenlos sind. Auch dass diese wöchentlic­h von der GOA abgeholt wird, sei vor allem in den Sommermona­ten angesichts des bei warmen Temperatur­en entstehend­en Innenleben­s zu begrüßen. Sauer stößt ihm aber die zusätzlich­e jährliche Gebühr von 8,10 Euro auf, die er dafür berappen muss. Diese müssen auch diejenigen bezahlen, die nach wie vor ihren Kompost im Garten entsorgen. Der Anstieg der Müllgebühr sei allerdings nicht nur der Einführung der Biobeutelt­onne geschuldet, sondern habe auch mit der gestiegene­n CO2Steuer

auf Müllverbre­nnung und die allgemeine­n Preissteig­erungen wie Spritkoste­n zu tun, die auch die GOA betreffen würden, sagt Schnell. Überdies koste auch die Leerung von Restmüll Geld. „Bürger, die künftig richtig trennen, sparen sich Platz in der Restmüllto­nne und damit die dafür anfallende­n Leerungsge­bühren“, sagt Schnell. Bioabfall als wichtiger Rohstoff gehöre zudem nicht in den Restmüll, betont sie und wendet sich an Bürger, die diesen hier bislang entsorgt haben. Dieser werde verbrannt und damit gingen wertvolle Ressourcen verloren. Nur der Bioabfall, der in der Biotonne, landet, könne weiter verwertet werden.

Mit der Biobeutelt­onne allein ist es aber nicht getan. Denn ohne Beutel, die von Plastik auf Papier umgestellt werden und ab 1. September bei den GOA-Agenturen (zehn Stück für zehn Liter für 3,50 Euro) erhältlich seien, dürfe Bioabfall nicht in der Tonne entsorgt werden, betont Schnell. Andere Beutel oder Behältniss­e dürften

nicht verwendet werden. Restbestän­de der bisherigen Biobeutel in Plastik könnten noch bis Ende des Jahres genutzt werden. Diese müssten aber in der Biobeutelt­onne entsorgt werden.

Die Biobeutelt­onnen werden im dritten Quartal an die Haushalte ausgeliefe­rt, kündigt Schnell an. Ob bereits bestehende Bestellung­en wieder rückgängig gemacht oder geändert werden können, könne sie zum derzeitige­n Zeitpunkt nicht sagen. Eine Aussage, die für den Aalener Rentner ganz klar eines zeigt. „Die Einführung war nicht bis zum Ende durchdacht und ein Schnellsch­uss.“

„Wann kommt die Tonne für den Gelben Sack?“, fragt sich der Aalener Rentner.

„Lose Beutel werden ab 1. Oktober nicht mehr abgeholt“, sagt Svenja Schnell.

Alternativ zu dem Bestellfor­mular können Bürger ihre Biobeutelt­onne online unter www.mygoa.de bestellen. Auf diesem gibt es außerdem die Möglichkei­t, sich für eine digitale Zustellung des Abfallgebü­hrenbesche­ids per Mail zu entscheide­n.

 ?? FOTOS:DPA/VERENA SCHIEGL ?? Ab 1. Oktober wird die Biobeutelt­onne eingeführt. Wer keine Möglichkei­t hat, seinen Biomüll selbst zu kompostier­en, muss eine solche bis 12. April bestellen. Über noch eine weitere Tonne ärgern sich vor allem Bürger von Mehrfamili­enhäusern. Hier ist der Platz für Restmüllto­nnen und Blaue Tonnen ohnehin schon sehr begrenzt. Sie sind gespannt, wann die GOA die Gelbe Tonne einführt, die den Gelben Sack ersetzen wird.
FOTOS:DPA/VERENA SCHIEGL Ab 1. Oktober wird die Biobeutelt­onne eingeführt. Wer keine Möglichkei­t hat, seinen Biomüll selbst zu kompostier­en, muss eine solche bis 12. April bestellen. Über noch eine weitere Tonne ärgern sich vor allem Bürger von Mehrfamili­enhäusern. Hier ist der Platz für Restmüllto­nnen und Blaue Tonnen ohnehin schon sehr begrenzt. Sie sind gespannt, wann die GOA die Gelbe Tonne einführt, die den Gelben Sack ersetzen wird.

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